Auf die Straße gesetzt

Griechische Regierung will von Entlassung bedrohte Lohnabhängige der Nickelhütte Larco aus Werkswohnungen werfen.

Von Hansgeorg Hermann, 8.3.2022 – junge Welt

Die von der EU-Kommission verlangte Privatisierung der Larco wurde von Protesten der Arbeiter begleitet

In Griechenland wird der Arbeitskampf nicht mehr nur um Lohn und Brot geführt. Die rechtsnationale Regierung des Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis wirft nun die von Entlassung bedrohten Beschäftigten der Nickelhütte Larco sogar aus ihren Werkswohnungen. Mehr als tausend Lohnabhängige sollen auf die Straße gesetzt werden, weil der Betrieb angeblich nicht mehr »wirtschaftlich« produziert – soll heissen: nicht genug Gewinn abwirft. Die 800 Einwohner des Dorfes Larymna am Ufer des Golfs von Euböa, einst eine Siedlung armer Fischer, sind praktisch abhängig von der Beschäftigung, die das 1963 gegründete Unternehmen bis heute bietet. In den Werkswohnungen der Hütte leben gegenwärtig 300 Familien, die nun rücksichtslos ausquartiert werden sollen. Am Wochenende hatten die Arbeiter die Verschärfung ihres Protests angekündigt, der bereits seit Jahresbeginn andauert.

Das Unternehmen war im kapitalistischen Sinn bis weit in die achtziger Jahre hinein »profitabel«. Der enorme Energiebedarf und die damit verbundenen hohen Produktionskosten trieben den damals privatwirtschaftlich organisierten Betrieb 1989 in den Konkurs. Der Staat, seinerzeit unter dem sozialdemokratischen Regierungschef An­dreas Papandreou, übernahm 80 Prozent der Anteile der Aktiengesellschaft und sorgte mit einer Rekapitalisierung für die Neugründung der Hütte. Die finanzielle Situation verbesserte der Eingriff nicht. Die Rechnung bezahlten freilich nicht die Aktionäre, sondern die Lohnabhängigen. Die Europäische Kommission verlangte nicht nur den Verkauf und die Reprivatisierung der Larco, sondern flächendeckende Lohnsenkungen von bis zu 50 Prozent, die der rechte Ministerpräsident Antonis Samaras 2013 in den Staatsbetrieben durchsetzte. (…)

Vollständigen Artikel lesen

Veröffentlicht unter Griechenland | Verschlagwortet mit , , , , , , | Kommentare deaktiviert für Auf die Straße gesetzt

Die russische Invasion bedroht die griechische Minderheit in der Ostukraine

Von Kaki Bali, 1.3.2022 – DW

In und um Mariupol leben viele Angehörige der griechischen Minderheit in der Ukraine. Die Stadt wird seit Tagen von russischem Militär angegriffen. Bisher kamen zwölf Griechen ums Leben, Athen protestiert.

Odessa, Mariupol, Sewastopol: Die Namen dieser Städte klingen in griechischen Ohren vertraut, fast heimisch. Die Gegend an der Küste des Schwarzen Meeres spielt schon in der griechischen Mythologie eine große Rolle. Die griechische Revolution 1821 wurde von der „Filiki Eteria“ (Gesellschaft der Freunde) vorbereitet, einer geheimen Organisation, die in Odessa gegründet wurde. Seit Jahrtausenden leben Griechen in diesem Gebiet, noch heute zählt die Minderheit 100.000 bis 150.000 Menschen. Die wenigsten davon leben in Odessa, die meisten in Mariupol und 29 Dörfern in der Umgebung der ostukrainischen Hafenstadt.

In den ersten fünf Tagen der russischen Invasion in der Ukraine wurden im Dorf Sartanas (ukrainisch: Sartana) zwölf Angehörige der griechischen Minderheit getötet. Nach Informationen des griechischen Außenministeriums fielen sie Bombenangriffen der russischen Streitkräfte zum Opfer, was das Ministerium dazu veranlasste, beim russischen Botschafter in Athen einen „starken Protest“ einzulegen.

Vollständigen Artikel lesen

Die Evakuierung griechischer Bürger aus Mariupol hat begonnen und verläuft noch relativ ruhig. Es wird berichtet, dass der griechische Generalkonsul in Mariupol, Manolis Androulakis, in der Stadt bleiben wird, da das Generalkonsulat seine Arbeit fortsetzen wird.

Es ist geplant, dass die Kolonne mit den Evakuierten von Mariupol nach Zaporozhye und von dort bis zur Grenze zu Moldawien fährt. „191 Vertreter der Diaspora, hauptsächlich ältere Menschen und Kinder, werden mit dem Bus nach Kiew und dann mit dem Flugzeug auf die Insel Rhodos gebracht“, sagte R.A. im griechischen Außenministerium.“ (Athen Nachrichten, 2.3.2022)

Veröffentlicht unter Griechenland | Verschlagwortet mit , , , | Kommentare deaktiviert für Die russische Invasion bedroht die griechische Minderheit in der Ostukraine

Russland gegen Ukraine: Von wegen erster Krieg in Europa seit 1945

Von Wassilis Aswestopoulos, 1.3.2022 – Telepolis

Blick auf Kriegsgeschehen in Osteuropa entlarvt Tunnelblick auf gemeinsame Geschichte. Menschen aus Ex-Jugoslawien wissen das, Griechen auch.

Wladimir Putin 2016 mit Kirchenleuten, Ex-Präsidenten Pavlopoulos und Ex-Außenminister Kotzias auf einer Feier zur tausendjährigen russischen Präsenz in der Mönchsrepublik Athos. Bild: W. Aswestopoulos

Der „erste Krieg“ in Europa seit 1945, der im Bewusstsein vieler Griechen mitnichten der erste Krieg auf unserem Kontinent ist, hat bereits griechische Opfer gefordert. Zehn Todesopfer der griechischen Minderheit, die seit Jahrhunderten in der Region präsent ist, wurden am Samstag gemeldet.

Auf einem Nebenschauplatz des russischen Angriffskriegs in der Ukraine gibt es diplomatischen Streit zwischen Griechenland und der Türkei. Historische und religiöse Beziehungen erleichtern die Situation nicht. Premierminister Kyriakos Mitsotakis jedenfalls befürwortet die schnelle Aufnahme der Ukraine in die EU.

Wie denken die Griechen über den Krieg?

Das Institut Kapa Research hat ermittelt, dass 47 Prozent der Griechen dafür sind, dass sich Griechenland in die Koalition der westlichen Staaten einreiht. Dagegen möchten 42 Prozent lieber eine vollkommen neutrale Haltung sehen. Die Umfrage ergab zudem, dass die Griechen von der Entwicklung überrascht wurden und sich vor einer starken Rezession sowie einem neuen Kalten Krieg fürchten. 83 Prozent der Griechen sind wegen des Krieges besorgt um ihre Zukunft.

Russlands Ansehen im Land hat gelitten. In den ersten beiden Jahrzehnten des Jahrtausends lag die Zustimmung für Russland in Bereichen zwischen 40 und 50 Prozent. Heute sind es wegen der Invasion nur noch 20 Prozent. Das Ansehen des russischen Präsidenten Wladimir Putin sank auf ein Rekordtief von 19 Prozent positiver Meinung. 75 Prozent sehen ihn kritisch. (…)

Vollständigen Artikel lesen

Veröffentlicht unter Griechenland | Verschlagwortet mit , , , , , | Kommentare deaktiviert für Russland gegen Ukraine: Von wegen erster Krieg in Europa seit 1945

Vortrag: „Deutsche Besatzung, Zwangsarbeit und Holocaust in Griechenland 1941-1944“

(Aufzeichnung des Online-Vortrags vom 24.2.22)

Geschichte und Folgen der Besetzung Griechenlands durch deutsche Truppen im Zweiten Weltkrieg sind in Deutschland immer noch kaum bekannt.

Dr. Iason Chandrinos (Historiker, Universität Regensburg) gibt einen Überblick über die Umstände der Besatzungsherrschaft, die u.a. zu einer Hungersnot mit rund hunderttausend Toten führte. Er schildert die von den Deutschen angeordnete Zwangsarbeit sowie den Holocaust an der jüdischen Bevölkerung aus Saloniki, Athen und weiteren griechischen Regionen. Chandrinos wird dabei besonders auf die Zwangsarbeit eingehen, der die Juden Salonikis unterworfen wurden. Thomas Schleissing-Niggemann liest aus den Erinnerungsberichten zweier Überlebender aus Saloniki: Shaul Chazan und Josef Sackar.

Begrüßung: Dr. Christine Glauning, Leiterin des Dokumentationszentrums NS-Zwangsarbeit
Moderation: Dr. Ulrich Baumann, Stiftung für die ermordeten Juden Europas

DOKUMENTATIONSZENTRUM NS-ZWANGSARBEIT
Britzer Str. 5 I 12439 Berlin I http://www.ns-zwangsarbeit.de
Das Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit ist eine Abteilung der Stiftung Topographie des Terrors | http://www.topographie.de

Veröffentlicht unter Deutsche Besatzung, Griechenland | Verschlagwortet mit , , , , | Kommentare deaktiviert für Vortrag: „Deutsche Besatzung, Zwangsarbeit und Holocaust in Griechenland 1941-1944“

Wut auf Regierung

Bewohner der griechischen Ägäisinseln protestieren gegen Flüchtlingspolitik Athens. Kritik an Lagerunterbringung.

Von Hansgeorg Hermann, Chania, 25.2.2022 – junge Welt

Den Bewohnern der Ägäisinseln Lesbos, Samos und Chios reicht es. Tausende haben am Mittwoch erneut gegen die Migrations- und Asylpolitik der rechten Regierung des Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis protestiert. Sie zogen vor die Rathäuser und ließen auf ihren mitgeführten Transparenten wissen: »Weder unter freiem Himmel noch sonst irgendwo – unsere Inseln sind keine Konzentrationslager.« Der Zorn gegen die eigene Regierung, aber auch gegen die von der Europäischen Union mit immer mehr Gewalt an den Grenzen durchgesetzte Abschottung gegen Kriegsflüchtlinge aus dem Nahen und Mittleren Osten, ist in den vergangenen Monaten noch einmal gewachsen. Die Inselgriechen beobachten zunehmend entsetzt, wie Brüssel und Athen ihre Territorien immer mehr als Verfügungsräume für den Bau neuer, gefängnisähnlicher Camps beanspruchen.

Auf Chios zogen die Demonstranten vor das Parteibüro des griechischen Ministers für Migration und Asyl, Panagiotis Mitarakis. Der rechtskonservative Politiker, Parlamentsabgeordneter der Regierungspartei Nea Dimokratia (ND), spielt in der Flüchtlingspolitik der Regierung den Mann fürs Grobe. Warnrufe internationaler und lokaler Hilfsorganisationen, die seit Jahren die zunehmende militärische und polizeiliche Gewalt an den griechisch-türkischen Grenzen beklagen und dokumentieren, blieben bis heute weitgehend unerhört. Vielmehr lässt Mitarakis gegenwärtig auf seiner Internetseite wissen, dass die Regierung »ihre strenge, aber gerechte Migrationspolitik fortsetzen« werde.

vollständigen Artikel lesen

Veröffentlicht unter Flüchtlinge | Verschlagwortet mit , , , , , | Kommentare deaktiviert für Wut auf Regierung

Rettet das Wasser von Athen

von Yiorgos Archontopoulos*, 17 Februar 2022

„Wir sind heute aufgerufen, die Zukunft zu gestalten. Eine Zukunft ohne Superfonds für unsere Kinder und unser Wasser“.

Siegreiches Referendum gegen Wasserprivatisierung in Thessaloniki (2014) – Mitte (links) Yiorgos Archontopoulos

Damit endete unser Aufruf zur Teilnahme an der Sammelklage unserer Gewerkschaft gegen den Superfonds im November 2016. Einen Monat nachdem das Parlament die Schaffung des HCAP (Hellenic Corporations of Assets and Participations S.A. – für Privatsierungsszwecke bestimmt) gebilligt hatte, der ab Januar 2018 für 100 Jahre gelten sollte. Heute, vier Jahre später, gehört der Superfonds für EYATH-EYDAP, das sind die Wassergesellschaften in Thessaloniki und Athen, der Vergangenheit an.

Der Staatsrat (Oberstes Verwaltungs- und Verfassungsgericht der Republik Griechenland) hat in seinen Beschlüssen 191/2022 und 190/2022 mit überwältigender Mehrheit (nur ein Berater war anderer Meinung) entschieden, dass die Übertragung von EYATH-EYDAP auf den Superfonds verfassungswidrig ist, weil dadurch die öffentliche Kontrolle über die Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsunternehmen, deren Aufgaben zum harten Kern des Staates gehören, verloren gehen. So schreibt der Staatsratnicht nur eine staatliche Aufsicht vor, sondern verlangt auch, dass die Mehrheit der Anteile an den Wasserversorgungsunternehmen dem Staat gehört und dass der Staat die Leitung dieser Unternehmen bestimmt.

Weiterlesen
Veröffentlicht unter Privatisierung | Verschlagwortet mit , , , , , | Kommentare deaktiviert für Rettet das Wasser von Athen

Großkundgebung der LARCO-Arbeiter gegen 1200 Entlassungen

Die Beschäftigten von LARCO hielten am 13. Februar, vor den Toren des Werks in Larymna eine große Kundgebung ab, an der mehr als 300 (Betriebs-)Gewerkschaften teilnahmen und sich solidarisch zeigten. Sie verurteilten die Pläne der Regierung, 1200 Beschäftigte zu entlassen und 1000 Familien aus ihren Häusern zu vertreiben, die im Werk ansässig sind.

Die griechischen Regierungen haben den Zustand des LARCO-Werks, eines der fünf größten Nickelproduzenten der Welt, jahrelang untergraben, um das Werk ohne die Arbeitnehmer und ihre Rechte privatisieren zu können.

Neben den Arbeitern waren auch deren Familien und Kinder sowie die örtlichen Gemeinden massiv vertreten.

PAME Gewerkschaftsfront erklärt:

Weiterlesen
Veröffentlicht unter Griechenland | Verschlagwortet mit , , , , | Kommentare deaktiviert für Großkundgebung der LARCO-Arbeiter gegen 1200 Entlassungen