Griechische Regierung will Hochschulen privatisieren. Auch Einfluss privater Bildungsträger im Schulsystem könnte zunehmen
Von Hansgeorg Hermann, Chania, 22.7.2023 – junge Welt

Die rechtsnationale griechische Regierung will mit einer für das Jahr 2025 anvisierten Verfassungsänderung das Hochschulsystem dem freien Markt überlassen. Schon jetzt sollen private Universitäten – vor allem aus den USA importierte Einrichtungen – als »zwischenstaatliche« Institutionen in die staatliche Bildung integriert werden. Regierungschef Kyriakos Mitsotakis, selbst ein Bildungs- und Sozialprodukt der US-Eliteuniversität Harvard, will offenbar nordamerikanische Verhältnisse auf sein Land übertragen. Griechenland ist ein fruchtbarer Boden für Privatisierung: Das staatliche Bildungssystem leidet permanent unter Lehrer- und Professorenmangel, die Lehrkräfte werden mit lächerlichen Gehältern kurzgehalten und müssen nachmittags oder abends oft an privaten Nachhilfeschulen Geld dazuverdienen, um ihre Familien über die Runden zu bringen.
Aus dieser Situation hat sich seit der Nachkriegszeit eine regelrechte Bildungsindustrie entwickelt – inzwischen eine Macht im Land, die politisch auch von der Orthodoxen Kirche unterstützt wird. Vor genau einem Jahr veröffentlichte das Staatliche Statistische Amt Griechenlands (Elstat) erstaunliche Zahlen: Landauf, landab kümmern sich inzwischen rund 5.000 private »Frontistiria« um jenen Teil der Ausbildung der Kinder und Jugendlichen, der eigentlich originäre Aufgabe staatlicher Schulen wäre. (…)
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