Brandlöscher in Rage

4.10. – jW

Im Hochsommer und Herbst ist Saison: Brandsaison in Griechenland. Zahlreiche Feuerwehrleute werden seitens des griechischen Ministeriums für Zivilschutz nur saisonal angestellt. Sie sollen im wahrsten Sinne des Wortes Brände löschen. Das reicht – und dann wieder weg, ab in die Erwerbslosigkeit. Davon haben die Brandlöscher die Nase voll. Sie verlangten am Donnerstag (Foto) in Athen vor dem Zivilschutzministerium unbefristete Jobs, sprich Festanstellungen. Bereitschaftspolizisten hinderten aufgebrachte Feuerwehrleute daran, Protestnoten zu übergeben. (jW)

Weiterlesen
Veröffentlicht unter Griechenland | Verschlagwortet mit , , | Kommentare deaktiviert für Brandlöscher in Rage

Grün bemäntelt

Die „ökologische Transition“ in Griechenland zerstört Dörfer und Natur. Auf Kreta organisiert sich der Widerstand

Von Hansgeorg Hermann, 29.10.2024. – Junge Welt

Zu Beginn des Juni 2024 diktierte Charalambos Koukianakis, Bürgermeister der nordkretischen Großgemeinde Apokoronas im Regierungsbezirk Chaniá, seinen Leuten in der Schreibstube des Rathauses einen Brief an den griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis in Athen. Wie später im Gemeinderat erzählt wurde, sei es dem schnauzbärtigen, hochgewachsenen ehemaligen Polizeioffizier wirklich schwergefallen, die eine Seite lange, unterschriebene und abgestempelte Epistel anschließend auch abschicken zu lassen. Koukianakis ist der rechtsnationalen Partei Nea Dimokratia (»Neue Demokratie«, ND) seit ihrer Gründung im Oktober 1974 fest verbunden. Und Mitsotakis, der Adressat, ist, wie schon sein Vater Konstantinos in den Neunzigern, nicht nur Premierminister, sondern auch Anführer der ND, sein Parteichef also. Dennoch konnte der alte Polizist diesmal nichts anderes tun, als sich zu beschweren. Hinter Koukianakis’ Klage steht gegenwärtig eine überzeugte Mehrheit der rund 12.250 Einwohner in den 23 Dörfern des Apokoronas.

Es geht in dem Brief um drei Dinge. Erstens: die Errichtung von 269 im Durchschnitt 30 bis 40 Meter hohen Strommasten zwischen der Bezirkshauptstadt Chaniá und dem Dorf Damasta nahe der kretischen Nachbarstadt Rethymnon, an denen gewaltige Hochspannungsgleichstromübertragungsleitungen, sogenannte HGÜ-Technik, aufgehängt werden sollen. Zweitens: die zu befürchtende Erweiterung des HGÜ-Kabelprojekts um den Bau eines sogenannten Windparks – die Aufstellung von voraussichtlich 48 bis zu 180 Meter hohen Windrädern auf dem mehr als 2.000 Meter hohen Kamm der Weißen Berge, der Lefka Ori, an deren Nordseite die Menschen des Apokoronas seit Jahrhunderten vor allem von Viehzucht und Olivenanbau leben. Drittens: den Bau einer mindestens vier- bis sechsspurigen Autobahn von Chaniá Richtung Osten zur kretischen Hauptstadt Heraklion, mit der die alte, zweispurige Küstenmarginale weitgehend ersetzt werden soll. Diese drei Projekte sind nach Ansicht des Widerstands, der sich seit etwa einem Jahr verstärkt gegen sie formiert, nicht unabhängig voneinander zu sehen. Sie würden, sagen die Gegner, schon durch schiere materielle Größe Dörfer, Natur und soziales Leben der Menschen in der Region stetig und unwiderruflich verändern, am Ende wohl zerstören.

weiterlesen

Veröffentlicht unter Griechenland | Kommentare deaktiviert für Grün bemäntelt

In Griechenland inhaftierter Iraner Homayoun: Angeblicher Schleuser kommt frei

Von Pitt von Bebenburg, 27.9.2024 – FR

Der aus dem Iran geflohen Homayoun Sabetara wurde in Griechenland als Schlepper verurteilt, aber kann nun das Gefängnis verlassen. Sein Schicksal sei „kein Einzelfall“, sagen ihn Unterstützende.

Nach rund drei Jahren in griechischer Haft soll der Iraner Homayoun Sabetara in den nächsten Tagen freigelassen werden. „Ich bin einfach glücklich“, sagte seine in Deutschland lebende Tochter Mahtab Sabetara nachdem ein Berufungsgericht in Thessaloniki am Mittwoch ein entsprechendes Urteil gesprochen hatte.

Homayoun Sabetara war im September 2022 als angeblicher „Schlepper“ zu 18 Jahren Haft verurteilt worden, weil er im Jahr davor am Steuer eines Autos mit anderen Geflüchteten gesessen hatte. Sabetaras Tochter Mahtab, die in Berlin lebt, hatte Unterstützung aus Deutschland für ihren Vater organisiert. Das Kampagnenteam sieht den Fall als symptomatisch, da Griechenland regelmäßig Geflüchtete als angebliche Menschenschmuggler zu hohen Haftstrafen verurteile. Die Organisation „Borderline Europe“, die eine Studie zu diesem Thema erstellt hatte, geht von rund 2000 Menschen aus, die in Griechenland zu Unrecht wegen solcher Vorwürfe inhaftiert seien. Häufig hätten sie keine angemessene anwaltliche Vertretung und seien angebliche Beweise gegen sie fadenscheinig. (…)

weiterlesen

Seine Tochter Mahtab berichtete ausführlich am 22. Juni 2023, als Homayoun Abetara 18 Jahre Gefängnis drohten.

„Freiheit für Homayoun Sabetara, der zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt wurde, wegen angeblichem Schmuggel, nur weil er mit dem Auto, mit dem er und sieben andere Personen ins Landesinnere fahren wollten, nachdem sie den Fluss Evros überqueren konnten, ohne zurückgedrängt zu werden, gefahren ist. ….“

Bericht: Video (hier anklicken)

Veröffentlicht unter Griechenland | Kommentare deaktiviert für In Griechenland inhaftierter Iraner Homayoun: Angeblicher Schleuser kommt frei

Athens Polizei unter Folterverdacht

Ein neuer Fall von Gewalt bestätigt das Rassismusproblem unter griechischen Beamten

Von John Malamatinas, 27.2.2024 – nd

In Athen ist ein Mann pakistanischer Herkunft auf einem Polizeirevier offenbar zu Tode gefoltert worden. Die Behörden schweigen. Doch das brutale Vorgehen hat bei der Polizei System.

Am 21. September wurde der seit dem 13. September vermisste 37-jährige Migrant pakistanischer Herkunft, Muhammad Kamran Ashiq, auf der Polizeistation des Athener Stadtteils Agios Panteleimonas tot aufgefunden. Wie auf den von der griechischen Zeitung »Documento« veröffentlichten Fotos zu sehen ist, wies Kamran mehrere Verletzungen am Körper auf, die auf Folter schließen lassen.

Unter dem zentralen Motto „ELA, griechische Polizei, Spitzel, Mörder und Folterer“ versammelten sich mehr als 500 Menschen aus der antirassistischen und antifaschistischen Bewegung auf dem Platz, der nur wenige Blocks von der berüchtigten Polizeistation entfernt liegt. Zuvor hatte eine Delegation der Neuen Linken eine Unterrichtung durch den Kommandanten der Polizeistation gefordert und wird voraussichtlich heute die Staatsanwaltschaft besuchen, um den Fall zu erörtern. (Efsyn)

Aus von der antirassistischen Organisation Keerfa (Vereinigte Bewegung gegen Rassismus und die faschistische Bedrohung) veröffentlichten Dokumenten der Anwälte geht hervor, dass Kamran zunächst in das Polizeirevier am Omonia-Platz im Stadtzentrum gebracht und bis zu seinem Tod am 21. September in fünf andere Polizeireviere verlegt wurde. Bislang hat die griechische Polizei noch keine offizielle Stellungnahme abgegeben. Mündlichen Erklärungen gegenüber dem Anwalt der Familie zufolge wurde der Tote in einem provisorischen Haftraum gefunden, der nach den bisherigen Informationen der einzige Ort ist, der nicht von Sicherheitskameras überwacht wird.

Opfer seit 20 Jahren in Griechenland und integriert

Muhammad Kamran war seit 2004 in Griechenland, sprach fließend Griechisch, hatte seit 2017 eine Aufenthaltsgenehmigung und besaß einen Mietvertrag auf seinen Namen. (…)

Fortsetzung des Artikels

Weiterlesen
Veröffentlicht unter Griechenland | Kommentare deaktiviert für Athens Polizei unter Folterverdacht

Gewalt und Geld

Kommissar Kostas Charitos ermittelt wieder. Auch der neue Krimi von Petros Markaris ist gesellschaftskritisch: »Aufstand der Frauen«

Interview: Stefan Berkholz, 12.09.2024 – nd

Tristesse in Nordgriechenland, dank profitorientierter Immobilienhaie und korrupter Beamter
Foto: dpa/Yannis Kolesidis

Petros Markaris, ein Thema in Ihrem neuen Roman ist die Polarisierung in der griechischen Gesellschaft. Geldmacher, Investoren, Halsabschneider auf der einen Seite gegen diejenigen, die Tradition und Geschichte bewahren wollen, sowie jene, die in prekären Verhältnissen leben. Aber es regt sich wenig. Wie bedeutsam sind öffentliche Proteste in der Gegenwart?

In den 60er Jahren gab es, in Athen und in anderen Städten, Proteste fast jeden Tag. Heute protestiert keiner, abgesehen von jungen Leuten, die dem Anarchismus nahestehen und die Ordnungskräfte provozieren. Die Bürger bringen ihren Unmut in den sozialen Medien zum Ausdruck und sind glücklich, wenn sie die »Likes« zählen, die sie bekommen haben.

Mehr nicht? Was ist mit der organisierten Linken?

Der große Unterschied ist die Linke von damals und heute. Die Linke der 60er Jahre wusste, wie man die Bürger mobilisiert und auf die Straße bringt. Die Linke von heute ist eine Systempartei, wie alle anderen Parteien, und macht Politik über die sozialen Medien. (…)

Vollständigen Artikel lesen

Veröffentlicht unter Griechenland | Verschlagwortet mit , , | Kommentare deaktiviert für Gewalt und Geld

Trauer – Die, die übrig bleiben (Film)

Ein Abstieg in die Welt der Trauer und des Verlusts durch drei Mordgeschichten, die die griechische und europäische Gesellschaft erschütterten; die grausamen Morde an Shahzad Luqman, Pavlos Fyssas und Zak Kostopoulos. Die trauernden Familien der Opfer sprechen mit ihren Abwesenheiten, verteidigen die Erinnerung an die Toten und wandeln ihr Leid in einen Kampf für Gerechtigkeit um. Ein Kaleidoskop der Einsamkeit im privaten Raum, in Gerichtssälen und auf den Straßen.

Regie: Myrto Patsalidou Maria Louka
Produktion: GR 2023
Länge: 70 Min
Sprachfassung: OmeU

Trailer

Das The Greek Film Festival in Berlin freut sich besonders darauf, zum zweiten Mal nach Köln reisen zu dürfen. Diesmal mit einer Auswahl von fünf Filmen aus der 9. Ausgabe des Festivals in Berlin im vergangenen März. Das Greek Film Festival GOES KÖLN 2024 findet am 21. und 22. September im Filmhaus Köln statt.

Veröffentlicht unter Griechenland | Verschlagwortet mit , , , | Kommentare deaktiviert für Trauer – Die, die übrig bleiben (Film)

Europas Wartesaal

Das Flüchtlingslager auf der Insel Kos gilt als Blaupause für die neue europäische Migrationspolitik. Die zeigt: Das Konzept ist zum Scheitern verdammt.

Von Marlene Brey, 10.9.2024 – TAZ

Rafah hat blutige Stellen an ihren Füßen, denn sie läuft seit einer Woche jeden Tag acht Kilometer in ihren weißen Schlappen zu dem gigantischen Flüchtlingslager, in dem sie Asyl beantragt hat. Jetzt hofft sie, dort endlich ihre Papiere zu erhalten, damit sie das Leben in der Illegalität hinter sich lassen kann.

Sie steht vor einem meterhohen Nato-Zaun, der zusätzlich mit Stacheldraht gesichert ist. Dahinter erstreckt sich auf einer Fläche von 90 Hektar, gespickt mit Wachtürmen und Masten mit Kameras, das „Closed Controlled Access Center“. Es ist ein Lager für Migranten und Flüchtlinge auf der griechischen Insel Kos.

Das Flüchtlingslager gilt als Blaupause für die neue europäische Migrationspolitik. Ein Blick hinter den Stacheldraht zeigt: Es fehlt an Schatten, Nahrung und medizinischer Versorgung. Wer Asyl bekommt, wird trotzdem in die Illegalität gedrängt. Wer keines erhält, kann in der Regel dennoch nicht abgeschoben werden. (…)

weiterlesen

Veröffentlicht unter Griechenland | Kommentare deaktiviert für Europas Wartesaal