»Sie sind eher räteorientiert«

Zehn Jahre selbstverwaltete Seifenfabrik Vio.me. Von Wahlen in Griechenland Ende Mai versprechen sich die Besetzer nichts. Gespräch mit Manfred Neugroda und Konstantin Koustas (vom Griechenland Solidaritätskomitee Köln/ GSKK)

Interview: Fabian Linder, 9.5.2023 – junge Welt

Ende April feierten die Vio.me-Beschäftigten mit Tausenden die zehnjährige Selbstverwaltung der ehemaligen Baustoffabrik »Viomichaniki Metalleutiki« in Thessaloniki

Es gab zuletzt eine breite Solikampagne für die selbstverwaltete griechische Fabrik Viome. Was hat es damit auf sich?

Manfred Neugroda: Mit der mittlerweile 26. Zwangsversteigerung im Januar ist das Gelände der Seifenfabrik Viome verkauft worden. Die Versteigerung war diesmal nicht öffentlich, sondern online, weshalb kein direkter Protest möglich war. Ersteigert wurde das Gelände für 9,2 Millionen von einem südafrikanischen Investmentfonds, betrieben von einem Exilgriechen. Daraufhin wurde eine Solidaritätskampagne initiiert. Es war klar, dass man dem Investor das Gelände nicht überlassen, sondern es verteidigen und nach Lösungen für den weiteren Betrieb suchen wird. Es gibt mittlerweile auch Verhandlungen mit dem Investor, die von den Kolleginnen und Kollegen als nicht ganz aussichtslos beschrieben werden. Das hängt auch davon ab, wie die Regelungen für Viome aussehen können.

Was würde eine Schließung bedeuten?

Konstantin Koustas: Seit der Besetzung vor über zehn Jahren arbeiten die meisten nun dort. Es geht um viel mehr als um den Verlust des Arbeitsplatzes. Das Projekt Viome repräsentiert politisch den Kampf einer massiv prekarisierten Gesellschaft in Griechenland.

M. N.: Man muss auf individueller Ebene fairerweise sagen, dass die Besetzung und Rückeroberung der Produktion nur jene durchgehalten haben, die einen Rückhalt in anderer Form hatten. Andere mussten sich aufgrund der niedrigen Löhne, die maximal gezahlt werden konnten, neue Arbeitsplätze suchen, wenn sie sie denn gefunden haben. Dadurch arbeiten heute entsprechend weniger Kollegen in der Fabrik.
Es geht aber nicht nur um die existentielle Seite. Die Kollegen identifizieren sich mit dem politischen Projekt. Ohne Boss, ohne Kapitalisten regeln sie auf demokratische Weise ihre Zusammenarbeit. Das öffnet die Tür für weitere Projekte. Es gab eine Vielzahl weiterer Versuche der Rückeroberung von Betrieben, und es gibt immer wieder neue Ansätze, bei denen auch Kollegen von Viome ihre Erfahrungen zu Verfügung stellen. (…)

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