Solidaritätserklärungen für Vio.Me

Dario Azzellini, Politikwissenschaftler/Soziologe, Berlin

Die Abschaltung der Stromversorgung der selbstverwalteten Fabrik Vio.Me ist eine Ungeheuerlichkeit. Vio.Me produziert Reinigungsmittel und Körperpflegeprodukte die gerade in Zeiten der Covid-19-Pandemie lebensnotwendig sind. Zudem ist Vio.Me ein Beispiel dafür wie in Zeiten von Deindustrialisierung und Krise Arbeiterinnen und Arbeiter erfolgreich einen Betrieb weiterführen können, der ökologisch vorbildhaft ist und zudem den Interessen der Gemeinschaft dient. Der Angriff auf Vio.Me ist nicht nur gegen die Arbeiterinnen und Arbeiter gerichtet, sondern auch gegen das Leben. Gruß, Dario Azzellini

Erasmus Schöfer, Schriftsteller, Köln

Ich verfolge die Arbeit der Arbeiterinnen und Arbeiter von Vio.Me mit
besonderer Sympathie, weil ich schon vor vierzig Jahren in Athen den Mord an Sotiria Vassilakopoulou und die gewaltigen Protestmärsche und die Beerdigung der Genossin miterlebt habe, so wie ich Mikis Theodorakis und Jannis Ritsos auf den Festen der KNE und der KKE leibhaftig begegnet bin. Ich war immer von Herzen solidarisch mit den Kämpfen der griechischen Genossinnen und Genossen und habe in meinen Büchern über sie geschrieben. Heute bin ich nicht altersweise sondern alterswütend darüber, dass die jetzige griechische Regierung versucht, euren zukunftsweisenden Arbeitskampf zu sabotieren! Und schließe mich allen an, die euch aus ganz Europa unterstützen. Erasmus Schöfer, Koeln

Gregor Kritidis, Sozialwissenschaftler, Hannover

(…) Für die sozialen Bewegungen nicht nur in Griechenland stellt Vio.Me eine paradigmatische Antwort auf die ökonomische und soziale Krise der Gegenwart dar. Die breite internationale Solidarität hat bisher dazu beigetragen, alle politischen und juristischen Versuche zu vereiteln, Vio.Me zum Scheitern zu bringen. Diese Solidarität ist keine Einbahnstraße: Die Belegschaft von Vio.Me stellt ihrerseits ihre Ressourcen allen zur Verfügung, die ihrer bedürfen; so wurden etwa Flüchtlingsinitiativen oder Gefängnisse mit dringend benötigter Seife und Reinigungsmitteln versorgt. Ende März hat der staatliche Stromversorger DEI die wegen der Corona-Krise verhängte Ausgangssperre genutzt, um mit Hilfe der Polizei in einer Nacht und Nebel-Aktion Vio.Me von der Stromversorgung abzutrennen. Um dauerhaft die Produktion auf dem bisherigen Niveau aufrecht zu erhalten, muss dringend ein Generator für Bio-Diesel beschafft werden. Die Vio.Me-Belegschaft hat dazu einen Spendenaufruf gestartet. In Deutschland hat die Griechenland-Solidaritäts-Komitee Köln die Koordination dazu übernommen. Helft mit, dass die Produktion bei Vio.Me weitergehen kann! Mit besten Grüßen Gregor Kritidis

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Der gefolterte Mensch

Zum Tod des griechischen Autors und Linken Periklis Korovessis

Von Hansgeorg Hermann, 17.4. 2020 – Junge Welt

www.ert.gr (2016)

Im Herbst 2018 sprach Periklis Korovessis in seiner Wohnung in Athen mit jungen griechischen Journalisten. Sie hatten ihn darum gebeten, sich selbst politisch einzuordnen. Der Wunsch schien insofern berechtigt, als der Schriftsteller und ehemalige Parlamentsabgeordnete zwar ohne Zweifel sein Leben lang ein Linker war, sich aber regelmäßig die Freiheit herausgenommen hatte, politischen Parteien und Formationen nur eine Zeitlang anzugehören und sie schnell wieder zu verlassen, wenn die typischen Korruptionsprozesse der repräsentativen Demokratie an ihnen zu nagen begannen. Seine Antwort gab Periklis – nach kurzem Nachdenken, im Ohrensessel sitzend, ein Glas Raki in der Hand – zunächst zögernd und dann doch entschlossen: »Ich weiß nicht, ob ich ein Bürgerlicher bin oder ein Linker; was ich will, ist, nicht als Arschloch zu sterben.«

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Warum Griechenland nicht Italien ist (Corona, Teil I)

von Niels Kadritzke | 12. April 2020, LE MONDE diplomatique, Blog Griechenland

„Die Corona-Krise schlägt uns alle in Bann. Sie bestimmt die Prioritäten des eigenen Arbeitens und Nachdenkens, wie auch die Aufmerksamkeit für Probleme der näheren und weiteren Umgebung. Warum also noch über Griechenland schreiben?

22.03.2020, Griechenland, Athen: Eine Frau überquert eine menschenleere Allee, die die südlichen Vororte Athens mit dem Zentrum verbindet, im Vorort Argyroupolis. Foto: Yorgos Karahalis

Seit einiger Zeit habe ich ohnehin den Eindruck, dass das Interesse für das Land, für seine Menschen und deren Probleme rapide nachgelassen hat – zumal bei einem linken Leserpublikum.(1) Auch deshalb empfand ich die selbstauferlegte “Chronistenpflicht” in Sachen Griechenland immer stärker als eine Bürde, die der Mühe nicht mehr ohne weiteres wert ist. Und jetzt noch dieses teuflische Covid-19, das überfallartig in unser Leben getreten ist und unser Fühlen und Denken auf das persönliche Wohlergehen zu verengen droht.
Die einzige Antwort, die mir einfällt – man kann es auch intellektuelle Notwehr nennen – ist das Bemühen, die Auswirkungen der globalen Virus-Infektion auf eine ohnehin krisengebeutelte Gesellschaft darzustellen. Und entgegen jeder realistischen Einschätzung davon auszugehen, dass die Beschreibung der griechischen Probleme – und Erfolge – im Kampf gegen die Pandemie nicht ganz in der Sinflut der Corona-Kriegsberichterstattung untergehen wird.

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Der letzte Partisan Europas

Manolis Glezos und die Deutschen – zum Tod eines griechischen Widerstandskämpfers und Volkshelden

Von Hansgeorg Hermann – 4. April 2020, Junge Welt

Zwei Szenen sind bezeichnend für das bisweilen wilde Leben des Griechen Manolis Glezos. Die erste spielte im Verborgenen: In der Nacht zum 31. Mai 1941 kletterten der damals 19jährige Student und sein wenige Monate älterer Freund Apostolos Santas, genannt »Lakis«, auf den »Heiligen Felsen« der Akropolis und zerrissen die Hakenkreuzfahne, die deutsche Wehrmachtsoldaten dort einen Monat zuvor, am 27. April 1941, aufgepflanzt hatten. Statt ihrer hissten sie die griechische Nationalflagge und entkamen unerkannt. Die zweite Szene wurde hundertfach gefilmt, fotografiert und veröffentlicht. Sie zeigt »Manolis«, wie ihn das ganze Land 70 Jahre später nur noch nannte, und seinen jahrzehntelangen Freund Mikis Theodorakis am 12. Februar 2012 inmitten einer aufgebrachten Menge auf der Platia Syntagmatos in Athen, dem Platz vor dem griechischen Parlament. Manolis schiebt den drei Jahre jüngeren Mikis im Rollstuhl, beide protestieren mit einigen tausend Menschen gegen die Austeritätspolitik, die in der EU-Kommission von den Deutschen vorangetrieben wurde und das Land an den Rand des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zusammenbruchs führte.

Die Deutschen und Manolis Glezos …

Der am 19. September 1922 im Dorf Apeiranthos auf der Kykladeninsel Naxos geborene Glezos widmete sein langes Leben als Kommunal-, National- und Europapolitiker vor allem dem Kampf für finanzielle Wiedergutmachung, die er von den wechselnden Regierungen in Bonn und Berlin für sein Land, für die Griechen und deren Familien verlangte.

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Sofortige Wiederherstellung des Stromanschlusses von Vio.Me – #power2viome

Nachfolgend die deutsche Übersetzung des Aufrufs – #power2viome

„Sie nutzen die Ausgangssperre, um die Stromversorgung der VIOME abzuschalten.Männer in Kampfmontur und bewaffnet patrouillieren in der Dunkelheit, nutzen die Ausgangssperre und ziehen ihre Repressionspolitik durch. Woran erinnert uns das? Noch vor dem Morgengrauen, um 6:30 Uhr morgens, hat eine Kolonne des staatlichen Stromversorgers (DEI) im Auftrag der Regierung die Stromversorgung der VIOME abgeschaltet. În der Nähe standen Spezialeinsatzkräfte der Polizei, die übereifrig und untertänig darauf warteten, wieder einmal unser Projekt lahmzulegen. Wie zu erwarten war, gilt die Ausgangssperre für manche weniger als für andere. Sollten die VIOME-Arbeitnehmer*innen sich versammeln, um zu protestieren, handeln sie illegal, während die Mannschaften der Spezialeinsatzkräfte und manche übereifrige Mitarbeiter des staatlichen Stromversorgers (DEI) zusammenkommen können, um uns den Strom abzuschalten.

Sie haben den Strom unter dem Vorwand abgeschaltet, dass wir illegal seien. Wir werden euch das Verbrechen verraten, das wir in den letzten Wochen seit Beginn der Pandemie begangen haben. Wir haben Seifen hergestellt, um sie nach Moria zu schicken, an Leute, die keine haben. Wir haben Reinigungsmittel für Gefängnisse, die der Staat der Pandemie ausgeliefert hat, produziert. Und natürlich haben wir weiterhin Reinigungsmittel hergestellt, um Familien der ärmsten sozialen Schichten zu beliefern, die eigentlich vor dem Virus kaum geschützt werden, denn sie müssen in eng zusammengepferchten Produktionsstätten für die Profite der Arbeitgeber schuften.

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Schmutzige Hände

Griechenland dreht Seifenfabrik den Saft ab

von John Malamatinas – 1. 4. 2020, Neues Deutschland

Vio.Me stellt seit 2013 ökologische Seifen und Reinigungsmittel her.

„Seifenfabriken sind in der aktuellen Corona Krise systemrelevant, könnte man denken. In der nordgriechischen Stadt Thessaloniki schien die staatliche Exekutive anderer Meinung zu sein. Um 6.30 Uhr am Montag unterbrach der staatliche Stromversorger DEI mit Unterstützung der griechischen Bereitschaftspolizei den Strom in der selbstverwalteten Genossenschaftsfabrik Vio.Me. Die Arbeiter*innen riefen daraufhin auf Facebook zur öffentlichen Unterstützung des Projektes auf.

Die Stromversorgung ist elementar für das Funktionieren der Seifenproduktion. Die Polizei hat sich zwar wieder zurückgezogen, die Beschäftigten benötigen zum Aufrechterhalt des Betriebs nun Generatoren. »Diese Aktion ist kein Zufall« sagte Makis Anagnostou, Mitglied des Projekts und Vertreter der Betriebsgewerkschaft von Vio.Me, gegenüber dem »nd«. Während der Corona-Verbote versuche der Staat, die Situation auszunutzen und neue Tatsachen zu schaffen, mutmaßte er. »Inmitten der Krise finden vermehrt Angriffe auf Arbeiterrechte statt und diese Intervention im Morgengrauen erinnert an Aktionen aus Zeiten der Militärdiktatur.« (…)“

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Solidaritätserklärung für Vio.Me

Von der böswilligen Stromabschaltung ebenfalls betroffen ist die Zweigstelle der Solidaritätspraxis von Thessaloniki (Kiathess), die sich auf dem Viome-Gelände befindet. Sie leistete bisher unabdingbare medizinische Hilfe für Menschen ohne Krankenversicherung und für eine wachsende Anzahl von Geflüchteten.

von Panos Papanikolaou (Neurochirurg)

„Die Tatsache, dass die Regierung die Epidemie ausnutzt, um autoritäre und reaktionäre Maßnahmen zu ergreifen, die gegen jegliche gesundheitspolitische Logik verstoßen, zeigt sich im Vorgehen gegen die VIOME. Die Fabrik der VIOME (Thessaloniki) wird seit Jahren von ihren Arbeitnehmer*innen in Selbstverwaltung betrieben und produziert verschiedene Sorten von Seifen und Reinigungsmitteln zu erschwinglichen Preisen, was unsere Gesellschaft angesichts der Epidemie jetzt besonders braucht.

Gestern, am Montag, den 30.3., in den Morgenstunden, hat die Polizei mit Spezialeinsatzkräften unter dem Vorwand alter unbezahlter Schulden des früheren Eigentümers, für welche die Arbeitnehmer*innen der Sozialkooperative nicht im Geringsten verantwortlich sind, die Fabrik von der Stromversorgung abgeschnitten. Doch gleichzeitig erhalten 1.) Großunternehmer im Zeichen der Epidemie allerlei „Erleichterungen“ und herrscht 2.) in der Produktion und im Handel von Flüssigseifen, Waschmitteln und Antiseptika eine rücksichtslose Spekulation in „Schwarzmarkt“-Manier in Zeiten der Epidemie.

Ich fordere die Regierung auf, diesen inakzeptablen und provokativen Akt rückgängig zu machen.“

Panos Papanikoloaou, Neurochirurg, 31. März 2020 (übersetzt aus dem Griech.)

Generalsekretär des Bundes der Krankenhausärzteverbände Griechenlands,  Mitglied des Verwaltungsrates des Krankenhausärzteverbandes Athen-Piräus, Mitglied der Linksradikalen Zusammenarbeit von Ärzten


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