Korruption in der EU und Einschüchterung europäischer Bürger*innen durch die EZB
Varoufakis erklärt, warum die Vorstellung, Südeuropa sei korrupter als der reichere Norden des Kontinents, ein Mythos ist
Varoufakis erklärt, warum die Vorstellung, Südeuropa sei korrupter als der reichere Norden des Kontinents, ein Mythos ist
Interview: Elisabeth Heinze 23.01.2023 – nd

Die Anklage wegen Spionage gegen Sie und die anderen 23 angeklagten Seenotretter*innen wurde vor anderthalb Wochen in Mytilini, der Hauptstadt der griechischen Insel Lesbos, wegen grober Verfahrensfehler fallengelassen. Wie geht es Ihnen?
Einigermaßen gut. Ich bin froh, nicht im Gefängnis zu sein, aber es hat einen Nachgeschmack: Wir wollen den Prozess. Denn es ist zynisch, im Gefängnis gesessen, vier Jahre lang auf die Verhandlung gewartet zu haben, von der Staatsanwaltschaft als Krimineller behandelt zu werden, und dann lässt genau diese die Anklage fallen. Es fühlt sich so an, als wären die letzten vier Jahre umsonst gewesen.
Interview (…)
Buchvorstellung und Diskussion “Die griechischen Reparationsforderungen gegenüber Deutschland”
WO | Stadtmuseum – Ibach-Saal, Berger Allee 2, 40213 Düsseldorf
WANN | Dienstag, 24. Januar 2023, Einlass: 18.30 Uhr, Beginn: 19.00 Uhr
Auf der Grundlage von griechischem und deutschem Archivmaterial erläutert der griechische Diplomat Aris Radiopoulos die Zerstörung der griechischen Wirtschaft während der deutschen Besatzung und folgt anschließend den verschiedenen Etappen der griechischen Forderungen nach Reparationen.
An die Buchvorstellung schließt ein Dialog mit dem Autor an. Moderiert wird das Gespräch von der Journalistin Dimitra Kyranoudi (Deutsche Welle).
Veranstalter: Deutsch-Griechische Gesellschaft Düsseldorf e.V., in Zusammenarbeit mit dem Länderbüro Athen der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Die griechischen Reparationsforderungen gegenüber Deutschland – Eine Studie von Aris Radiopoulos (Näheres hier)
Von Hansgeorg Hermann, 23.1.2023 – junge Welt

Die griechische Rechtsregierung hat pünktlich zu den kommenden Wahlen ein Geschenk für die Ärmsten: Ab März dieses Jahres soll der Mindestlohn von 713 auf rund 780 Euro angehoben werden. Denn die von den Finanzinstitutionen hart gebeutelten Griechen blicken gerade in eine von Furcht vor Armut und sozialem Abstieg geprägte Zukunft, wie das von den europäischen Institutionen unterhaltene »Eurobarometer« in der vergangenen Woche meldete.
Während der Finanzkrise war die Bevölkerung an der Ägäis von elf auf rund 10,5 Millionen Menschen geschrumpft. Das erklärt sich hauptsächlich mit der Flucht von mehr als einer halben Million junger Menschen, die in ihrer Heimat keine Zukunft mehr sahen. Die EU-Kommission, die EU-Zentralbank sowie der Internationale Währungsfonds (IWF), die sogenannte Troika, hatten die Griechen zu drastischen Kürzungen der Löhne und Renten sowie zum billigen Verkauf ihrer Staatsbetriebe, riesiger Flächen staatlichen Grundbesitzes und existentieller Infrastruktur gezwungen. Der im Vergleich zu anderen europäischen Ländern wie Deutschland ohnehin kärgliche Mindestlohn war seit 2001 zwar von 465 auf 751 Euro im Jahr 2012 gestiegen, 2013 aber – den Forderungen der »Troika« folgend – auf 586 Euro gekürzt worden. Für Lohnabhängige unter 25 Jahren betrug er nur noch 510 Euro. (…)
Verfügbarkeit von Wasser und sanitären Einrichtungen ist ein Menschenrecht. Die Gewerkschaft der Wasserwerker von EYATH teilte am Dienstag, den 27. Dezember, mit, dass das oberste Gericht die den Wasserversorgern eingeräumte Möglichkeit, den Wasserpreis nach eigenem Gutdünken zu gestalten, für ungültig erklärt hat. Der oberste Gerichtshof (Staatsrat) hat die Berufung der EYATH-Beschäftigten angenommen.

Griechenland: Prozess gegen syrische Rettungsschwimmerin Sarah Mardini und 23 weitere Flüchlingshelferinnen und -helfer auf Lesbos hat begonnen
Von Gerrit Hoekman, 11.1.2023 – junge Welt
Die heute 27 Jahre alte Syrerin Sarah Mardini muss sich seit Dienstag wegen angeblicher Spionage, Menschenschmuggels und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vor einem griechischen Gericht verantworten. Die Wettkampfschwimmerin hatte Asylsuchenden, die kurz vor dem Ertrinken waren, geholfen, die Insel Lesbos zu erreichen. Schlimmstenfalls drohen ihr dafür nun 20 Jahre Haft.
Sarah Mardini war 2015 zusammen mit ihrer Schwester Jusra selbst über die Ägäis in einem überfüllten Schlauchboot mit viel Glück nach Lesbos gelangt. Kurz vor der Küste drohte das Boot zu kentern. Die beiden jungen Frauen sprangen ins Wasser und zogen es schwimmend an Land. Sie retteten 18 Schutzsuchenden das Leben. Die Schwestern waren aus der syrischen Hauptstadt Damaskus vor dem Krieg in ihrer Heimat geflohen. Über den Libanon gelangten sie in die Türkei. (…)
Sarah Mardini nahm sich 2018 ein Urlaubssemester und kehrte für die Organisation »Emergency Response Center International« (ERCI) nach Lesbos zurück, um anderen Flüchtlingen zu helfen. Am 21. August 2018 wurde sie von der griechischen Polizei verhaftet. 106 Tage verbrachte sie in U-Haft. Inzwischen ist sie wieder zurück in Deutschland. Sie erschien am Dienstag nicht persönlich vor Gericht. Griechenland verweigert ihr die Einreise, weil sie angeblich eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstelle, berichtete tagesschau.de am Dienstag.
Neben Sarah Mardini sind noch 23 andere Helferinnen und -helfer des ERCI angeklagt, die 2016–2018 vor Lesbos Menschen aus Seenot gerettet haben. Ein Untersuchungsbericht des Europaparlaments vom Juni 2021 bezeichnet den Prozess als »den größten Fall der Kriminalisierung von Flüchtlingssolidarität in Europa«, so tagesschau.de. (…) –> Vollständigen Artikel lesen
WeiterlesenGrundrechtsbeauftragter verteidigt die Präsenz der Grenzagentur in EU-Problemstaaten
Von Matthias Monroy, 05.01.2023 – nd

Frontex solle aus Griechenland abziehen, forderte im vergangenen Sommer ein Zusammenschluss von sieben auf der Insel Samos tätigen Nichtregierungs-organisationen. Die in Warschau ansässige EU-Grenzagentur komme ihrer Verpflichtung, Menschenrechts-verletzungen in Griechenland zu überwachen, nicht nach. Dafür haben die Organisationen mehrfach Beweise vorgelegt. Auch internationale Medien wiesen nach, dass die Küstenwache Menschen auf See aussetzte, nachdem diese bereits auf Samos oder anderen griechischen Inseln angekommen waren. Hundertfach hat außerdem die Türkei entsprechende Videobeweise online gestellt.
Der mögliche Rückzug aus einem Gaststaat ist in Artikel 46 der Frontex-Verordnung geregelt. Einsätze können beendet werden, »wenn die Voraussetzungen für ihre Durchführung nicht mehr gegeben sind«. Die Entscheidung darüber obliegt dem Direktor der Agentur. (…)
Der Grundrechtsbeauftragte bei Frontex hält von einem derartigen Rückzug nichts. Gegenüber »nd« überrascht der aus Schweden stammende Jonas Grimheden mit dem Vorschlag, den Artikel 46 »umzukehren«. Lägen Verstöße im Einsatzgebiet vor, sollte Frontex demnach mehr und nicht weniger Truppen dorthin entsenden.
»In einem solchen Szenario würde die EU mehr Verantwortung für die Praktiken und den Ruf der Außengrenzen übernehmen, die nicht nur nationale Grenzen, sondern auch EU-Grenzen sind«, so Grimheden, der das Amt vor 18 Monaten übernommen hat. Würden Einsätze stattdessen beendet, fehle es an einer »Hebelwirkung«. (…)
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