Ein Häftling führt die Partei an: Neonazis vor Einzug ins griechische Parlament

Mit den Ellines könnte erneut eine rechtsextreme Partei ins griechische Parlament einziehen. Der verurteilte Neonazi Ilias Kasidiaris zieht aus dem Gefängnis heraus die Strippen.

Von Elena Panagiotidis, 16.4.2023 -NZZ

Ilias Kasidiaris in einer Aufnahme vom April 2012, dem Jahr, als die rechtsextreme Goldene Morgenröte zum ersten Mal ins Parlament einzog. Gründer von „Ellines“ (Griechen f. d. Vaterland)

Das Gespenst des Neonazismus ist zurück in Griechenland – falls es überhaupt je verschwunden war. In den Jahren 2012 und 2015 machte das Land international Schlagzeilen, weil es der rechtsextremen Partei Chryssi Avgi (Goldene Morgenröte) zweimal gelang, ins griechische Parlament einzuziehen. Zeitweise war sie dort die drittstärkste Kraft. Abgeordnete der Partei hetzten ungehemmt gegen Migranten und alle, die sie als Feinde Griechenlands betrachteten. 2013 wurde der antifaschistische Hip-Hop-Musiker Pavlos Fyssas alias Killah P von einem Parteimitglied ermordet.

2020 machte Griechenland erneut Schlagzeilen, diesmal positiver Art. Nach einem über fünfjährigen Prozess stufte ein Gericht die Goldene Morgenröte als kriminelle Vereinigung ein. Die gesamte Parteiführung und zahlreiche Mitglieder wurden in erster Instanz wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und diverser Straftaten wie des Mords an Fyssas zu Geld- und teilweise langjährigen Haftstrafen verurteilt. Ilias Kasidiaris, der Sprecher der Partei und eine ihrer Galionsfiguren, musste für 13½ Jahre ins Gefängnis.

Sogar an Parteisitzungen nimmt der Verurteilte teil

Doch verstummt ist Kasidiaris’ hetzerische Stimme seither nicht. Der ehemalige Elitesoldat, auf dessen Oberarm ein Hakenkreuz-Tattoo prangt, gründete kurz vor seiner Verurteilung die Partei Ellines (Griechen für das Vaterland), die sich ideologisch kaum von der Goldenen Morgenröte unterscheidet. Aus seiner Zelle im zentralgriechischen Domokos-Gefängnis betreibt er seitdem weitgehend ungehindert den Aufbau und die Wahlkampagne der Partei.

Der verurteilte Straftäter geniesst offenbar unkontrollierten Zugang zu sozialen Netzwerken, selbst in Radiosendungen tritt er auf. Seinem Youtube-Kanal folgen 134 000 Personen, in regelmässigen Beiträgen verbreitet er dort seine von Hass und Gewalt durchtränkten Ideen und hetzt gegen die Regierung des konservativen Ministerpräsidenten Mitsotakis. An Parteisitzungen nimmt er per Telefon teil. (…)

Die griechische Regierung versucht seit einigen Wochen, den Einzug der Ellines ins Parlament zu verhindern.  (…)

Am letzten Dienstag nun stimmten die Abgeordneten der regierenden ND sowie die sozialdemokratischen Abgeordneten der Pasok einem erweiterten Gesetz zu, das den Ausschluss der Ellines-Partei von den Wahlen ermöglichen soll. Künftig sollen zehn Areopag-Richter über die Zulassung von Parteien und Kandidaten entscheiden, der Entscheid zu den Ellines soll am 5. Mai fallen. (…)

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