Griechenland: Reeder für Putin

Von Wassilis Aswestopoulos, 20.5.22 – telepolis

Nur ein Schifffahrtsunternehmen will künftig kein russisches Erdöl mehr transportieren. Alle anderen scheren Regierung und EU nicht. Ein Reeder fand wenig schmeichelhafte Worte für Premier Mitsotakis

Öltanker der Suezmax-Klasse der griechischen Reederei Thenamaris, 2017. Bild: kees torn, CC BY-SA 2.0

Reeder aus Griechenland, Zypern und Malta haben mit ihrem Lobbyismus bei ihren Regierungen und in Brüssel bei der EU erreicht, dass es kein Embargo gegen den Transport russischen Erdöls geben wird. Die Regierungschefs von Griechenland und Zypern, Premierminister Kyriakos Mitsotakis und Staatspräsident Nikos Anastasiades haben nach eigenen Angaben gemeinsam im Sinn der Reeder interveniert.

Reeder verdienen bereits an Kriegsfolgen

Gekippt sind offenbar auch die Pläne der Kommission, die Versicherung von europäischen Tankschiffen für den Transport russischen Öls zu unterbinden. Die Reedereien führen an, dass sie auch durch Charter-Verträge gebunden sind und bei einem Embargo in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht seien. (…)

Reeder „scheißen auf Premierminister“

Politisch haben sie große Macht. Als vor einem Jahr herauskam, dass der Reeder Panos Laskaridis in einem Interview gegenüber der European Investigative Collaborationwortwörtlich sagte, dass die griechischen Reeder „den Premierminister nicht brauchen. Sie können auf den Premier scheißen“, gab es keinerlei Konsequenzen von Seiten der Politik.

Laskaridis wurde wenige Tage später von der Kulturministerin Lina Mendoni empfangen und als Kunstmäzen geehrt. (…)

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Schon zuvor hatten die Griechischen Reeder erklärt, die Sanktionen gegen Russland nicht befolgen zu wollen.

Am 13. Mai schrieb Wassilis Aswestopoulos:

„Die Regierung in Athen kann gegen die Unternehmer kaum etwas ausrichten. Und das ist nicht das einzige Problem von Premier Mitsotakis

Die Geschäftspraktiken griechischer Reeder und der Richtungsstreit in der Regierungspartei bestimmen die politische Agenda von Premierminister Kyriakos Mitsotakis. Er steht gleich mehrfach unter Druck.“

Mitsotakis stand zwar vor einem außenpolitischen Erfolg – neues militärisches Beistandsabkommen mit den USA und auf Einladung von Nancy Pelosi als erster griechischer Regierungschef vor dem Kongress zu sprechen (siehe hier) -, jedoch musste er für die einheimischen Reeder in der Frage der Russland-Sanktionen Ausnahmen aushandeln.

„Mehr als die Hälfte des aktuell exportierten russischen Erdöls wird mit Tankschiffen griechischer Reeder verschifft. Die EU hatte beabsichtigt, den Transport russischen Öls mit Schiffen aus EU-Staaten zu unterbinden. (…)“

Unstimmigkeiten hinsichtlich der Russland-Sanktionen gibt es auch innerhalb der Nea Dimokratia:

„Alt-Premier gegen Regierungschef

Beim Parteitag der Nea Dimokratia am vergangenen Wochenende kam für Mitsotakis eine weitere Sorge hinzu. Der Premier hat in der Partei keine Hausmacht. Er versucht die Partei für die Mitte zu öffnen und auch linksliberale Wähler anzusprechen. Gegenüber EU und Nato möchte er Griechenland als stabilen, zuverlässigen Partner präsentieren. 

Eine andere Meinung hat dagegen Antonis Samaras, der bis 2015 Premierminister war. Samaras verlangte beim Parteitag, dass nationale Interessen Griechenlands stärker betont werden müssen. Die Zukunft der Partei sieht er eher im rechtskonservativen Lager

Als Beispiele für negative Folgen der Öffnung konservativer Parteien hin zur politischen Mitte führte Samaras Deutschland, Frankreich und Italien an. 

Der frühere Premier wirft der EU und den USA vor, sie würden gegenüber der Türkei hinsichtlich deren Revisionismus gegen Griechenland eine Appeasement-Politik vertreten, während im Fall der Ukraine sofort zu harten Sanktionen gegriffen worden wäre. 

Samaras warnt davor, Russland zu isolieren. Er sieht darin eine Gefahr auch für den Balkan, wo sich dann Griechenland mit Staaten unter starkem russischem Einfluss auseinandersetzen müsse.“ (Wassilis Aswestopoulos)

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