Das Leben danach: Griechische Kollegen nach dem sozialen Bankrott

Die griechische Gesellschaft ist mit aktiver EU-Hilfe in nur drei Jahren aller sozialen

Errungenschaften beraubt und um Jahrzehnte zurückgeworfen worden. Während die dünne
reiche Oberschicht massenhaft Gelder aus dem Land zieht, wird die Masse der Bevölkerung
auf das Lebensniveau eines Entwicklungslandes herabgedrückt. Das wurde sehr drastisch auf
einer Veranstaltung vom Kölner – Solidaritäts -Komitee – Griechenland in enger
Zusammenarbeit mit der IGM- Verwaltungsstelle Köln-Leverkusen deutlich:

 Der Referent, BR-Kollege Matthias Grzegorzic berichtete lebendig von seinen Eindrücken
als Teilnehmer einer Gewerkschafterdelegation, die sich vom 15.09. bis 22.09. 2012 in
Griechenland bei den Kolleg/innen vor Ort über die aktuelle soziale Situation informierte.

Die soziale Verwüstung betrifft alle Bereiche:

Das bürgerliche Vertragsrecht gegenüber den Gewerkschaften: abgeschafft!

So kann nun nach den beschlossenen Reformen der Arbeitgeberverband allegeschlossenen Tarifverträge durch einseitige Willenserklärung einfach für unwirksamerklären. So etwas kannten die Griechen bisher nur unter der Militärdiktatur in den 70erJahren des vergangenen Jhdts. Der Mindestlohn wurde auf 586 Euro reduziert!

Arbeitslosengeld beträgt 322 Euro (für 2 Jahre)

Bei Massenentlassungen war bisher ein vorheriges Gesprächsangebot an die Gewerkschaften
gesetzlich vorgeschrieben:
abgeschafft!

so kommt es im ganzen Land nun zu Massenentlassungen, ohne dass die Gewerkschaften
zuvor überhaupt informiert werden.

Gesundheitssystem: abgeschafft!

     Nachdem die Krankenkassen offiziell im Herbst ihren Bankrott erklärt hatten, sinddringend benötigte Medikamente zur Mangelware geworden.

Der Kollege berichtete, dass sie mit einer entlassenen Oberschwester zur Apothekeeinkaufen gingen und diese ihnen berichtete, dass sie noch vor 2 Jahren niemals geglaubthätte, dass sie mitten in Europa mit gesammelten Spendengeldern Medikamente für todkrankeMenschen besorgen müsste.

Er berichtete auch von einem ehemaligen Berliner Busfahrer, der noch vor zwei Jahren inBerlin ca.2000 Euro verdient hätte und nun die gleiche Arbeit unter schlechterenBedingungen in Athen für 480 Euro verrichtet, wovon er auch noch Steuern abzuführen hätte.

Nachdenklich meinte der Referent, dass sie auf ihrer Reise viele griechischeGewerkschaftskollegen vor Ort kennengelernt hätten, die noch unter Schockwirkung standen.

Die griechischen Kollegen schilderten ihre Lage und wunderten sich selbst darüber, wie innur drei Jahren mitten in Europa derartige Zustände möglich wurden.

. Lohnsenkungen von 30 bis 50 %, die Renten wurden um 15% gesenkt! Jugendliche unter 26
Jahren zu 60% arbeitslos! Eine massive Auswanderungswelle besonders qualifizierter
Menschen hat begonnen und die Suizidrate ist sprunghaft angestiegen
.

Überall beginnen die Menschen nun Netzwerke und Selbsthilfegruppen aufzubauen. Ganze

Krankenhausbelegschaften arbeiten inzwischen trotz Schließungen weiter und sind dringend
auf Spenden der Bevölkerung angewiesen.

Über 40 Betriebe sind mittlerweile aus Notwehr von den Belegschaften in Eigenregieübernommen und arbeiten einfach ohne Bezahlung weiter.

Die deutschen Kollegen wurden immer wieder darum gebeten, zu berichten, was in dem Land
mit Hilfe der EU angerichtet werde. Solidarität sei bitter nötig, wurde immer wieder betont.

In einem zweiten Teil der Veranstaltung zeigte das Griechenland- Solidarität- KomiteeKöln einen kurzen Film über die Metallkollegen des griechischen Viomet Betriebes beiThessaloniki. Seit einigen Monaten hat das Kölner Komitee zu den Kollegen vor OrtKontakte entwickelt und unterstützt die Belegschaft ideell und materiell. Die griechischenKollegen besetzten vor 18 Monaten ihren Betrieb, nachdem die Geschäftsleitung zuvor alleGelder aus dem gut gehenden Werk rausgeholt hatte und es platt machen wollte. In einerSolidaritätskarawane zogen die Kollegen durch Nordgriechenland und machten denSkandal öffentlich.

Sie beschlossen auf einer Vollversammlung nach einigen Monaten die Weiterführung desBetriebes in Eigenregie. Sie erarbeiteten einen eigenen Finanzvorschlag sowie einenkünftigen Produktionsplan, den sie dem Athener Ministerium überreichten. Die Experten desWirtschafts- und Finanzministeriums waren überrascht und bewerteten die Planungen sehrpositiv. Allerdings stellte sich heraus, dass weder in der griechischen noch in der EU-Gesetzgebung ein Betrieb ohne eigene Geschäftsleitung vorgesehen war und daraufhinerarbeiteten die Kollegen mit gewerkschaftlicher Hilfe auch noch einen rechtlichen Rahmen,er auf der argentinischen Gesetzgebung beruht und nun dem Ministerium vorliegt.Seit Monaten reagierte das Ministerium jedoch nicht mehr und die Kollegen habenjetztgezwungenermaßen die Produktion in Eigenregie wieder aufgenommen, da sie nicht mehrvon eingehenden Spenden leben können und vom Hunger bedroht sind.

 Das Kölner Komitee hat eine kleine Broschüre über diese Belegschaft erstellt und vertreibt sie
derzeit zu einem Solidaritätspreis. Die Einnahmen kommen der Belegschaft zugute.Spenden über Solidaritätskonto der
Gewerkschafterdelegation: Manfred Klingele-Pape,

Konto nr. 1211 478 910, Hamburger Sparkasse (BLZ 200 505 50)Verwendungszweck Viomet

 Kontakte zum Griechenland- Solidarität- Komitee Köln über

 manfred.48@ gmx .net
koustas@gmx .net

 

Dieser Beitrag wurde unter VIO.ME abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.