Hetzjagd beendet

Erst nach einem Monat nimmt Athen Dutzende Geflüchtete auf, die am Grenzfluss Evros hin- und hergetrieben wurden

Von Hansgeorg Hermann, Chania, 18.8.22 – junge Welt

Die EU lässt ein fünfjähriges Mädchen auf einer Sandbank im Evros-Fluss zwischen der Türkei und Griechenland sterben. Maria und ihre Familie waren zum 2. Mal auf der griechischen Seite gestrandet. Sie wurden seit drei Wochen immer wieder hin und her gepushed.

Menschenjagd am Evros. Einen Monat lang irrten 39 syrische Kriegsflüchtlinge durch die wilde Uferlandschaft des griechisch-türkischen Grenzflusses, unter ihnen sieben Kinder und eine hochschwangere Frau. Das fünf Jahre alte Mädchen Maria starb, von einem Skorpion gestochen, zu Beginn der vergangenen Woche. Ihre Eltern versuchten, den kleinen Leichnam im kühlen Wasser zu konservieren, bevor ihre Leidensgenossen das tote Kind schließlich auf einer kleinen Insel mitten im Grenzgewässer beerdigten. Dimitra Kalogeropoulou, die Präsidentin des griechischen Roten Kreuzes, sprach am Montag von einem neuen Beweis für »die allseits bekannte Barbarei, die an allen Grenzen Europas stattfindet«. Am Montag zur Mittagszeit schließlich erlaubten die Grenzposten den Flüchtlingen offenbar, auf griechischer Seite an Land zu gehen.

Statt der erbetenen Hilfe eines Arztes und eines Krankenwagens für die blutende Schwangere empfing die Menschen zunächst die Polizei, berichteten Athener Tageszeitungen am Dienstag. Seit Tagen hatten internationale Hilfsorganisationen und das Rote Kreuz die griechische Polizei aufgefordert, den auf der kleinen Insel im Fluss verlorenen Familien einen sicheren Transport an Land zu ermöglichen und ihnen ihr Recht auf einen Asylantrag zu gewähren. Ein Gebot, auf das jüngst auch der Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte noch einmal ausdrücklich hingewiesen hatte. (…)

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