AKL -Erklärung

 
NEIN auf der Straße, im griechischen Parlament und im deutschen Bundestag! Erklärung des AKL-Bundessprecher*innen-Rates
 
Alle bisherigen Finanzverhandlungen haben gezeigt, dass Schäuble und andere Vertreter der EU-Austeritätspolitik die Syriza-geführte Regierung in Griechenland erpressen wollen. Die beispiellose Machtdemonstration der Bundesregierung am letzten Wochenende in Brüssel hat die griechische Regierung und die EU schließlich an den Rand des Zusammenbruchs getrieben. Athen soll nun in zentralen Bereichen seiner demokratischen Institutionen beraubt und nahezu alle staatlichen Entscheidungen dem Diktat der Troika unterworfen werden. Griechenland wird in ein Protektorat verwandelt.
 
DIE LINKE kann und darf dieser Form der Erpressung und Machtdemonstration nicht zustimmen – weder im Bundestag – noch anderswo!
 
Die griechische Bevölkerung hat vor zwei Wochen mit großer Mehrheit „OXI“ gestimmt zur Spar-, Kürzungs- und Verarmungspolitik der EU, die die weitere Verschlechterung der Lebensbedingungen in Griechenland fortsetzt. Sie haben NEIN gesagt zu Sozialkürzungen, Privatisierungen, einer Anhebung der Massensteuern wie der Mehrwertsteuer sowie zu einer neoliberalen Reform des Arbeitsmarkts oder des Rentensystems bzw. zu weiteren Rentenkürzungen. Diesem NEIN folgten von Seiten der EU und der Institutionen eine Woche der Ultimaten und Erpressungen mit der offenen Drohung: Kapitulation oder Grexit unsererseits!
Die griechische Regierung stellte angesichts dieser massiven Propaganda einen Antrag auf ein drittes Kreditprogramm und beschloss eine Maßnahmenliste ähnlich jener, die gerade mit großer Mehrheit von der Bevölkerung abgelehnt worden war.
Wenn die Syriza-Regierung gehofft hatte, dieser Schritt würde von der Troika und der deutschen Regierung belohnt werden mit einem Schuldenschnitt, dann war das ein großer Irrtum. Denn mit diesem Antrag hatte sie die dringend benötigte wirtschaftspolitische Wende abgesagt und folgte der Troika-Logik. Das alte Spiel der Erpressungen und Diktate ging weiter, wenn auch mit einigen Zwischentönen aus Frankreich und Italien. Die EU und insbesondere Schäuble und Merkel weigern sich beharrlich, auch nur einen Millimeter von der bisherigen Linie abzuweichen und sind fest entschlossen, jeglichen Widerstand gerade einer linken Regierung wie in Griechenland und anderswo zu unterdrücken. Alle die bisher die aggressive Wirtschafts- und Finanzpolitik der deutschen Bundesregierung geleugnet haben, wurden nun eines besseren belehrt. Nicht zu vergessen, dass deutsche Banken und Konzerne von Anfang an den Euro nach ihren Interessen geprägt und für ihre Expansion genutzt haben. Nun wird wirtschaftliche Macht und Stärke auch machtpolitisch mit Hilfe von Vasallen durchgesetzt.
Statt des dringend benötigten Schuldenschnitts  wurde Griechenland ein neuer Kredit zur Rückzahlung alter Schulden bei deutschen und französischen Banken in Aussicht gestellt. Voraussetzung dafür ist der vorauseilende Gehorsam des griechischen Parlaments, weitere Kürzungen bei den Renten, die Absenkung des Arbeitsschutzes und die Erhöhung der Mehrwertsteuer zu beschließen. Ganz explizit fordert die Vereinbarung sogar „Massenentlassungen nach dem mit den Institutionen vereinbarten Zeitplan und Ansatz“.
Außerdem sollen griechische Vermögenswerte in Höhe von 50 Milliarden Euro in einen Fond übertragen werden, um durch Privatisierungen die Schulden zu tilgen. Der vorgeschlagene Fond soll zwar in Griechenland eingerichtet, aber unter der „Aufsicht der maßgeblichen europäischen Organe und Einrichtungen verwaltet werden“. Das ist beispielsweise die KfW-Bank, deren Chef Schäuble selbst ist und sein Stellvertreter ist Sigmar Gabriel. So wird es schon gelingen, dass deutsche Konzerne den Zuschlag beim Versilbern des griechischen Tafelsilbers wie z.B. den Flughäfen und der Telefongesellschaft bekommen – Fraport, Siemens und Telekom stehen schon in den Startlöchern.
 
Kapitalismus und EU stehen im direkten Widerspruch zu linker Politik, das sehen wir sehr eindrücklich in Griechenland.  Ja zu Europa, Nein zur EU!
 
Die Entwicklungen der letzten Monate, die bedingungslose Durchsetzung der Austeritätspolitik durch Merkel, Schäuble und „die Institutionen“, die Missachtung demokratischer Entscheidungen durch die Troika und die  konsequente Propaganda der öffentlichen Medien gegen die griechische Regierung haben gezeigt, wie begrenzt der Spielraum einer linken Regierung im Rahmen der EU, Eurozone und des neoliberalen Kapitalismus ist. Es kann heute kein Zweifel mehr bestehen darüber, dass die EU undemokratisch und neoliberal ist. Die EU ist in erster Linie ein Instrument des deutschen Kapitals, gestützt durch wirtschaftliche Eliten anderer Euro-Länder – mit Frieden, Demokratie und Völkerverständigung  hat sie in der Realität nichts zu tun. Eine linke Partei darf nicht Anhängsel einer deutschen Großmachtpolitik werden! Wie die deutsche und die europäische Linke sich zur EU positionieren, ist eine entscheidende Frage unserer Zeit. Ein Ja zu einem sozialen Europa und ein Ja zum Internationalismus erfordern ein klares Nein zur EU in ihrer gesamten neoliberalen Konzeption.
Der Fall Griechenland zeigt, dass selbst kleine Reformen in diesem Stadium des Kapitalismus nur auf Grundlage großer außerparlamentarischer Mobilisierungen durchsetzbar und immer wieder von den Statthaltern kapitalistischer Institutionen und Regierungen bedroht sind. Das unüberhörbare OXI der Mehrheit der griechischen Bevölkerung muss genutzt werden für Forderungen nach einem Ende der neoliberalen Austeritätspolitik, nach einem Schuldenschnitt – ohne Wenn und Aber. Zur konsequenten Durchsetzung dessen muss eine linke Regierung einen Plan B aufweisen können. Wirkliche Veränderungen sind nur durch einen grundlegenden Bruch mit den kapitalistischen Macht- und Eigentumsverhältnissen möglich. Alle Maßnahmen von Syriza oder anderen linken Regierungen zur Bekämpfung der humanitären Krise und die Umsetzung ihrer Wahlversprechen werden deshalb in Zukunft nur dann erfolgreich sein, wenn sie von einer breiten Massenmobilisierung getragen werden und mit einem Bruch mit den prokapitalistischen, neoliberalen und undemokratischen Institutionen der EU verbunden sind.
 
DIE LINKE muss die Partei gegen Austerität sein und bleiben!
 
Auch wenn seit der Übernahme der griechischen Regierung durch Syriza die Bundestags-Abstimmungen über „Hilfsprogramme“ unter anderen Bedingungen stattfinden, ist der neoliberale Charakter dieser Kredite bestehen geblieben. Die Bedingungen, unter denen die Finanzkredite aus dem ESM gewährt werden, sind seit jeher mit harten Sparmaßnahmen verbunden, die einen neoliberalen Umbau und eine Entdemokratisierung der Gesellschaft vorantreiben. Die Auswirkungen werden vor allem in Südeuropa erschreckend deutlich. Die Krisenpolitik hat dort der breiten Bevölkerung die soziale Sicherheit und gesundheitliche Versorgung genommen, sie Obdachlosigkeit und sogar Hunger gefördert, sie hat neue Armenhäuser hervorgebracht.
Wir stehen an einem Wendepunkt in Europa; Rosa Luxemburgs Prophezeiung droht Wirklichkeit zu werden: „Sozialismus oder Untergang in der Barbarei!“
Es war konsequent, dass DIE LINKE. seit Beginn der neoliberalen Krisenpolitik bis zur Abstimmung über die Griechenlandkredite am 20. Februar milliardenschweren Bankenrettungen und sozial zerstörerischen Spardiktaten die Zustimmung verweigerte. Wir bildeten die einzige Kraft bundesweit, die sich gegen die propagierte neoliberale Alternativlosigkeit und gegen die einseitigen Profitinteressen des deutschen Wirtschafts- und Finanzkapitals stellte. Aus der Programmatik der LINKEN ergibt sich eine klare Ablehnung der Spar- und Kürzungspolitik sowie der Institutionen, die ein JA zu einem „Hilfspaket“ unter keinen Umständen zulässt. Die mehrheitliche Zustimmung der Fraktion im Februar war ein schwerer Fehler, der nun korrigiert werden muss. Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch haben erklärt:
„Wer beim Referendum für eine „Nein“ war, um weiteren Kürzungsdiktaten eine Absage zu erteilen, kann jetzt nicht ,Ja‘ sagen.“ Wir hoffen, dass gilt bei der bevorstehenden Abstimmung für die gesamte Fraktion. Solidarität mit Griechenland kann nur heißen: Unterstützung der Kräfte in Griechenland wie der Linken in- und außerhalb von Syriza, die nun NEIN zu dieser Erpressung sagen. Es kann nur heißen: NEIN zum Antrag der Bundesregierung und dem damit verbundenen Sparpaket! OXI heißt NEIN!
 
AKL-Bundessprecher*innen-Rat, 15. Juli 2015
 
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Der Pyrrhus-Sieg von Tsipras und die kommenden Kämpfe

Der Pyrrhus-Sieg von Tsipras und die kommenden Kämpfe

Alexis Tsipras‘ SYRIZA hat bei der Parlamentswahl vom 20. September einen durchschlagenden Sieg errungen und fast ebenso viele Sitze im Parlament gewonnen wie bei der Wahl im Januar 2015,durch die sie zuerst an die Regierung gekommen [im Januar: 149, im September: 145]. SYRIZA hat so gut abgeschnitten, obwohl Tsipras dem sogenannten Memorandum mit harschen Austeritätsmaßnahmen zugestimmt hatte, wie das von den europäischen Regierungen und Finanzinstitutionen im Gegenzug zur „Rettung“ des schwächelnden griechischen Finanzsystems verlangt worden war. Für die Ratifizierung des neuen Austeritätsprogramm war Tsipras auf die Unterstützung von Pro-Austeritäts-Parteien einschließlich der Mitte-Rechts-Partei Nea Dimokratia und der Mitte-Links-Partei PASOK angewiesen, die vorher die Regierungen gestellt hatten, die den früheren Memoranden zugestimmt hatten. Bei der Schlussabstimmung im vergangenen Monat [am 14. August] haben sich knapp 40 Abgeordnete von SYRIZA gegen die Kapitulation von Tsipras vor den Erpressern gestellt. Als Tsipras [am 20. August] zurücktrat, um für Neuwahlen zu sorgen, wurde diese parlamentarische Opposition zum Kern eines neuen Linksbündnisses, das sich „Volkseinheit“ (Laiki Enotita, LAE) nennt; es hat sich schnell aufgerafft, um eine Wahlkampagne auf die Beine zu stellen, der Wahltermin lag gerade einmal vier Wochen danach [nach der Gründung am 21. August]. „Laiki Enotita“ blieb knapp unter der Schwelle der 3 % der Stimmen, die notwendig sind, um Sitze im Parlament zu bekommen.

Die Internationalistische Arbeiterlinke (Diethnistiki Ergatiki Aristera, abgekürzt DEA) war eine der Organisationen, die SYRIZA mitgegründet haben, und eine nicht unwichtige Stimme in der Linken Plattform innerhalb von SYRIZA. Inzwischen beteiligt DEA sich an dem linken Projekt „Laiki Enotita“. In der folgenden Erklärung, die nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses veröffentlicht wurde,wird auf den Wahlausgang und die Aufgaben eingegangen, vor denen die Linke jetzt steht.(Redaktion SocialistWorker.org)

1. Die Wahlen am 20. September erfolgten auf Initiative von Alexis Tsipras, er verfolgte damit zwei Ziele: a) Er wollte den Stand der politischen Kräfte bestätigt haben und die Handlungsfähigkeit der von SYRIZA geführten Regierung wiederherstellen, bevor die abhängig Beschäftigten und die Unterklassen Leute durch ihre eigenen bitteren Erfahrungen gewahr werden, was der wirkliche Inhalt der Vereinbarung ist, die am 13. Juli mit den Gläubigern geschlossen wurde. Die SYRIZA-Führung hatte bei diesem Anliegen die volle Unterstützung der Führungspersonen der EU. Das ist durch die aufschlussreiche Bemerkung der deutschen Kanzlerin Angela Merkel klar gemacht worden, wonach die Wahlen„Teil der Lösung und nicht Teil der Krise“ seien. Die SYRIZA-Führung hatte zudem die Unterstützung der großen Mehrheit der griechischen Massenmedien, sie hatten einen entscheidenden Anteil daran, dass sich im Vorfeld der Wahl eine öffentliche Diskussion entwickelte,bei der zu der Frage des neuen Memorandums fast völliges Stillschweigen herrschte – gerade das ist jedoch die hauptsächliche Streitfrage in den politischen Auseinandersetzungen! b) Alexis Tsipras’ zweites Ziel war es, den linken Flügel seiner Partei herauszusäubern, selbst wenn der Preis, den er dafür zu zahlen hatte, in der organisatorischen Auflösung von SYRIZA bestand. Bei diesem Ziel wurde Tsipras von den bürgerlichen Massenmedien ebenfalls voll und ganz unterstützt; einerseits haben sie die „Linke Plattform“ skrupellos verleumdet, andererseits das Ausmaß der Welle von Rücktritten und Austritten aus Syriza verschwiegen; darunter sind der Parteisekretär, die Hälfteder gewählten Mitglieder des politischen Sekretariats, ein großer Teil der Mitglieder des Zentralkomi- tees und führende Kader von zahlreichen örtlichen und betrieblichen Gliederungen. SYRIZA als eine gemeinsame politische Formation der radikalen Linken ist inzwischen durch eine Partei ersetzt worden, die völlig auf ihren Vorsitzenden ausgerichtet und auf einer zwiespältigen unausgesprochenen „Beziehung“ zwischen dem Ministerpräsidenten und seinem Gefolge basiert.

2. Die wichtigste Voraussetzung für den Erfolg der Strategie der SYRIZA-Führung war, dass Enttäuschung und Ermüdung sich bei jenen Leute verbreitet waren, die in den sozialen Bewegungen aktiv und die auch die Basis für die politische Unterstützung von SYRIZA gewesen sind.Das war der Sinn und Zweck des Arguments „Es gab keine Alternative“, mit dem die Zustimmung zum neuen Referendum gerechtfertigt wurde. Diese Botschaft ist von führenden Mitgliedern von SYRIZA unablässig wiederholt worden, wie ein Mantra; faktisch gab es eine Fünf-Parteien-Koalition im Parlament mit dem Konsens, dass das schändliche Memorandum, das am 13. Juli unterschrieben worden war, ratifiziert werden muss – SYRIZA, Nea Dimokratia, PASOK, die Unabhängigen Griechen und Potami . Folge dieser Politik war ein bisher beispielloses Ausmaß von Enthaltungen bei den Wahlen vom 20.September. Diesmal gingen 800 000 GriechInnen weniger zur Wahl als im Januar 2015. Die „Amerikanisierung“ des politischen Lebens * ist nunmehr eine unübersehbare Gefahr. Tragischerweise ist dies eine Folge – und ein Werkzeug – von Handlungen einer Regierung, die behauptet, sie repräsentiere … die radikale Linke. Wenn wir zu diesem Bild noch den Einzug der grotesken Union der Zentristen von Vasilis Leventis ** hinzunehmen, dann müssen bei uns angesichts einer weiteren Gefahr die Alarmglocken läuten: Die von SYRIZA ausgelöste Enttäuschung könnte in einem Ausmaß von politischer Apathie und Zynismus Ausdruck finden, wie es das in der Geschichte Griechenlands bisher noch nie gegeben hat. Hinter diesem Schwinden von Hoffnungen und Erwartungen von Menschen, die in den sozialen Bewegungen und in der Linken aktiv waren, stehen der Rückgang der Massenkämpfe nach dem Zeitraum 2010 bis 2012 und zunehmende Illusionen, wir könnten die Austerität nur mittels Wahlen bekämpfen. Vor diesem Hintergrund hat die völlige Umkehrung der politischen Botschaft des Referendums – das massive „Nein“ der Arbeiterklasse am 5. Juli ist am 6. Juli nach einer Beratung der Mainstream-Parteien einschließlich SYRIZA in ein schamloses „Ja“ verdreht worden und eine Woche später danach hat Tsipras das neue Memorandum unterzeichnet – einen Wandel in der politischen Stimmung und, zumindest zeitweise, im Massenbewusstsein markiert. Als zu sehen war, wie das Anti-Austeritätsprojekt von SYRIZA zusammenbrach, begann ein großer Teil der Bevölkerung zu glauben, dass es unmöglich ist, das Memorandum zunichte zu machen. Die Leute begannen zu akzeptieren, dass die einzige realistische Alternative darin besteht zu versuchen, die Memorandumspolitik umzusetzen, aber in einer Variante „mit einem menschlichen Antlitz“. * Gemeint ist der hohe Anteil der NichtwählerInnen, wobei ein beträchtlicher Teil der Wahlberechtigten sich von den existierenden politischen Parteien nicht repräsentiert fühlt und der Politik gleichgültig gegenübersteht, Anm. d. Übers. [in den USA]. ** Eine Trash-Figur aus dem Fernsehen, der seine Sendung dazu nutzt, um PolitikerInnen in einer abstoßenden und verletzenden Sprache anzugreifen, über den man sich seit über 20 Jahren allgemein lustig gemacht hat und der früher jeweils ein paar Tausend Stimmen bekommen hat, Anm. d. Übers. ins Englische. – Die 1992 gegründete Enosi Kentroon (EK, Union der Zentristen) gewann im Januar 1,79 %, im September fast 186 500 oder 3,43 % der gültigen Stimmen (9 Mandate), Anm. d. Bearb.Dieser Rückzug hat – zusammen mit den noch frischen Erinnerungen an die ganze Schärfe der Politik von Nea Dimokratia und PASOK, als sie an der Regierung waren, – zu dem politischen und Wahlsieg von Alexis Tsipras am 20. September geführt.

3. Es ist ein Pyrrhus-Sieg. Die Tsipras-Regierung wird verpflichtet sein, die gegen die ArbeiterInnen und die einfache Bevölkerung gerichteten „Reformen“ des neuen Memorandums umgehend umzusetzen, ab Oktober. Die Auflösung des Sozialversicherungssystems, ein Angriff von bisher unbekanntem Ausmaß auf die ärmeren Schichten der Bevölkerung im Bereich der Steuern und eine Welle massen- hafter Privatisierungen werden kommen. Die Lügen über die Suche nach Ausgleichsmaßnahmen, mit denen die Schwachen vor den Folgen jener Politik geschützt werden sollen, die durch das Memorandum diktiert wird, waren im Wahlkampf, vor dem Urnengang hilfreich, aber jetzt haben sie ausgedient. Die Führungsgruppe um Alexis Tsipras wird sich nun der Realität stellen, d. h. sie werden sich mit dem Inhalt der von ihnen unterzeichneten Vereinbarung befassen müssen. Daher haben sie – trotz allihrer freudigen Bekundungen, dass sie imstande sind, eine „stabile“ Regierung mit ANEL zu bilden – faktisch bereits den Weg hin zu einer künftigen Allianz mit der PASOK geebnet, und die Drehbücher für eine noch breitere Regierung der „Nationalen Einheit“ unter Einschluss von Nea Dimokratia sind noch nicht vom Tisch. Angesichts solcher Aussichten sind Kämpfe an der Basis die einzig mögliche Antwort: die Verteidigung der Rechte der Arbeitenden und von sozialen Rechten durch Streiks, Demonstrationen, Besetzungen usw. Um die politische Legitimierung in der Bevölkerung aufzubrechen, die die SYRIZA-Regierung durch das Wahlergebnis vom 20. September gewonnen hat, müssen diese Kämpfe von Aktivistinnen und Aktivisten der Linken mit großem Nachdruck unterstützt werden. Die jüngste Erfahrung zeigt, dass diese Kämpfe eine politische Stimme brauchen, wenn sie erfolgreich sein sollen. Sie müssen sich um eine politische Strömung herum bündeln, die das Ziel verfolgt, die Konfrontation mit der Politik der Austerität zu organisieren. Dabei hat der Teil der Linken, der den politischen Manövern von Tsipras Widerstand entgegen gesetzt hat, ganz besondere Aufgaben.

4. Ein großer Teil dieser Verantwortung ruht auf den Schultern von „Laiki Enotita“ (LAE, Volkseinheit), also der politischen Einheitsfrontformation, die von einem großen Teil des linken Flügels von SYRIZA und Organisationen und AktivistInnen der antikapitalistischen Linken gebildet worden ist. LAE hat bei der Wahl am 20. September eine Niederlage erlitten. Sie erhielt 2,9 %. Es hat nur eine kleine Zahl von Stimmen gefehlt, um die 3 %-Hürde für den Einzug ins Parlament zu überwinden. Es gibt objektive Ursachen für unsere Niederlage. Wir hatten bloß einen Monat für die Schaffung einer neuen politischen Formation und mussten gleichzeitig zunächst ohne irgendwelche finanziellen Mittel einen landesweiten Wahlkampf organisieren. Das Risiko des Scheiterns war von Anfang an groß. Es hat aber auch wichtige subjektive politische Fehler gegeben. Gegenüber dem Druck unserer politischen Gegner, die darauf beharrten, die Unterwerfung unter die Herren in Europa sei unabwendbar,haben wir die Befürwortung einen Austritt aus der Eurozone überbetont. Dieser notwendige Teil unserer umfassenden Alternative ist dabei irgendwann immer mehr überhöht und über das allgemeinere Programm gestellt worden, nämlich die Organisierung einer gemeinsamen Klassenbewegung gegen die Austerität und ein antikapitalistisches Programm mit dem Ziel sozialistische Emanzipation. Das war ein Geschenk für Tsipras und die Massenmedien, die auf jede Gelegenheit lauerten, uns als „Drachme-Linke“ zu verunglimpfen.Trotz all dem hat die Volkseinheit 152 000 Stimmen auf sich vereint und verfügt bereits über eine organisierte Schicht von Tausenden von AktivistInnen und erfahrenen VeteranInnen der Arbeiterbewegung und Linken. Das gibt uns, obwohl wir die erste Schlacht verloren haben, die Kraft, in den kommenden Krieg zu ziehen. Damit das klappt, müssen wir natürlich all die organisatorischen, politischen und programmatischen Fragen, die es in Bezug auf die Volkseinheit gibt und die während der kurzen Periode vor der Wahl naturgemäß zurückgestellt worden sind, auf effektive und demokratische Weise lösen.

5. Die kommunistische Partei hat ihren Anteil von 5,47 % im Januar 2015 auf nun 5,59 % geringfügig erhöhen können. Die Tatsache, dass all dies in einer Situation geschah, als SYRIZA in der Krise war und sich gespalten hatte und nachdem Tsipras gerade eben ein neues Memorandum mit harten Austeritätsmaßnahmen unterzeichnet hatte, zeigt jedoch, dass es für die KKE keinen Anlass zum Feiern gibt:Mit der Politik der KKE-Führung war es nicht möglich, aus einer selten gegebenen Gelegenheit Nutzen zu ziehen. In der Zeit vor der Wahl hat die KKE ihre Angriffe fast ausschließlich gegen die Volkseinheit gerichtet, in der Hoffnung, alle Stimmen der linken Opposition gegen SYRIZA für sich verbuchen zu können. Diese Taktik lässt Zweifel über all die Versprechen aufkommen, die auf der Titelseite der Parteizeitung gemacht wurden, es solle Initiativen geben, um eine Art Volksbündnis zu bilden.

6. Auch der Stimmenanteil des kleineren antikapitalistischen Bündnisses ANTARSYA hat sich geringfügig erhöht, von 0,64 % im Januar 2015 auf nun 0,85 %. In einer Stellungnahme nach den Wahlen hat die Neue Linke Strömung (Neo Aristero Revma, NAR), eine der Hauptkomponenten von ANTARSYA, „eine breite militante Front, um den kommenden Ansturm von arbeiterfeindlichen Maßnahmen zurückzuschlagen“ und „das Engagement für gemeinsame Aktionen aller Teile der kämpferischen Linken einschließlich der kommunistischen Partei und der Volkseinheit“ als ihr Ziel benannt. Das Problem ist, dass diese Stellungnahme einen Tag nach der Wahl und nicht drei Wochen zuvor herausgegeben worden ist.Denn in der Wahlschlacht von September 2015 haben es die Kräfte der „kämpferischen Linken“ versäumt, eine gemeinsame Antwort zu geben, wie es eigentlich notwendig gewesen wäre.

7. Die nazistische „Chrysi Avgi“ (Goldene Morgendämmerung) liegt mit 6,95 % der Stimmen an dritter Stelle. Ihr prozentueller Anstieg geht auf den hohen Anteil der Enthaltungen zurück [56,6 % gültige Stimmen]: In Wirklichkeit haben sie gegenüber Januar 2015 9000 Stimmen verloren. Aber die Tatsache, dass sie nur wenige Tage, nachdem ihr Parteiführer öffentlich die „politische Verantwor- tung“ für den Mord von Pavlos Fyssas übernommen hat, ihren Rückhalt auf Wahlebene konsolidieren konnte, zeigt, welche Gefahr von ihr ausgeht. Unser Kampf für eine Abkehr von der Austeritätspolitik, unser Kampf gegen das Memorandum ist der einzige Weg, nicht nur um der kapitalistischen Gier, sondern auch der faschistischen Bedrohung Einhalt zu gebieten. Original: http://rproject.gr/article/anakoinosi-tis-dea-gia-ta-apotelesmata-ton-eklogon-0 Dieser Text erschien am 22. August auf der Webseite „SocialistWorker.org – Daily news and opinion of the left“, verbunden mit der Wochenzeitung Socialist Worker, die von der International Socialist Organization (ISO, USA) herausgegeben wird. http://socialistworker.org/2015/09/22/tsipras-pyrrhic-victory-and-the-struggle-ahead Aus dem Englischen übersetzt von Paul Michel; bearbeitet und redaktionellen Vorspann übersetzt von Wilfried Dubois

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Griechenland nach den Wahlen – Wie weiter mit dem Kampf gegen das Diktat der EU?

hungrige fischeDie 180°-Wendung der griechischen Regierung nach dem Referendum ist ein herber Rückschlag nicht nur für die griechische ArbeiterInnenklasse. Denn damit wird eine „linke“ Regierung zur Erfüllungsgehilfin für das Auspressen breiter
Bevölkerungsschichten.
Zweifelsohne sitzen die Hauptschuldigen in Berlin und Brüssel: Merkel und Co. haben im Dienste des Kapitals alles daran gesetzt, damit keine Variante linker Politik umgesetzt werden kann.
Im Grunde war der Weg der Tsipras-Regierung mit dem Akzeptieren der Verhandlungs- grundlagen vom 20. Februar vorgezeichnet. Die von Syriza geführte Regierung hat in der Bevölkerung viele Erwartungen geweckt, wollte aber keinen Bruch mit den „Institutionen“ riskieren.
Für einen kämpferischen Weg gegen die Sparbeschlüsse hatte sich eine deutliche Mehrheit der griechischen Bevölkerung bei dem Referendum vom 5. Juli ausgesprochen.

Nun stellen sich folgende Fragen:

Gibt es einen Weg ohne einen Bruch mit der Logik des EU-Konstrukts?
Welche Stimmen gibt es aktuell in Griechenland selbst?
Wie könnte ein Bruch mit deren „Institutionen“ aussehen ?

Darüber werden wir mit dem griechischen Genossen Manos Skoufoglou, der aus
Athen kommt und umfangreiche Erfahrungen als antifaschistischer Aktivist mitbringt
diskutieren.
Er befindet sich derzeit als Referent auf einer Deutschland- Tournee.
Gemeinsam mit anderen linken Gruppen ist Manos Skoufoglou 1 seit Jahren aktiv im
revolutionären Bündnis ANTARSYA.
Wir laden euch ein, sich mit uns gemeinsam im Rahmen dieser Informations- und
Diskussionsveranstaltung über die Perspektiven des Kampfes gegen die Spardiktate
der EU auszutauschen.
Montag, 28. September 2015
19 Uhr im BÜZE Ehrenfeld , Venloer Str. 406

Veranstalter: Griechenland- Solidarität Komitée Koeln

1 Mitglied der griechischen Sektion der Vierten Internationale, OKDE-Spartacos

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VIO.ME in Gefahr

Außerordentliche Bekanntmachung von VIO.ME vom 25. August 2015

„In den letzten Stunden haben wir Bewegungen beobachtet und Nachrichten
darüber, die uns in Sorge um die Sicherheit der kämpfenden Arbeiter in
der Fabrik Vio.ME versetzen.

Wir warnen jeden der daran Beteiligten davor, zu irgendwelchen
Aktivitäten mit dem Ziel der Schädigung des Kampfes überzugehen.
Wir rufen alle Kollektive und alle Aktivisten, die sich seit der ersten
Sekunde an der Seite von VIO.ME befinden, zur sofortigen Bereitschaft
zur Verteidigung des Projekts auf.

Έκτακτη ανακοίνωση
Τις τελευταίες ώρες έχουμε δει κινήσεις και έχουμε πληροφορίες που μας
κάνουν να ανησυχούμε για την ασφάλεια των αγωνιζόμενων εργαζομένων μέσα
στο εργοστάσιο της ΒΙΟ.ΜΕ.
Προειδοποιούμε κάθε εμπλεκόμενο να μην προχωρήσει σε καμία ενέργεια που
σκοπό θα έχει να βλάψει τον αγώνα. Καλούμε όλες τις συλλογικότητες και
όλους τους αγωνιστές που βρίσκονται από την πρώτη στιγμή στο πλάι των
εργαζομένων της ΒΙΟΜΕ, να είναι σε άμεση επιφυλακή για την υπεράσπιση
του εγχειρήματος.“

Wir bemühen uns um Details und verweisen für Hintergründe auf unser Dossier

http://www.labournet.de/internationales/griechenland/arbeitskaempfe-griechenland/metalleutiki/

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Das Wild ist erlegt – nun wird ausgeweidet

Das Wild ist erlegt – nun wird ausgeweidet

Wasser, Gas, Strom, Infrastruktur
– Die Plünderung von Griechenland kennt keine Grenzen mehr

Der griechische Staat wird geplündert. Neben 14 Flughäfen, die von der deutschen Fraport AG übernommen werden, steht nun auch fast die gesamte staatliche Infrastruktur zum Verkauf. Gas, Wasser, Strom, Seehäfen, Straßennetze – alles muss raus! Dies geht aus einem Dokument des Privatisierungsfonds HRADF hervor, das der Europa-Abgeordnete Sven Giegold veröffentlichte.

Um die Zusagen für neue Kredite von den internationalen Geldgebern zu erhalten, musste Griechenland sich jüngst auf weitreichende Sparmaßnahmen einlassen. Der Kotau von Alexis Tsipras vor der Euro-Gruppe führte letztendlich auch zu einer Umstrukturierung des Links-Bündnisses Syriza, des Ausschlusses der Linken Plattform aus dem Kabinett und in Konsequenz dessen, zum gestrigen taktischen Rücktritt des Ministerpräsidenten mit baldigen Neuwahlen Ende September.

Neben erneuten schmerzhaften Einschnitten im Sozial- und Rentensystem verpflichtete sich Griechenland auf dem EU-Gipfel vor einem Monat auch dazu, Vermögenswerte in Höhe von 50 Milliarden Euro an einen Treuhandfonds zu übergeben, über den diese privatisiert werden sollen. Im Zusammenhang mit 14 griechischen Flughäfen, die nun von der Frankfurter Fraport AG übernommen werden sollen, ist vielfach von einer Plünderung des südeuropäischen Landes die Rede.

Aus einem Dokument, das der Abgeordnete im Europäischen Parlament Sven Giegold (Bündnis 90/Die Grünen) veröffentlichte, geht nun das ganze Ausmaß der Privatisierungspläne hervor. In dem 27-seitigen Papier ist alles aufgelistet, was für das griechische Gemeinwesen von Bedeutung ist: Die Häfen von Athen und Thessaloniki, die staatliche Bahngesellschaft, Straßennetze und – besonders brisant – auch weite Teile der Strom-, Wasser- und Gasversorgung. Zu den Filetstücken um die nun sowohl private Investoren, wie auch andere Staaten ringen, zählen neben dem Infrastrukturnetz auch Raffinerien und Unternehmen wie der Gaskonzern Depa, der Stromerzeuger Public Power Corporation (PPC) und die Wasser-Betriebe Eyath und Eydap.

Einige der Sachwerte sollen laut dem Plan nur teilweise privatisiert werden, andere fast vollständig. Für die Privatisierungen ist die griechische Fondsgesellschaft HRADF zuständig, diese wird bei ihrer Arbeit allerdings von den Troika-Institutionen IWF, Europäische Kommission und EZB „überwacht“. Für die umfassende Umschichtung des griechischen Staatsvermögen in private und ausländische Investorenhände werden bis zu 30 Jahre veranschlagt. Insgesamt wirkt der Plan – ähnlich wie der Umbau Chiles in den 1970er Jahren – wie ein großangelegtes neoliberales Experiment – mit den Griechen als Labormäusen.

Dass gerade die Privatisierung der Grundversorgung (Strom, Wasser, Gas) meist dazu führt, dass die Preise für die Verbraucher steigen und die Versorgungssicherheit abnimmt, da die Infrastruktur verkommt, zeigt die Erfahrung. Äußerst negative Auswirkungen der Wasserprivatisierung werden beispielsweise aus Großbritannien berichtet. Auch Bolivien machte katastrophale Erfahrungen mit derartigen Programmen. Dort schaukelten sich die Konflikte um das Wasser im Jahr 2000 sogar zu einem Krieg, dem so genannten „Wasserkrieg“, hoch.

Im Interesse der griechischen Bevölkerung sind die weitreichenden Privatisierungspläne nicht. Freuen über das Tafelsilber werden sich hingegen Investoren, die nach Profit dürsten und die Apologeten der neoliberalen Agenda.

21. August, 2015

Quelle: http://www.rtdeutsch.com/29610/

 

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Euro versus Drachme ( Der Machtkampf in Syriza)

„Euro versus Drachme“ – Der Machtkampf innerhalb der Syriza

Wolfgang Lieb · Montag den 3. August 2015
Im Folgenden sollen die beiden Positionen dokumentiert werden, die derzeit in der
Syriza um die politische und ideologische „Hegemonie“ innerhalb der Partei wie in der
Gesellschaft konkurrieren – auch im Hinblick auf mögliche Wahlen. Die werden von
Tsipras und der „Regierungsfraktion“ der Syriza für Ende September oder Anfang
Oktober eingeplant, falls es nicht gelingen sollte, die Parlamentsfraktion geschlossen
auf Regierungskurs zu bringen.
Wenn dieser Wahlgang kommt, wird die Syriza wahrscheinlich nicht mehr als das
frühere Bündnis unterschiedlicher Fraktionen antreten. Der für Mitte September
anberaumte außerordentliche Parteikongress wird – nach Einschätzung von
Beobachtern innerhalt und außerhalb der Syriza – entweder eine „samtene“ oder eine
„hässliche“ Scheidung bringen.
Der Hauptkonfliktpunkt wird, neben den inhaltlichen
Auseinandersetzungen, die Frage sein, wie die Kandidaten für die Wahllisten
aufgestellt werden. Tsipras hat bereits angekündigt, dass eine neue Syriza-Regierung
(mit oder ohne Koalitionspartner) in der Lage sein muss, sich in den zentralen Fragen
auf die eigene Fraktion verlassen zu können. Das deutet darauf hin, dass der
Regierungsflügel bei der Nominierung der Parlamentskandidaten „durchwählen“
wird.
Damit würde die Linke Plattform, die sich jetzt explizit zum Grexit bekennt (wie
auch der nachfolgende Text von Stamoulis deutlich macht), keine Repräsentanz im
Parlament mehr erhalten. Das wird für sie der letzte Anstoß sein, eine eigene Partei
zu gründen und möglichst noch bei den kommenden Wahlen anzutreten.

Von Niels Kadritzke.
Die inhaltlichen Positionen der beiden Syriza-Fraktionen, insbesondere was die Frage
„Euro versus Drachme“ betrifft, werden in den beiden folgenden Texten deutlich.
Beide Texte stammen aus der Wochenendausgabe der linken Tageszeitung Efimerida
ton Syntaktion (1./2. August), die sich zum wichtigsten Diskussionsforum für die
Syriza und die breitere Linke entwickelt hat. Ich habe das Interview des engen
Tsipras-Vertrauten Giorgos Stathakis und den Gastkommentar von Dimitris Stratoulis
möglichst wortgetreu übersetzt, aber zum besseren Verständnis einige Erklärungen in
Klammern hinzugefügt.

Interview mit Giorgos Stathakis, Minister für Wirtschaft, Infrastruktur,
03.08.20152
Handelsmarine und Tourismus
Frage: Das Programm von Thessaloniki (von der Syriza im Herbst 2014 verabschiedet)
über das Ende der Austeritätspolitik wurde jetzt ersetzt durch ein neues Memorandum
(Sparprogramm) über drei Jahre, mit der Gegenleistung eines Kredits von 86
Milliarden Euro. Kann Griechenland das durchhalten? Ist das eine tragfähige Lösung,
die dem Land hilft, sich zu erholen und damit den katastrophalen Plan der Rückkehr
zur Drachme endgültig vom Tisch zu bringen?

Stathakis: Die Vereinbarung ist schwierig, aber ökonomisch tragfähig, weil sie die
Gefahr des Grexit beseitigt, eine mildere Anpassung der öffentlichen Finanzen
vorsieht und darüber hinaus ein Paket mit Entwicklungsprogrammen von 35
Milliarden Euro beinhaltet. Ebenfalls enthalten ist ein neues langfristiges
Kreditprogramm – über 30 Jahre – vom ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus),
das die langfristigen Kredite vom IWF und der EZB ablöst. Es handelt sich also um
eine-Mini-Umstrukturierung der griechischen Schulden. Diese Entwicklung eröffnet
die Aussicht auf eine beträchtliche Entlastung der griechischen Schulden, wie sie der
IWF seit einiger Zeit fordert. Obwohl viele der Maßnahmen, die die neue
Vereinbarung vorsieht, einen rezessionsverstärkenden Charakter haben, kann man die
Vereinbarung auf keinen Fall mit den Memoranden 1 und 2 vergleichen, die
Haushaltseinsparungen in Höhe von 15 % des Bruttoinlandsprodukts über vier Jahre,
sowie die Kürzung von Renten und Löhnen um 30 bis 40 Prozent vorsahen.
Stattdessen sieht (dieses 3. Memorandum) niedrigere Primärüberschüsse (des
Staatshaushalts, Schuldendienst ausgenommen), die schrittweise bis 2018 ansteigen
werden, wobei eine gewisse Flexibilität eingeräumt wird. Das bedeutet, dass die
geforderte Anpassung der Haushaltszahlen (sprich: der weitere Defizitabbau) pro Jahr
bei etwa einem Prozent des BIP liegen wird.
Die Geschlossenheit der Parlamentsfraktion der Syriza hat sich mit der „Bewegung
der 40“ aufgelöst (gemeint sind die knapp 40 Abgeordneten, die der Regierung
Tsipras die Gefolgschaft verweigert haben). Was wird auf die heikle Abstimmung eines
dritten Pakets folgen (gemeint ist die für diesen Mittwoch angesetzte Abstimmung
über weitere Gesetze)? Wahlen im Herbst, eine Regierung der „nationalen Einheit“,
wie sie einige anstreben, oder wird die Regierung sich weiter durchschlagen, mithilfe
von Stimmen der Opposition?
Die Probleme, die sich innerhalb der Syriza gezeigt haben, werden wir über die
vorgesehenen kollektiven Verfahren der Parteiorgane lösen. Im September werden
wir einen Sonderparteitag haben. Es liegt auf der Hand, dass der Ministerpräsident
die Wiederherstellung der Einheit der Parlamentsfraktion anstrebt; das zeigt sich
auch darin, dass keine Ausschlussverfahren angewandt wurden (wie es bei den
anderen Parteien gegenüber Abweichlern in der Fraktion üblich ist).
Allerdings hat eine Regierung, die nicht voll von den eigenen Abgeordneten
unterstützt wird, ein Problem mit ihrer Handlungsfähigkeit, deshalb wird aus den
gemeinsamen Verfahren eine neue Strategie hervorgehen müssen, eine neue
Konstruktion der Partei auf der Basis der Gegebenheiten, wie wir sie vorfinden. Was
als „Bewegung der 40“ bezeichnet wird, ist im Grunde kein homogenes Gebilde, es
handelt sich eher um einen „Schirm“ unter dem sich alle versammeln, die mit den
Entwicklungen nicht einverstanden sind, und weniger um eine Fraktion, die über ein
voll ausgearbeitetes Gegenprogramm verfügt. Was nun die Möglichkeit von Wahlen
betrifft, so wird es die nur geben, wenn die Regierung sich keine Mehrheit sichern
kann. In dem Fall haben wir zwangsläufig Neuwahlen.

Wie sieht die unmittelbare Zukunft der Syriza aus? Wird sich die Zerstrittenheit zur
Spaltung der Partei und zur Neuorientierung ihrer Politik weiterentwickeln? Oder
wird die Macht als Klebstoff wirken, der die Partei zusammenhält?

Ich hoffe und ich glaube, dass ein offener, aufrichtiger und koordinierter Dialog in den
zuständigen Organen beginnen wird, über den wir zu gemeinsamen
Schlussfolgerungen kommen werden. So etwas haben wir schon in der Vergangenheit
gemacht, weshalb ich optimistisch bin, dass wir es auch dieses Mal schaffen werden.
Und der „Klebstoff“ darf für uns nicht die Macht sein, sondern das gemeinsame
politische Programm und die gemeinsamen Ziele.

Gibt es in Griechenland noch den Raum und die geeigneten Bedingungen für eine
neue Partei, die für die Drachme eintritt?

Die Schaffung eines solchen politischen Gebildes wird eine erfolglose
Randerscheinung sein. Letztlich geht s ja nicht um die Frage der Währung, sondern
um die Politik, die betrieben wird. Die „Rückkehr zur Drachme“ würde eine
schlagartigen Absturz des Wertes der nationalen Währung bedeuten, sie würde den
Wert der Bankguthaben der Bürger um mindestens die Hälfte beschneiden. Zudem
würde sie die Kaufkraft sowohl der Lohnempfänger als auch der Rentner drastisch
absenken. Was den Unternehmenssektor betrifft, würden die Beziehungen von
Tausenden Firmen mit dem Ausland schwer beeinträchtigt. Hinzu kommt, dass für das
normale Funktionieren der Wirtschaft – zumindest bis zu einer Erholung und
Erneuerung der Produktionsstruktur – reelle Währungsreserven vonnöten sind. Es ist
so gut wie sicher, dass wir angesichts des (Staats-)bankrotts und der alten Kredite
einen neuen Kredit brauchen würden, das heißt wir müssten uns
höchstwahrscheinlich an den IWF oder eine ähnliche internationale Organisation
wenden.
All das zeigt aber, dass der Abschied vom Euro die „innere Abwertung“ keineswegs
stoppen wird. Im Gegenteil, er wird zu einer noch schnelleren und härteren „inneren
Abwertung“ kommen. Und als Letztes ist festzuhalten, dass wir uns bei all dem in
einem nicht kartographiertes Gelände bewegen, weil es keine entsprechenden
historischen Präzedenzfälle gibt.

Wir hören viel über die geheimen Vorbereitungen einer Rückkehr des Landes zu einer
nationalen Währung. Es gibt Leute, die die Tätigkeit von Varoufakis mit einem
„Schattenstaat“ vergleichen (parakratos, was im griechischen Kontext dunkle
geheimdienstliche Machenschaften bedeutet), aber auch die andere Ansicht, dass das
Land einen Plan B haben musste, um auf die schlimmsten Szenarien vorbereitet zu
sein, wenn die Verhandlungen schief gehen sollten. Was sagen Sie dazu?

Es gibt glaube ich eine Flut von Informationen, die die Verwirrung nur vergrößern,
und in vielen Fällen will man damit nur Showeffekte erzielen, statt richtige und
ernsthafte Informationen zu geben. Im Übrigen sind viele der Szenarien, die in der
Öffentlichkeit gehandelt werden, eindeutig falsch. Die Verhandlungsdelegation der
Regierung hat jedenfalls konstant das Ziel verfolgt, eine Vereinbarung zu erreichen.

Wie stark wird ihrer Meinung nach die griechische Wirtschaft durch die „capital
controls“ (Beschränkungen des Kapitalverkehrs, z.B. limitierte Bargeldabhebungen)
beeinträchtigt? Wann rechnen Sie mit der Aufhebung dieser Beschränkungen?

Werden sie noch Monate oder Jahre in Kraft bleiben, wie es viele erwarten?

Die Kapitalkontrollen werden in Kraft bleiben, bis das Banksystem wieder voll
stabilisiert ist. Die Grundlage dafür wurde bereits durch die erneuerte Liquidität
durch ELA-Mittel (Notfallkredite der EZB) gelegt, und viele Transaktionen, die
anfangs auf Probleme stießen, werden jetzt wieder normal vollzogen. Wir haben keine
ernsthaften Auswirkungen auf die Wirtschaft, insofern das Hauptproblem, die Importe
betreffend, mehr oder weniger beigelegt ist, während die meisten Überweisungen der
Bürger über Karten, Bankautomaten oder web banking laufen.
Dieser Zustand wird, glaube ich, überwunden sein, sobald wir die neue Vereinbarung
haben, die auch die Rekapitalisierung der Banken umfasst. Im Übrigen werden die
allgemeinere ökonomische Stabilisierung und die Wiederherstellung des Vertrauens
dazu führen, dass die Leute ihre abgehobenen Gelder wieder bei den Banken
deponieren.

Ebenfalls in der Efimerida ton Syntaktion vom 1. August erschien ein
Gastkommentar von Dimitris Stratoulis, Abgeordneter der Syriza im griechischen
Parlament und Mitglied des Politbüros der Partei; bis 16. Juli stellvertretender
Minister für Sozialthemen in der Regierung Tsipras.
Hier der nur am Anfang leicht gekürzte Text:

„Als Syriza-Abgeordneter unterstütze ich die Regierung, damit sie ihr Programm,
nicht aber neue Memoranden umsetzt. Die Regierung, den Ministerpräsidenten und
die Einheit der Syriza stützen vor allem diejenigen, die glauben, dass sie sich aus dem
Käfig der Memorandum-Politik (sprich der Sparprogramme) befreien und andere
Wege finden müssen, die mit dem Programm, den Prinzipien, den Werten der Syriza
übereinstimmen, und auch mit dem Willen des Volkes, wie er in den Wahlen vom 25.
Januar und in dem Referendum vom 5. Juli zum Ausdruck kam. Diejenigen in der
Syriza, die glauben, den Ministerpräsidenten, die Regierung und die Einheit der Partei
zu schützen, indem sie den Weg zur Umsetzung der Memoranden beschreiten,
machen einen schweren politischen Fehler.
Die Behauptung, das Volk stehe hinter der Regierung auch dann, wenn sie
Memoranden umsetzt, damit nicht die ND und die Pasok (an die Macht)
zurückkommen, hat kurze Beine. Unsere Geschichte hat uns gelehrt, dass „das
Hosianna des Palmsonntags“ sich leicht in das „Kreuziget ihn“ verwandelt, wenn die
sozialen und ökonomischen Auswirkungen des neuen Memorandums offenbar werden.
Wenn die Regierung einem dritten Memorandum zustimmt, wird das aufgrund des
neoliberalen Inhalts dieses Programms und der strengen Aufsicht durch das Quartett
der Gläubiger zwangsläufig mit der vollständigen Aufkündigung des Programms der
Syriza und ihrer programmatischen Aussagen enden.
Die Regierung hat die Wahl, eine demütigenden Unterwerfung zu vollziehen, die mit
der Unterzeichnung des neuen Memorandums einhergeht, oder sich aus diesem
Memorandum und der Vereinbarung von Brüssel zu befreien und alternative
Lösungen voranzutreiben, die einen positiven Ausweg aus der Krise weisen werden.
Einen dritten Weg zur Überwindung dieses politischen Dilemmata gibt es leider nicht.
Wir werden uns selbst, unsere Geschichte und unsere Kämpfe verleugnen, wenn wir
in der Syriza davon ausgehen, dass die Memoranden und die Austeritätspolitik eine
Einbahnstraße sind und dass es keine alternative Lösung für diese Dilemmata gibt.
Wir würden im Grunde die Existenzberechtigung der Linken und die
gesellschaftlichen Kämpfe für die Forderung nach alternativen Lösungen gegenüber
dem neoliberalen Kapitalismus aufkündigen. Wir würden der Regierung jegliche
Verhandlungsmacht gegenüber den Gläubigern wegnehmen.
Die Regierung muss sich von den Memoranden befreien, sie darf kein neues
(Memorandum) unterschreiben, darf gegenüber den Gläubigern keine Verpflichtungen
eingehen, die ihr Programm außer Kraft setzen, und sie muss die alternative Lösung
ausarbeiten und vorantreiben, die viele in der Syriza unentwegt und ständig in den
Parteigremien vorbringen.
Mit einem koordinierten im Rahmen eines umfassenden Alternativplans gut
vorbereiteten Kurs, der nicht nur die (neue) nationale Währung vorsieht, sondern
auch die Anzweiflung und Abschreibung des größeren Teils der Staatsschulden, die
Nationalisierung der Banken, die Besteuerung der hohen Gewinne und der großen
Vermögen, die Kontrolle der systemischen Massenmedien, eine Diversifizierung der
Energiequellen, multilaterale internationale Beziehungen, Wirtschaftsabkommen
innerhalb und außerhalb der EU, die Finanzierung von Entwicklungsplänen zum
Wiederaufbau der Produktionsbasis des Landes und vor allem die Beendigung der
Austerität und die Wiederherstellung der sozialen und Arbeiterrechte, die von den
Memoranden abgeschafft wurden. All das ist auch der Inhalt der programmatischen
Aussagen der Syriza, die besagen, dass sie den Kampf in den Verhandlungen
innerhalb der Eurozone führen wird, – aber auch dass sie, sollte sie zur Fortsetzung
der Memoranden erpresst werden, das Volk nicht innerhalb der Eurozone zugrunde
gehen lassen wird (wörtlich: … nicht ausrotten wird).
Beim Vorantreiben dieser alternativen Lösung wird es natürlich auch Schwierigkeiten
geben. Aber es gibt viele Studien, die bestätigen, dass schon nach wenigen Monaten
folgende Wirkungen eintreten werden: ein Zunahme der Exporte, eine Abnahme der
Importe, eine Erhöhung der Produktion im Primärsektor (Rohstoffe oder z.B.
Landwirtschaft), eine explosionsartige Zunahme des Tourismus und die
(Wiederherstellung der) notwendige Liquidität in der Wirtschaft, damit große
öffentliche und private Investitionen getätigt werden, die wiederum die Entwicklung
und die Beschäftigung verstärken. Die Versuche der Pro-Memorandums-Kräfte, jene
Repräsentanten und Fraktionen der Syriza zu denunzieren und zu kriminalisieren, die
Lösungen außerhalb der Eurozone und andere Alternativen zu den Memorandums-
Lösungen anstreben, erinnert an die Hexenjagd und die Versuche strafrechtlicher Ausgrenzung.
Solche Praktiken müssen zuallererst die Regierung und die Syriza verurteilen.
Wenn sie nämlich derartige an den Bürgerkrieg erinnernde Taktiken des Establishments und
der Wachhunde der Massenmedien zu Lasten ihrer Genossen hinnehmen, wird alsbald
der Ministerpräsident selbst an der Reihe sein, der dann nämlich von ihnen, nachdem
sie ihn zuerst erniedrigt haben, als letzter „aufgefressen“ wird.

Dieser Beitrag wurde publiziert am Montag den 3. August 2015 um 13:32
in der Kategorie: Finanzen und Währung, Griechenland, Wahlen, Wahlen, Koalitionen &
Parteien.

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Konzert in Athen mit K. Wecker, E. Witali und L. Orfanos zu Ehren von Theodorakis

Das Lied der Lieder in Athen          31.07.2015

Liebe Freunde,

nicht der Anhauch eines Wölkchens trübte diese klare und warme Vollmondnacht, als Athen am Mittwoch den 90. Geburtstag von Mikis Theodorakis feierte. Ja, der ganze weite und hohe Himmel lachte, als wollte er sich bei Mikis bedanken und den Griechen beistehen, in ihrem Kampf gegen eine antidemokratische Troika lebensfeindlicher Technokraten, notorischer Besserwisser und menschenverachtender Finanzdiktatoren.
Im verträumten Garten der Konzerthalle Megaron ehrten mehrere tausend begeisterte Athener ihren großen Komponisten. Die besten griechischen Sänger und Musiker gestalteten die kämpferischen, rebellischen und dann wieder so elegischen und so ans Herz rührenden Lieder dieses immer aufrechten alten Mannes mit einer Leidenschaft, die ich immer mehr vermisse auf unseren Musikbühnen.

Kinder mit ihren Eltern und Großeltern sangen jedes Lied inbrünstig mit, tanzten, klatschten, weinten und tranken die Musik wie süffigen Wein. Ich habe so ein Generationen übergreifendes Konzert noch nie erlebt.

Theodorakis ist inhaftiert, gefoltert, verbannt worden und hat dennoch nie aufgegeben, nie aufgehört gegen Faschisten und Putschisten zu rebellieren, seine Stimme zu erheben, zu mahnen, und vor allem: uns Mut zu machen.

Wie mir ein enger Vertrauter mitteilte, bedauert er am Alter einzig, keine Zeit mehr zu haben für die viele Musik, die noch in ihm klingt. Wir waren alle betrübt, dass er nicht dabei sein konnte bei seiner Geburtstagsfeier, seine Ärzte haben ihm abgeraten, sich in diese nächtliche Hitzeschlacht zu begeben. Aber er verfolgte das Konzert, sein Konzert, diese Liebeserklärung der Griechinnen und Griechen am Radio, so sagte man mir.
Nach einem atemberaubenden Feuerwerk betörender Klänge und Stimmen sang ich mit der griechischen Sängerin Eleni Witali und der Sängerin Lina Orfanos aus New York mehrsprachig zum Abschluss des Konzertes das “Lied der Lieder” (Asma Asmaton), das viele Zuhörer besonders berührte, weil es den Brückenschlag zwischen den Menschen und Völkern zum Ausdruck brachte.

“Asma Asmaton”, nach Texten des Schriftstellers Jakovos Kambanellis, ist meines Erachtens der Höhepunkt der Kantate über das KZ Mauthausen. Es war deshalb besonders bewegend für mich, gerade dieses “Lied der Lieder” mit meinen Kolleginnen in den drei Sprachen Hebräisch, Griechisch und Deutsch zu singen.

Ich möchte allen Musikern und Sängern, die zum Finale auch noch einmal alle auf die Bühne kamen und mit uns sangen, herzlich danken. Für ihre Gastfreundschaft und Herzlichkeit. Für Ihre großartige Musik. Für ihren großen Gesang.

Und ich danke Henning Zierock, dem Vorsitzenden der “Kultur des Friedens”, mit dem ich 2003 schon im Irak gegen den verbrecherischen Einmarsch der USA demonstriert hatte, für seinen unermüdlichen Einsatz. Ohne seine Hilfe wäre mein Zusammentreffen mit den beiden Sängerinnen und der Tochter von Theodorakis nicht zustande gekommen Am Ende dieses einzigartigen Konzertes war es mir ein Herzensanliegen, dem Publikum – in zuge- gebenermaßen nicht wirklich perfektem Englisch – folgende kurze Solidaritätsbotschaft zu übermitteln:

“Ich habe euch Grüße aus Deutschland mitgebracht. Aus dem anderen Deutschland. Nicht dem Deutschland Schäubles und Merkels. Viele, sehr viele Deutsche sind solidarisch mit euch. Und wir lieben Mikis Theodorakis.”

Konstantin Wecker

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