Milizen in Asylabwehr geschult

Griechenland weitet Unterrichtung sogenannter libyscher Küstenwache aus. Rede von »Notsituation« nicht durch Zahlen gedeckt

Von Yaro Allisat, 1.8.2025 – jw

»Gerettet«: Davon kann keine Rede sein, wenn libysche Milizen das Sagen haben (Garaboli, 8.6.2023)

Mitglieder der »libyschen Küstenwache«, in Wahrheit einer Ansammlung von Milizen, werden nun auf der griechischen Insel Kreta trainiert. Das teilten griechische Quellen laut Reuters am Mittwoch mit. Das Training ist Teil eines Plans der beiden Länder, ihre Zusammenarbeit zur sogenannten Eindämmung von Migration zu stärken. Bereits Anfang Juli hatte die griechische Regierung angekündigt, drei Monate lang keine Asylanträge von Geflüchteten, die über den Seeweg von Libyen aus nach Kreta kommen, mehr zu bearbeiten. Die Schutzsuchenden sollen laut dem griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis »festgenommen und inhaftiert« werden. Der rechte Staatschef spricht von einer »Notsituation«.

Die »libysche Küstenwache« ist dafür bekannt, Geflüchtete auf dem Mittelmeer abzufangen und nach Libyen zurückzubringen. Diese sogenannten Pullbacks verletzen internationales Recht. Wiederholt haben libysche Einheiten in den vergangenen Jahren auch zivile Seenotrettungsboote bedroht und beschossen. In Libyen werden Schutzsuchende in Lagern interniert und gefoltert, sind Menschenhandel und moderner Sklaverei ausgesetzt oder werden von regierungsnahen Milizen in der Wüste ausgesetzt, wo viele den Tod finden. Das dokumentieren zahlreiche UN-Berichte. Libyen hat weder die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) von 1951 noch das ergänzende New-York-Protokoll von 1967 ratifiziert. (…)

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Ein Leben für die Freiheit

Stimme des Widerstands. Vor 100 Jahren wurde der Komponist Mikis Theodorakis geboren

Von Gerhard Folkerts, 29.7.2025 – jw

Gefeierter Rückkehrer aus dem Exil – Mikis Theodorakis kommt am 30. Juli 1974 in Athen an

Mikis Theodorakis, Komponist, Dirigent, Sänger, Dichter, Widerstandskämpfer und Politiker wäre am 29. Juli 100 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass erinnert die Welt mit Liedern und Gedichten an einen Menschen, den auch Verfolgungen, Verbannung und Gefängnis nicht beugen konnten. »Ich bin in einer konkreten historischen Situation aufgewachsen, bin durch meine Epoche und das griechische Volk geprägt worden. Ich bin ein Kind der Agora. Ich wuchs auf während der Ereignisse von 1939, 1940, 1941, 1944, 1947, 1967. Das Thema der lebenden Toten hat große Auswirkungen auf das Leben eines Menschen.«

Theodorakis’ Familie stammt von Kreta. In Galatas, nahe Chania, steht das Haus der Großeltern und Eltern. Hier soll ein Theodorakis-Museum entstehen. Die Umbauarbeiten haben begonnen. Die Urgroßeltern lebten in Sfakia im Südosten Kretas und waren virtuose Musiker, bekannte Sänger, Lyraspieler und Widerstandskämpfer. Der enge Zusammenhalt der kretischen Familie ermöglicht Mikis Theodorakis in Welt- und Bürgerkriegszeiten das Überleben. (…)

Komponist werden

(…) Für wen komponieren? Und wie sich musikalisch verständlich machen? Fragen, mit denen Theodorakis jahrzehntelang ringt, die sein künstlerisches und politisches Handeln prägen. »Der Mensch muss sich im Kunstwerk erkennen können. Für wen arbeitet der Komponist, für eine Handvoll eingeweihter Snobs oder für die eigene Unsterblichkeit? Ich lehne die Haltung jener Komponisten ab, die Werke komponieren, die nur von Fachleuten beklatscht werden. Der Kern des Problems liegt darin, ob man als Künstler in der Lage ist, die elementaren Konflikte und Widersprüche der Gesellschaft zu erfassen und zu verarbeiten.« (…)

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Gerhard Folkerts ist Komponist und Konzertpianist und setzt sich seit Jahren schwerpunktmäßig mit Mikis Theodorakis auseinander. Er schrieb an dieser Stelle zuletzt am 29. Juli 2020 anlässlich von Theodorakis’ 95. Geburtstag: »Kompositionen des Widerstands«

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Griechenland: Regierung droht bei illegalem Aufenthalt mit drei Jahren Haft

Online Extra, 17.07.2025 – jw

Perspektivisch Haft oder Ausreise: Migranten im Hafen von Lavrio auf Kreta (10.7.2025)

Athen. Menschen, die sich illegal in Griechenland aufhalten und nicht »freiwillig« gehen, sollen künftig mit mindestens drei Jahren Haft bestraft werden. Die konservative Regierung will mit einem entsprechenden Gesetzesentwurf schärfer gegen irreguläre Migration vorgehen. Dies sei ein wichtiger Schritt zur Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen dem Schutz der Menschenrechte und der Wahrung der Rechtsordnung, des sozialen Zusammenhalts und der nationalen Sicherheit, hieß es am Donnerstag in einer Mitteilung des Migrationsministeriums. Der Entwurf soll bald dem Parlament in Athen vorgelegt werden. Bislang droht Menschen ohne Bleiberecht in Griechenland keine Haftstrafe. (…)

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Kritische Briefe – Was ist Gewalt?

Nikiforos Kalafatis, 14.7.2025 – JacobinGreece (@jacobin_gr17)

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„Tausende Kinder, die an Unterernährung sterben, sind keine Nachricht. Ein Ziegelstein, der durch ein Bankfenster geworfen wird, schon. So lehrt uns die Macht, Gewalt wahrzunehmen.”Noam Chomsky

Diese Artikelserie wird wie die „Briefe aus Mexiko“ alles enthalten, was sich auf die Ausdrucksformen bezieht. Die Texte sind jedoch in einen breiteren Kontext gestellt und nicht unbedingt mit dem Leben in Mexiko verbunden, sondern vielmehr mit den Erfahrungen eines Kindes, das aufgewachsen ist und den Wunsch hat, irgendwann einmal als Erwachsener in den ärmsten Gegenden des reichsten Teils der Welt zu leben. Zu leben! Nicht zu überleben. Zusammen mit den Menschen, als Mensch. Nicht allein, mit anderen um sich herum, als Konsument von Produkten, Momenten, Interessen, Ideen und Überzeugungen. Aber was könnte ihn wohl daran hindern, diesen verrückten Traum zu verwirklichen? Gewalt! Gewalt? Welche Gewalt?

  • Es ist, so sagt man uns, Gewalt, wenn Menschen Zwangsversteigerungen von Erstwohnungen, insbesondere von schutzbedürftigen Gruppen, verhindern.
  • Es ist, so sagt man uns, Gewalt, wenn Demonstrationen, z. B. gegen Verbrechen in Zügen und Völkermord, Straßen blockieren und ganze Länder lahmlegen.
  • Es ist, so sagt man uns, Gewalt, wenn Nachbarschaften sich gegen die Vertreibung ihrer Mitmenschen wehren und ihre Fahnen schwenken.
  • Es ist, so sagt man uns, Gewalt, wenn Völker, soziale und berufliche Gruppen sich gegen ihre Erniedrigung, Verarmung oder sogar Vernichtung wehren.

Aber ist all das wirklich Gewalt? Ich glaube, die Menschen empfinden Gewalt etwas anders, aufgrund ihrer persönlichen Erfahrungen mit dem, was man heutzutage in unseren westlichen Ländern Leben nennt. (…)

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Original (griech.)

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Tempi: Die Intrigen der Blauen zur Vertuschung gehen weiter. Und sie sind aufschlussreich.

Christos Avramidis, 9.7.2025 – jacobin.gr

AKATADIOKTOI
Ihr werdet atmen in
Waggons voller Särge.
Schreckgespenster werden
Euer Sein/Existenz heimsuchen. Bis an
den Rand des grenzenlosen Nichts…

Es gibt ein sehr ernstes Thema bezüglich #Tempi, das leider vertuscht wurde.

Vor kurzem sollte der Prozess gegen diejenigen stattfinden, die unter dem Verdacht stehen, für das „Verschwinden” der Videos vom Beladen des Güterzuges verantwortlich zu sein.

Viele Angehörige waren bis nach Larissa gereist, um diesen wichtigen Prozess, der ihre Kinder betrifft, mit Spannung zu verfolgen. Der Prozess wurde jedoch vertagt, weil ein Anwalt der Angeklagten geltend machte, dass er Rückenschmerzen habe.So wurden die Angehörigen unnötig belästigt und mussten sofort in ihre Städte zurückreisen.Was von der öffentlichen Hand verschwiegen wurde, ist, dass die Regierung keinen Anwalt für die Verhandlung bestellt hat.

Also keinen, der die Interessen der öffentlichen Hand gegenüber den Angeklagten vertritt. Warum wohl?

Weil der Hauptangeklagte Terezakis ist. Laut Anklageschrift „hatte er aufgrund seiner Stellung als Geschäftsführer der OSE auch die Funktion des Verantwortlichen für die Verarbeitung aller aufgezeichneten Daten“ und es wird außerdem erwähnt, dass „Durch Überredung, Ratschläge, Aufforderungen, Ermahnungen, Druck und unter Ausnutzung seines Einflusses aufgrund seiner Stellung seiner Position und seiner Beziehung zum natürlichen Täter mit der Absicht veranlasst, den ersten Angeklagten dazu zu bringen, ein Dokument zu vernichten, um das Ermittlungsverfahren und insbesondere die Sammlung der für die Feststellung der Wahrheit erforderlichen Beweise zu erschweren.”(…)

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griech. Original

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Revolte gegen das System Mitsotakis

Von Gregor Kritidis, 10. Mai 2025 – lunapark21

Eine tiefgreifende Unruhe hat die griechische Gesellschaft erfasst

Die Massendemonstrationen am 26. Januar 2025 waren kein Blitz aus heiterem Himmel.1 Die aktuellen Ereignisse sind eine Folge der Krise des neoliberalen Modells, das in Griechenland nur durch die Etablierung einer Diktatur der Gläubiger – repräsentiert durch die Troika aus IWF, der EZB sowie der EU – aufrecht erhalten werden konnte. Die Auswirkungen der EU-Krisenpolitik ab 2010, in deren Folge die griechische Ökonomie um mehr als ein Viertel einbrach, Arbeitslosigkeit, Armut und Verelendung immer neue Rekorde erreichten, haben tiefe Wunden in die griechische Gesellschaft geschlagen. Ebenso bleibt die brutale staatliche Repression gegen den massiven sozialen Widerstand – wiederholt wurden Regierungen gestürzt – im kollektiven Gedächtnis.

Der Versuch, im »Athener Frühling« 2015 mit veränderten parlamentarischen Mehrheiten eine Krisenpolitik im Interesse der Mehrheit der griechischen Bevölkerung durchzusetzen, scheiterte am ökonomischen und politischen Druck der EU unter maßgeblicher Führung des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble. Die nach den Wahlen im Januar gebildete Koalitionsregierung aus der Linkskoalition SYRIZA und den Unabhängigen Griechen (AnEl) vollzog im Sommer eine 180-Grad-Wende: Unter der massiven Drohung der Europäischen Zentralbank, die Geldzirkulation zusammenbrechen zu lassen, kapitulierte die Regierung Tsipras trotz eines mit über 60 Prozent gewonnenen Referendums bedingungslos. (..)

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Das vergebliche »Nein«

Wie das Brüsseler Finanzkapital und seine politischen Helfer das griechische »Oxi« zur Austeritätspolitik in eine schwere Niederlage für das Volk verwandelten

Von Hansgeorg Hermann, 7.7. 2025 – jw

Keine Macht den Gläubigern Griechenlands: Proteste kurz vor dem Referendum (Athen, 4.7.2015)

Am Donnerstag, 2. Juli 2015, meldete die linke Pariser Zeitung L’Humanité einen Erfolg der Solidarität mit den »Griechen, die ihren Gläubigern widerstehen«. In der Tat waren an diesem Tag in ganz Europa vor allem junge Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die damals bereits fünf Jahre andauernde Herrschaft des Finanzkapitals an der Ägäis zu protestieren. Gleichzeitig verlangten sie in mehr als 200 Städten des alten Kontinents Selbstbestimmung und Demokratie für die rund elf Millionen Menschen jenes Landes, das von Politikern nahezu täglich floskelhaft als »die Wiege« dieser Staatsform bezeichnet wird. In den ersten Monaten des Jahres 2015 wurde die fromme Formel als leeres Geschwätz entlarvt. Was war geschehen? Nichts Besonderes eigentlich, will man den Wahlsieg einer linken Partei und die darauf folgende Zusammenstellung einer Regierung aus Repräsentanten dieser Partei nicht als außergewöhnliches Ereignis charakterisieren.

Im Fall Griechenland war das anders und am Ende bitter für seine Einwohner. (…)

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