Griechisches Parlament verabschiedet umstrittenes neues Asylgesetz

Griechenlandzeitung vom 1.11.2019/ Redaktion


Foto (© Eurokinissi) zeigt eine Protestversammlung vor dem griechischen Parlament am Donnerstag (31.10.).

„Ein neues Asylgesetz wurde am Freitagmorgen (1.1.) vom griechischen Parlament mit deutlicher Mehrheit (180 von 300 Stimmen) verabschiedet. Nach einer heftigen Debatte, die am Donnerstag begann, segneten die Abgeordneten der Regierungspartei Nea Dimokratia und der oppositionellen sozialdemokratischen KINAL-Partei die Gesetzesnovelle ab. Zentrale Anliegen der neuen Regelungen sind u. a. eine Beschleunigung der Asylverfahren, eine Steigerung der Rückführungen abgelehnter Asylbewerber sowie eine schärfere Trennung zwischen Flüchtlingen und Migranten. (…)

Nachteile für Geflüchtete

Während der Premierminister überzeugt ist, dass Griechenland nun „endlich ein klares und funktionales Asylrecht“ erhalte und seine Gesetzesinitiative die adäquate Antwort eines demokratischen Rechtsstaates auf diese Problematik sei, sieht ein Großteil der Opposition in dem Gesetz einen populistischen und ineffektiven Versuch, die großen Migrationsfragen auf nationaler Ebene zu lösen. Alexis Tsipras, ehemaliger Premier und Vorsitzender der SYRIZA, warf der Regierung vor, dass sich mit den neuen Maßnahmen die Bedingungen für Geflüchtete noch verschlimmern würden. „Wir sehen schon jetzt Notfälle, in denen Menschen der Zugang zu medizinischer Versorgung verwehrt werden soll“, erklärte Tsipras. Zudem lenke man die Aufmerksamkeit auf die Migration, um hier scheinbar kurzfristige Lösungen anzubieten. Das eigentliche Problem, so der Ex-Premier, liege aber in dem außenpolitischen Verhalten der Türkei und der passiven Haltung Griechenlands.
Der Vorsitzende der kommunistischen KKE Dimitris Koutsoumbas äußerte große Zweifel an den Erfolgsaussichten der neuen Regelungen. Griechenland werde im Falle ihrer Umsetzung mit „vollen Gefängnissen“ konfrontiert sein, „in denen Menschen ohne Papiere und Rechte sitzen“. Koutsoumbas wies darauf hin, dass man in der Praxis viele der abgelehnten Asylbewerber nicht werde abschieben können. Zudem befürchtet er durch die Maßnahmen eine Zunahme fremdenfeindlicher Tendenzen in der Bevölkerung.

Hilfsorganisationen sehen Rückschritt

Auch außerparlamentarisch regte sich Widerstand. Vor der Debatte hatten 15 Organisationen die griechischen Abgeordneten dazu aufgefordert, gegen den neuen Gesetzentwurf zu stimmen. (…)“

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Moderne Zeiten in Griechenland

von Niels Kadritzke | 29. Oktober 2019 (Le Monde diplomatique, Blog Griechenland)

Foto: Wassilis Aswestopoulos

„Seit mehr als 120 Tagen wirkt Kyriakos Mitsotakis als griechischer Ministerpräsident. Auch Ende Oktober kann er sich noch in hohen Popularitätswerten sonnen. Die Medien stehen fast geschlossen hinter ihm und die Opposition braucht er nicht zu fürchten, weil die Syriza noch lange brauchen wird, um ihre Niederlage zu verarbeiten. Die meisten Beobachter in Athen gehen davon aus, dass die Schonfrist, die Mitsotakis von der Bevölkerung gewährt wird, mindestens ein Jahr dauern wird. (…)

Was immer Mitsotakis und seine Minister anpacken, wird vom Chor der Medien als „Modernisierung“, als „Innovation“, als „Aufbruch“ gefeiert.

So gesehen ist der größte Erfolg, den der neue Regierungschef in seinen ersten 100 Tagen verbuchen kann, eine Rekordernte an Vorschusslorbeeren. Dazu haben auch jene internationalen Medien beitragen, die den Mitsotakis-Hype mitmachen, denn die vorauseilende Lobhudelei aus dem Ausland wird von den griechischen Medien aufgegriffen und als internationale Anerkennung des Modernisierers Mitsotakis verkauft.

Aufbruch in die Moderne oder alles beim Alten?

Aufbruch in die Moderne oder Rückkehr zur Normalität? Nach 15 Wochen Mitsotakis-Regierung sind zwar einige technokratische Initiativen auf den Weg gekommen, aber insgesamt dominiert der Eindruck eines „Déjà-vu“. Also alles beim Alten: Vergünstigungen für eine bestimmte Klientel; Personalentscheidungen nach Gutsherrnart; überhastete Gesetze, die gleich wieder korrigiert werden müssen. Und immer wieder gebrochene Versprechen, die wichtige Prinzipien betroffen, auf die der große Modernisierer geschworen hat: vom „Leistungsprinzip“ über die Forderung nach „demokratischer Transparenz“ bis zu den Regeln einer „Guten Gesetzgebung“. (…)“

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Katastrophenkapitalismus

von Tomasz Konicz , Telepolis 31.10.2019

„Marode, labil, krisenanfällig – der Spätkapitalismus ist nicht in der Lage, die kommenden klimatischen Erschütterungen zu bewältigen, die er selbst verursacht. (…)

Griechenland: Sommer 2018

Mindestens 100 Menschen sind im Juli 2018 bei der verheerendsten Feuerkatastrophe ums Leben gekommen, die Griechenland seit einer Dekade heimsuchte. Ganze Ortsviertel wurden ausgebrannt durch einen Feuersturm, der durch starke Winde, eine langanhaltende Dürre und sehr hohe Temperaturen von 40 Grad begünstigt wurde.

Im Jahr zuvor, im Juni 2017, fielen mindestens 60 Menschen einer Brandkatastrophe zum Opfer, die an mehreren Fronten in der dünn besiedelten, zentralportugiesischen Region Pedrogao Grande tobte. Das krisengebeutelte Land durchlitt die mörderischste Feuerkatastrophe seiner Geschichte. Den verheerendsten Brandsturm verzeichnete Portugal zuvor 1966, als 25 Menschen – durchweg Soldaten – bei einem Großfeuer umkamen.

Sowohl Griechenland als auf Portugal sind Opfer der sadistischen deutschen Krisenpolitik in der Eurozone, die vom ehemaligen Finanzminister Wolfgang Schäuble nach Ausbruch der Eurokrise verbrochen wurde (siehe hierzu: Tomasz Konicz, „Aufstieg und Zerfall des Deutschen Europa“, Unrast, 2015). Die rabiate Austeritätspolitik, die Schäuble durchsetzte, hat die Fähigkeit dieser Krisenländer unterminiert, auf solche Extremereignisse zu reagieren.

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Veranstaltung mit Makis Anagnostou von VioMe

John Malamatinas (Referent u. Übersetzer), Makis (Vio.Me), Manfred Neugroda (Moderation)

Etwa 60 Menschen versammelten sich am 18.10. in der Alten Feuerwache, um Aktuelles über VioMe, die rückeroberte Fabrik in Thessaloniki, aus erster Hand zu erfahren. Neben Köln waren Kiel, Celle und München Stationen der Rundreise von Makis Anagnostou. Über die aktuelle Lage in Griechenland, die Politik der Mitsotakis-Regierung und den Widerstand, z.B. in Exarchia, referierte – ebenfalls aus eigener Erfahrung – John Malamatinas, der zugleich die Übersetzung übernahm.

In seinem Eingangsbeitrag betonte Makis, dass die VioMe-Belegschaft zu keiner Zeit auf eine direkte Unterstützung durch irgendeine Regierung gesetzt, sondern immer ihre Unabhängigkeit bewahrt hat. Zeit gewinnen und Widerstand leisten war stets die Devise. Egal, welche Angriffe kamen und noch kommen werden, es gilt die Vereinbarung, den Betrieb niemals freiwillig zu räumen.

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Von Thessaloniki nach Syrien: der Kampf für das Leben und die Freiheit

7000 Menschen nahmen am 2. CoOpenAir Festival teil

Am 11-12-13 Oktober fand auf dem Gelände des rückeroberten Betriebes VioMe das 2. Coopenair Festival zahlreicher Selbsverwaltungsprojekte und Kooperativen statt. Mehr als 7000 Menschen nahmen daran teil. Und sie sandten eine Botschaft der Solidarität an das kurdische Volk senden, das sich der türkischen Invasion in Nordsyrien widersetzt. Von VIOME nach Syrien der Kampf für Erde und Freiheit!

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Willkür gegen Geflüchtete

Nach Feuertod in Moria verschärft Athen das Asylrecht. Mehr als 200 Menschen werden aufs Festland gebracht

Von Efthymis Angeloudis  Junge Welt vom 2.10.2019

Auf der griechischen Insel Lesbos haben am Dienstag rund 500 Geflüchtete gegen die unerträglichen Bedingungen in dem Flüchtlingslager Moria protestiert. Sie forderten ihre sofortige Abreise nach Athen und Transparenz über die Zahl der Menschen, die am Sonntag bei einem Brand im sogenannten Hotspot getötet wurden. (…)

Polizeikräfte errichteten 300 Meter vom Lager Straßensperren mit Polizeibussen um die Demonstration in Richtung der Inselhauptstadt Mytilene zu verhindern. Wie bei den Protesten am Montag, soll laut Angaben der Online Zeitung stonisi.gr der Polizeidirektor der Region Nordägäis, Eleftherios Durundus, anwesend gewesen sein, der mit den Flüchtlingen sprach und sie aufforderte, Geduld zu haben.

»Wir alle wissen, dass die Bedingungen in Moria schwierig sind«, sagte Durundus demnach den versammelten Menschen mit Hilfe eines Übersetzers. »Aus diesem Grund hat die Regierung eures Gastlandes innerhalb eines Monats entschieden, dass die meisten Bewohner des Empfangszentrums Moria in andere Aufnahmestrukturen versetzt werden«. (…) »Mit den neuen Rechtsvorschriften wird der Antragsprozess in drei Monaten abgeschlossen sein.«

Die »neuen Rechtsvorschriften« von denen der Polizeidirektor berichtete, sind jedoch, laut Einschätzung griechischer Tageszeitungen, eine eindeutige Verschärfung des Asylrechts. Wie die Efsyn am Dienstag berichtete, sieht der Gesetzesentwurf vor, dass »bei Migranten, die bei ihrer Aufnahme nicht den Überstellungsentscheidungen der Strukturen nachkommen, davon ausgegangen wird, dass sie keinen Schutz wünschen, und sie dem Rückführungsverfahren verwiesen werden«. Das Asylverfahren werde somit willkürlich mit dem Verhalten der Flüchtlinge gekoppelt. (…)

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Nach Exarchia-Räumung: Freispruch für Fotoreporter

Archivbild des Athener Viertels Exarchia (Dezember 2015). Bild: W. Aswestopoulos

Gericht setzt Schlusspunkt unter ein seltsames Verständnis der Polizei zur Pressefreiheit

„Nicht schuldig“, so lautete das Urteil des Athener Schnellgerichts gegen den Fotoreporter Alexandros Stamatiou. Angeklagt war Stamatiou wegen Hausfriedensbruch und Widerstand gegen die Staatsgewalt. Vor dem Freispruch lagen drei schwer zu ertragende Tage für Stamatiou. Der unter anderen von Al Jazeera zu den besten Fotografen im Jahr 2016 gezählte Stamatiou ist für die regierende, konservative Nea Dimokratia ein unangenehmer Zeitgenosse.

Seine Reportagen zeigen meist die Menschen, die zu den Leidtragenden der Politik von Premierminister Kyriakos Mitsotakis zählen, Flüchtlinge, Migranten und ärmere Griechen.

Ein unbequemer Fotograf

Stamatiou, der auch „Fotograf des Balkans“ genannt wird, wurde im April dieses Jahres auf offener Straße von rechtsradikalen Gewalttätern gejagt und zusammengeschlagen. Sein Gesicht ist in Griechenland bekannt. In den vergangenen Jahren hatte er mit Reportagen über Nord-Mazedonien Gemeinsamkeiten und nicht das Trennende der beiden damals im jahrzehntelangen Namensstreit stehenden Nachbarn Griechenland und Mazedonien, in den sich auch andere Länder mischten, aufgezeigt.

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