Marodeure am Areopag

Griechenland: Oberstes Gericht setzt Hunderttausende verschuldete Familien auf die Straße

Von Hansgeorg Hermann, 16.2.2023 – junge Welt

700.000 Häuser und Wohnungen zu versteigern! (Proteste gegen Auktion in Thessaloniki)

Griechenlands oberster Gerichtshof, der Areopag, hat mit einem letztinstanzlichen Urteil die soziale Katastrophe im Land verschärft. Die 65 Richter des höchsten Justizorgans entschieden am vergangenen Donnerstag mit 56 gegen neun Stimmen, dass Banken, private Kreditverwalter und Hedgefonds Häuser oder Wohnungen säumiger Schuldner übernehmen und versteigern dürfen. Betroffen sind nach Angaben der griechischen Anwaltskammer mehr als 700.000 Hausbesitzer – auf Familien hochgerechnet wahrscheinlich mehr als eine Million Menschen –, die ihre Kredite in den letzten Jahren nicht mehr bedienen konnten.

Dass Hunderttausende Griechen ihre »Schulden« nicht mehr abzahlen können, ist eine unmittelbare Folge der von Brüssel seit 2010 gegen das Land verhängten finanziellen Zwangsmaßnahmen. Wie zahlreiche renommierte Wirtschaftswissenschaftler – unter ihnen Nobelpreisträger – und zuletzt im Dezember auch das Athener Institut für alternative Politik (ENA) konstatierten, wurde die sogenannte griechische Finanzkrise im Prinzip von den kreditgebenden Geldhäusern selbst ausgelöst. Die in drei »Hilfspaketen« an die Ägäis überwiesenen 275 Milliarden Euro retteten dann in der Hauptsache jene Verursacher der Immobilienblase, die ihren ehemaligen Kunden nun mit Hilfe der Justiz das Dach über dem Kopf wegnehmen. (…)

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