Abschluss der Petition gegen Wasserprivatisierung in Griechenland

Nach der Übergabe von 189.000 Unterschriften an Thomas Wieser, den Leiter der Euro Working Group in Brüssel, Juli 2017

Brief via Campact

Liebe Unterstützer*innen,

wir wollen die Petition schließen und möchten über den aktuellen Stand der Auseinandersetzungen gegen die Privatisierung des Wassers in Griechenland informieren.

Hoffnungsvolle Entwicklungen

Es gibt durchaus hoffnungsvolle Entwicklungen: derzeit findet in Griechenland eine Verfassungsdebatte statt. Die Regierung hat einen Verfassungsentwurf erarbeitet, in dem sie u.a. das Wasser vor Privatisierung schützt. In dem Vorschlag, den die Regierung dem Parlament vorgelegt hat, steht im Artikel 17a, 4b:

„Das Wasser ist Gemeingut. Der Zugang dazu ist soziales Recht. Die Wasserunternehmungen und die des Abwassers stehen unter staatlicher Kontrolle und können nicht privatisiert werden.“

Wenn das Parlament diesen Entwurf annimmt, wäre Griechenland das zweite Land in Europa neben Slowenien, das das Wasser per Landesverfassung vor der Privatisierung schützt. Allein die Tatsache, dass der Schutz des Wassers in den Verfassungsentwurf aufgenommen wurde, ist ein großer Erfolg der Bewegung, des Kampfes der griechischen Bevölkerung und der internationalen Unterstützung – zu der auch Ihre Unterstützung zählt. Wir hatten die Petition mit den 220.000 Unterschriften den griechischen Kolleg*innen geschickt. Sie haben sich für diese großartige Solidarität sehr bedankt und immer wieder betont, wie wichtig und hilfreich es ist, sich in dieser schwierigen Auseinandersetzung der Unterstützung so vieler Menschen sicher zu sein! Sie haben die Unterschriften mit den Forderungen an die politisch Verantwortlichen in Griechenland übergeben. Inwieweit mit der Verankerung in der Verfassung Private-Public-Partnership Modelle ausgeschlossen sind, die letztendlich einer Privatisierung gleich kämen, können wir jetzt nicht sagen. PPP-Modelle würden aber in jedem Fall auf neuen Widerstand stoßen.

Die Klage der Gewerkschaften vor dem Obersten Gericht, ob eine Überführung der öffentlichen Anteile der Wasserwerke von Thessaloniki und Athen in den Superfonds rechtens war, ist noch nicht entschieden. Eine erste Verhandlung hat Ende November 2018 stattgefunden, das Urteil wird frühestens in einem Jahr erwartet.

Scholz blockt ab

Und die schlechte Nachricht: nachdem es uns gelungen war, im Juni 2017 in Brüssel 189.000 Unterschriften an Thomas Wieser, den damaligen Präsidenten der Arbeitsgruppe der Eurogruppe, zu übergeben, haben wir in Deutschland auf Granit gebissen: Auch der Bundesfinanzminister Scholz (SPD) hatte es nicht für  nötig gefunden, uns einen Termin für die Übergabe der 220.000 Unterschriften zu übergeben (Summe aus den Unterschriften der Plattformen WeMove und WeAct). Er hat nicht nur die Inhalte sondern auch den Umgang mit engagierten Bürger*innen von seinem Vorgänger Schäuble übernommen. Wir haben auf das erneute Angebot, die Unterschriften einem Mitarbeiter des Bürgerreferates zu übergeben, verzichtet.

Stattdessen haben wir eine CD mit den Forderungen und Unterschriften noch einmal an die Kommission der EU geschickt mit einem Schreiben an Kommissionspräsident Juncker und an den Finanzkommissar Moscovici, an alle Fraktionen im EU-Parlament zur Information, ebenfalls an alle Fraktionen im Deutschen Bundestag und, wie gesagt, an die griechischen Kolleginnen und Kollegen.

Danke für Eure Unterstützung!

Auch wir möchten uns bei Ihnen allen sehr bedanken! Uns haben viele Mails erreicht, die uns darin bestärkt haben, diese Petition immer wieder weiter zu führen und die uns auch in unseren Aktionen unterstützten. Besonders berührt hat uns die Unterstützung zweier Campact-Mitglieder, zweier älterer Herren, die zu unserer Kundgebung in Berlin im November 2017 extra aus München angereist waren! Das sind Erfahrungen, die uns sehr gut getan haben!

Wie geht es in Griechenland weiter: Es ist nicht bekannt, ob es geheime Verhandlungen für ein PPP-Modell in Griechenland gibt. Die Erfahrungen zeigen weltweit, dass auch bei einem PPP-Modell die Verbraucher*innen die Verlierenden sind. Die Konzerne sichern sich uneingeschränkt die Gewinne über einen langen Zeitraum. Der CEO von Suez, Fabrice Rissignol hat am 2.6.2018 in einem Interview deutlich gemacht, dass sie an langfristigen Verträgen über eine Laufzeit von 30 Jahren interessiert sind. Und auch, dass es für SUEZ keinen Sinn mache, weitere Anteile zu kaufen ohne einen entsprechenden Einfluss im Management zu haben. Die griechische Seite hat einen Vertreter von „SOSte to Nero“ ins Management geschickt, was als Versuch interpretiert werden kann, SUEZ Einfluss zu begrenzen oder als Beruhigung für die Menschen, die sich gegen die Privatisierung wehren. Denn SOSte to Nero ist eine der Organisationen, die den Widerstand gegen die Privatisierung des Wassers in Griechenland organisiert.

Sollten die Verhandlungen platzen und der Verfassungsentwurf vom Parlament angenommen werden, werten wir das als sehr großen Erfolg der Bewegung in und außerhalb Griechenlands gegen die Privatisierung, an dem Sie durch Ihre Unterstützung Anteil haben. Und es wäre ein Sieg über die Troika, die Griechenland zur Privatisierung des Wassers im III. Memorandum zwingen wollte.

Aber der Kampf ist noch nicht ausgestanden. Wenn wir einen neuen Ansatz finden, die griechischen Kolleg*innen zu unterstützen, werden wir dies tun. Und werden uns auch sicher wieder an Sie alle wenden. Denn dass es immer noch nicht gelungen ist, das Wasser zu privatisieren sondern im Gegenteil Schritte zu seinem Schutz vor Privatisierung eingeleitet werden, liegt an dem Widerstand in Griechenland und der großen, auch Ihrer Unterstützung!

Freundliche Grüße

Georg Brzoska (Berlin), Imke Meyer (Frankfurt),  Monika von zur Mühlen (Köln), Claus Kittsteiner (Bodensee-Kreis)

Dieser Beitrag wurde unter Griechenland veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.