„Die öffentliche Meinung sah vor acht Wochen noch ganz anders aus“

In Griechenland gilt: Nach der Wahl ist vor der Neuwahl. Arne Schildberg, Büroleiter der Fridrich-Ebertstiftung in Athen, über den Sieg der Konservativen und den heimlichen Gewinner.

22.5.2023 – IPG/ Die Fragen stellte Nikolaos Gavalakis.

Anhänger der Nea Dimokratia feiern ihren Wahlerfolg

Überraschend hoch hat Kyriakos Mitsotakis mit seiner konservativen Nea Dimokratia (ND) die Wahl in Griechenland für sich entschieden. Welche Faktoren waren ausschlaggebend für den Sieg?

Mehrere Aspekte waren hier entscheidend. Ein wichtiger Faktor für den Sieg von Nea Dimokratia war ihre Fähigkeit, das Agenda-Setting zu bestimmen, unterstützt durch die Dominanz regierungsfreundlicher Medien. Denn die öffentliche Meinung sah vor acht Wochen noch ganz anders aus: „Diese Regierung braucht einen Denkzettel und wird ihn bei den Wahlen bekommen“, lautete damals der Tenor. Nach dem schweren Zusammenprall zweier Züge in Mittelgriechenland mit vielen jungen Opfern war es überall im Land zu Massenprotesten gekommen. Das Zugunglück hatte gezeigt, dass die scheinbaren Erfolge der Konservativen bei der Erneuerung Griechenlands auf tönernen Füßen stehen, und die Regierung schien zunächst die Kontrolle über den öffentlichen Diskurs zu verlieren. In den Umfragen schrumpfte der deutliche Vorsprung der Regierungspartei Nea Dimokratia im April zusehends. Die für April angesetzten Wahlen verschob die Regierung daraufhin auf Ende Mai, in der Hoffnung, die öffentliche Debatte bis dahin wieder zu bestimmen. (…)

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Mitsotakis siegt und will Neuwahlen

Die aktuelle Regierungspartei Nea Dimokratia hat in Griechenland gewonnen. Doch von schnellen Neuwahlen erhofft sie sich noch mehr Plätze im Parlament.

ATHEN afp | Nach dem deutlichen Sieg in Griechenland von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis bei der Parlamentswahl steuert das Land auf Neuwahlen zu. Seine konservative Partei Nea Dimokratia (ND) kam nach Auszählung von 99 Prozent der Wahllokale auf 40,8 Prozent der Stimmen. Für eine absolute Mehrheit reichte es trotz des guten Abschneidens jedoch nicht. Mitsotakis machte deutlich, dass er statt auf eine Regierungskoalition auf Neuwahlen setzt, um allein regieren zu können.

Mitsotakis am Wahltag: „Meine Mitbürger, leider gibt es politische Führer, die von Ihrer Stimme abhängig sind.“

Die Konservativen erlangen bei der Wahl am Sonntag gut 20 Prozentpunkte mehr als die linksgerichtete Syriza-Partei von Alexis Tsipras, die rund 20 Prozent der Stimmen erreichte.

Insgesamt schafften es fünf Parteien ins Parlament – neben den beiden großen Kontrahenten noch die sozialdemokratische Pasok mit 11,5 Prozent, die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) mit 7,2 Prozent und die rechtspopulistische Elliniki Lisi (Griechische Lösung) mit 4,5 Prozent. Die Linkspartei Mera25 von Ex-Finanzminister Giannis Varoufakis und die ultrakonservative Niki scheiterten an der Dreiprozenthürde.

Der deutliche Sieg der ND sei ein „politisches Erdbeben“, hieß es vom Wahlsieger. Der Sieg habe die eigenen Erwartungen übertroffen, sagte Mitsotakis. Sein Lager kam auf 146 der 300 Parlamentssitze, zur Bildung einer Alleinregierung sind fünf weitere Sitze nötig. Es war das beste Ergebnis der Partei seit 2007. (…)

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Griechenland: Wahlsieg der ND entlarvt Bankrott Syrizas und der gesamten offiziellen Linken

Von Robert Stevens, 22.5.2023 – wsws.org

Am Sonntag fanden die griechischen Parlamentswahlen statt. Das vorläufige Wahlergebnis vom Abend (22 Uhr Ortszeit) zeigt einen deutlichen Sieg der rechten Regierungspartei Nea Dimokratia (ND) mit 40,8 Prozent. Die pseudolinke Partei Syriza (Koalition der radikalen Linken) erlitt eine herbe Niederlage und schnitt mit nur 20 Prozent schlechter ab, als in den Umfragen vorhergesagt wurde.

Newpost.gr 24. Mai

Drittstärkste Kraft wurde die sozialdemokratische PASOK mit 11,6 Prozent. Die stalinistische Kommunistische Partei (KKE) erhielt 7,2 Prozent; die Partei MeRA25 (Europäische Front des Realistischen Ungehorsams) des ehemaligen Syriza-Finanzministers Yanis Varoufakis verpasst voraussichtlich den Einzug ins Parlament mit nur 2,6 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag wie schon 2019 auf einem sehr niedrigen Niveau von rund 60 Prozent.

Es wird erwartet, dass eine zweite Wahlrunde in einem Monat stattfindet und erst dann eine endgültige Regierung gebildet wird. Aber schon jetzt ist offensichtlich, dass die Wahl den Bankrott und rechten Charakter des gesamten politischen Establishments in Griechenland entlarvt. Die ND konnte nur gewinnen, weil es keine linke Alternative gab. Die pseudolinke Oppositionspartei Syriza, die eine skrupellose Sparpolitik umgesetzt hat, ist in der Bevölkerung zutiefst verhasst.

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Griechische Parlamentswahl: Wer macht das Rennen?

eurotopics – Der tägliche Blick in Europas Presse, 19.5.2023

Am Sonntag wählen die Griechen ein neues Parlament. Die konservative Regierungspartei Nea Dimokratia von Premier Mitsotakis musste nach dem Zugunglück im März zwar Verluste in den Umfragen hinnehmen, liegt aber nach wie vor vorn. Den zweiten Platz hält der frühere Premier Alexis Tsipras von der linken Syriza.

Jungwähler sind entscheidend

Die jungen Griechen können und sollten die Umfragen widerlegen, hofft die linke „Efimerida ton Syntakton“ (16.5.2023):

„Die 432.000 Erstwähler bis 21 Jahre und die 1,4 Millionen jungen Menschen bis 29 Jahre, die in großer Unsicherheit leben, haben allen Grund, sich Sorgen zu machen. Sie haben vor allem deshalb Grund zur Sorge, weil ihre wichtigsten Anliegen in der Wahldebatte so gut wie nicht vorkamen. Dafür ist größtenteils die scheidende Regierung verantwortlich. … Die jungen Leute sind nach wie vor wütend über das Verbrechen von Tempi. … Neue Wähler, die keinen Festnetzanschluss haben und nicht von den altmodischen Umfragen erfasst werden, können am Sonntag alles ändern.“

Ohne Selbstkritik

Das linke Webportal „Imerodromos“ (16.5.2023) hat für die Auftritte der Vorsitzenden der führenden Parteien, Mitsotakis und Tsipras, nur bitteren Spott übrig:

„Der Chef von Nea Dimokratia vermied es, sich selbst einzuschätzen und zu bewerten, trotz seiner ‚hervorragenden Leistungen‘. Er hatte kein Problem damit, stolz auf seine Regierungsarbeit zu sein. … Gleichzeitig verteidigte er die Entscheidungen der Regierung, die das Volk mit unbarmherzig hohen Preisen, Lohnkürzungen, einer zerrütteten öffentlichen Gesundheitsfürsorge und einem öffentlichen Bildungswesen, das ständig kommerzialisiert und privatisiert wird, konfrontiert hat. Mit einer Demokratie, die Abhören und Spitzel zu ihrem Markenzeichen gemacht hat. Der Vorsitzende von Syriza hat seinerseits alles ‚vergessen‘, als wäre er nicht der Premier des dritten Memorandums.“

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Enges Rennen

Parlamentswahlen: Rechte Regierungspartei und Herausforderin Syriza in Griechenland nahezu gleichauf. Kommunisten stabil

Von Hansgeorg Hermann, Chania, 20.5.2023 – junge Welt

Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, wie eine „Regierung der Versager“ aussehen würde? #Wahlen2023

Die Griechen haben mal wieder die übliche Qual der Wahl: Am Sonntag könnten sie an den Urnen die zunehmend verstörend autoritäre Herrschaft des amtierenden rechten Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis beenden und damit einer der einflussreichsten Oligarchenfamilien des Landes einen gewaltigen Teil ihrer politischen Machtbasis nehmen. Oder sie könnten sich mit ihrer Stimme erneut dem reinen Parteifunktionär Alexis Tsipras und dessen Syriza (Koalition der radikalen Linken) zuwenden, deren Regierung sich in den Jahren 2015 bis 2019 vom Brüsseler Finanzkapital in die Knie zwingen ließ und das Land nahezu widerstandslos in eine beispiellose soziale Katastrophe führte. Letzte Meinungsumfragen sagten zu Beginn der Woche ein enges Rennen zwischen Syriza und Mitsotakis’ zu rechtem Nationalismus neigender Partei Nea Dimokratia (ND) voraus.

Die linke Athener Tageszeitung Efimerida ton Syntakton (Efsyn), die sich in den vergangenen Monaten zunehmend dem Lager des Herausforderers Tsipras zuwandte, frohlockte am Mittwoch über ein Umfrageergebnis des Brüsseler Nachrichtenportals Euractiv. Demnach würden ND und Syriza am Sonntag jeweils mehr als 30 Prozent der Wählerstimmen verbuchen – 33,45 Prozent für ND, 32,92 Prozent für Syriza – und bräuchten demnach beide einen Koalitionspartner für eine Regierungsbildung. Als »Königsmacherin« gilt den Medien des Landes die sozialdemokratische Pasok (Panhellenische sozialistische Bewegung), die laut Euractiv auf 9,2 Prozent der Stimmen kommen könnte. (…)

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So stimmt die Jugend

In Griechenland dürfen nun auch Jugendliche mit 16 Jahren wählen. Sieben Erstwähler*innen haben der taz erzählt, für wen sie stimmen wollen – und warum.

Von Ferry Batzoglou, 18.5.2023 – TAZ

Johanna Merkouri, (links) Georgios Papadopoulos, Irini Mandouka wollen eine Wende in Griechenland. Deswegen gehen sie am kommenden Sonntag zum ersten Mal wählen Foto: Ferry Batzoglou

(…) Laut Ex­per­t*in­nen dürfte für den Wahlausgang am 21. Mai wohl zum einen die Wahlbeteiligung maßgeblich sein. Obendrein sei die Stimmabgabe der Jung­wäh­le­r*in­nen ein entscheidender Faktor.

Der Grund dafür ist, dass insgesamt 438.595 der knapp 10 Millionen wahlberechtigten Grie­ch*in­nen zum ersten Mal wählen können. Davon sind 112.097 Wahlberechtigte im Jahr 2006 geboren und somit erst 16 oder maximal 17 Jahre alt. (…)

Zunächst kommen 4 Jugendliche aus besser gestellten Familien zu Wort, dann noch die drei vom Foto oben, die eine Wende in Griechenland wollen.

Das Schülertrio Johanna Merkouri, Irini Mandouka und Georgios Papadopoulos, unisono Jahrgang 2005, besucht die letzte Schulkasse eines Lyzeums an einer stark befahrenen Ausfallstraße in der Hafenstadt Piräus, wo eher einkommenschwächere Grie­ch*in­nen leben. Alle drei sind gerade 18 Jahre alt geworden, für alle ist es die erste Wahl in ihrem Leben. „Ich gehe wählen. Das muss sein. Sonst verändert man nichts“, beteuert Georgios. Gerade ist er von einem Testspiel seines Fußballteams zum vereinbarten Treffen in seiner Schule geeilt. Er habe gewollt, dass er die Ersatzbank drücke, erzählt er. Er sei Torhüter. Seit einem Monat habe er nicht mehr trainiert. „Keine Zeit, wegen der Schulprüfungen.“ Georgios lacht.

Zeit genommen habe er sich jedoch, um sich vor der Wahl gründlich zu informieren. „Ich will wissen, was ich wähle. Nicht das, was meine Eltern wählen oder mir einreden wollen.“ (…)

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Yanis Varoufakis, die Wahlen und die Krise der Linken in Europa

Der griechische Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis und seine paneuropäische Partei DiEM25

Interview: Ferry Batzoglou, 10.5.2023 – TAZ

Mit dem Referendum vom 5. Juli 2015 lehnte die Mehrheit der Griechinnen und Griechen eine Fortsetzung des durch die Troika (EU, EZB und IWF) auferlegten Spardiktats ab. Dennoch kapitulierte Regierungschef Alexis Tsipras (Syriza) und machte aus dem „Nein“ (OXI) ein „Ja“. Der damalige Finanzminister Yanis Varoufakis folgte ihm nicht. Stattdessen gründete er 2015 die paneuropäische Bewegung „Demokratie in Europa“ (DiEM25).

Um bei Wahlen in den einzelnen EU-Ländern kandidieren zu können, musste DiEM25 lokale Parteien ausgründen, für Griechenland wurde es MeRA25, seit 2019 im griech. Parlament vertreten. Fast zeitgleich finden nun die Wahlen in Griechenland (21. Mai) und im Bundesland Bremen (14. Mai) statt. (…)

Frage: Wie hat sich DiEM25 entwickelt?

Wir haben rund 130.000 Mitglieder. Das ist nicht viel. Es müssten viel mehr sein. Wir sind in der ganzen EU präsent, aber auch darüber hinaus. Wir haben Basisgruppen in Israel, wo Juden und Palästinenser gemeinsam wirken, in Serbien, in der Türkei, in Großbritannien. (…)

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