Festung Europa: Griechenland kriminalisiert Fluchthelfer und verurteilt sie zu hohen Gefängnisstrafen
Von Hansgeorg Hermann, 25.11.2021 – junge Welt
Griechische Gerichte schicken Flüchtlinge für Jahrzehnte hinter Gitter, Polen legalisiert »Pushbacks«, Deutschland will seine Asylgesetze »der Situation anpassen«. Die EU, deren Regierungen und Parlamente bei passender Gelegenheit insbesondere gegenüber Russland und China die Einhaltung nicht näher definierter Menschenrechte reklamieren, schert sich an ihren Außengrenzen wenig um die von ihr von anderen geforderten Standards. Der ultrarechte griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis lässt von seiner Regierung als solche bezeichnete »illegale Migranten« kriminalisieren. Gerichte des Landes haben begonnen, Familienväter ebenso wie junge Menschen, die in Europa Zuflucht vor Krieg und bitterer Armut suchen, für lange Zeit im Gefängnis wegzuschließen.
Ein prominentes Opfer der griechisch-europäischen Abschreckungspolitik ist die junge Syrerin Sarah Mardini. Vor einer Woche, am 17. November, sollte sie eigentlich in Mytilini, der Hauptstadt der Insel Lesbos, als Angeklagte vor einem dreiköpfigen Amtsgericht stehen, mit ihr 23 andere Helfer internationaler und einheimischer Hilfsorganisationen, die sich seit dem Krieg in Syrien um hilfesuchende Menschen aus dem Nahen und Mittleren Osten kümmern. Mardini, die 2015 weltweit als »Heldin« gefeiert wurde, weil sie und ihre jüngere Schwester Yusra ein mit mehreren Familien überladenes, bereits sinkendes Schlauchboot schwimmend an die rettende griechische Küste gezogen hatten, war für die Regierung in Athen allerdings nie mehr als eine der vielen hundert lästigen Ehrenamtlichen, die den ordnungspolitischen Betrieb in der Ägäis – Misshandlung, Inhaftierung und Pushback von Flüchtlingen – stören. (…)