Selbstverwaltung international: Euromed „Workers Economy“ Meeting (28. – 30.10.16 in Thessaloniki)

Drei Mitglieder des Kölner Griechenland Solidaritätskomitees nahmen am zweiten Treffen der Euromediterranean „Workers‘ Economy“ in der besetzten und selbstverwalteten Fabrik VIO.ME in Thessaloniki teil. Bei dieser Gelegenheit zeigten uns die Kollegen von VIO.ME den mit Spendengeldern u. a. aus Köln angeschafften Renault-Transporter und nannten ihren Plan, einen weiteren Transporter von FORD anzuschaffen, als Anerkennung des Spendenanteils der FORD-Kollegen aus Köln. (Fotos und Bericht)

DSC06003Das erste Euromediterranean „Workers Economy“ Meeting fand 2014 in der damals noch besetzten, jetzt den Arbeitern übergebenen Teefabrik SCOP-TI (früher Fralib) in der Nähe von Marseille statt.Ging es damals um die ersten Kontakte und Informationen über die beteiligten Projekte, konnte bei diesem 2. Treffen in Thessaloniki eine breitere Information, Unterstützung und Zusammenarbeit besprochen werden. So gehörten zu den vertretenen Betrieben, Projekten und Initiativen neben den SCOP-TI-Kollegen, den italienischen Vertretern von officine zero aus Rom und Rimaflow aus Mailand, den VIO.ME-Kollegen aus Thessaloniki und spanischen Vertretern der CNT und Solidaridad Obrera weiterhin neue Vertreter von DITA aus Tuzla in Bosnien, von Jugoremedja aus Zrenjanin in Serbien, ITAS-Prvomajska aus Ivanec in Kroatien, Kazova aus Istanbul in der Türkei und der Social Cooperativa „Margin“ aus Polen.

DSC05938Die Information über die Projekte, der Erfahrungsaustausch und die Möglichkeiten der Zusammenarbeit machten einen Hauptteil des Kongresses aus. Dabei kam deutlich zum Ausdruck, dass jeder Betrieb, jedes Projekt eine singuläre Situation hat: SCOP-TI z.B. arbeitet im Besitz der Arbeiter und muss sich auf den Vertrieb seiner Produkte konzentrieren. VIO.ME dagegen kämpft immmer noch um die Legalisierung des Projektes und gegen die Zwangsversteigerung des Geländes. Gemeinsam ist ihnen allen ihre antikapitalistische Arbeiterselbstverwaltung und Arbeiterdemokratie im Betrieb.

DSC05990Darüber hinaus wurde sowohl im Plenum als auch in kleineren Panels eine allgemeine Diskussion geführt: z.B. wurde berichtet über die Geschichte der Betriebsbesetzungen und der Arbeiterselbstverwaltung in Europa, insbesondere in Italien, Kroatien, Spanien, Türkei und Großbritannien; es gab aber auch theoretische Diskussionen über die Bedeutung der Arbeiterselbstverwaltung im Verhältnis zur traditionellen genossenschaftlichen Bewegung und als treibender Kraft einer sozialen Umwandlung über den Kapitalismus hinaus. Ebenso wurde über die Vielfalt der Unterstützungsformen für besetzte und selbstverwaltete Betriebe informiert. (Programm und Infos auf der Webseite: euromedworkerseconomy.net).

DSC05921Was VIO.ME betrifft, so war die Vielfalt und Größe der Unterstützerszene während der Tagung unmittelbar spürbar. Ca. 300 Teilnehmer*innen mussten über drei Tage mit Essen und Getränken versorgt, Technik musste bereitgestellt und funktionstüchtig gehalten werden. Angesichts der internationalen Zusammensetzung war ein großer Dolmetscherstab zu organisieren, der alles in die Konferenzsprachen Griechisch, Englisch und DSC05992Spanisch übersetzte. Außerdem gab es musikalische Darbietungen, die Vorführung eines Dokumentarfilms über VIO.ME, Stände mit regionalen Produkten und vieles mehr.

In der Abschlussdiskussion über die zukünftige weitere Zusammenarbeit der Betriebe und Projekte fand ein Vorschlag, eine europäische Kommission DSC05972aus Vertretern dauerhaft einzurichten, keine Mehrheit. Sicher aber wird der Kontakt zwischen den einzelnen Betrieben und Projekten intensiviert und publik gemacht.

Für uns deutsche Teilnehmer*innen war es ein  lehrreicher Kongress, denn offensichtlich ist die Bedeutung der Arbeiterselbstverwaltung bei uns nur wenig beachtet, auch wegen nur kurzzeitig DSC05963existierender Betriebe dieser Art (z.B. streikbike). Betriebsbesetzungen in der Vergangenheit sind bis auf wenige Ausnahmen eher kurzzeitige Kampfmittel als langfristige Übernahmeprojekte gewesen; die derzeitigen Beispiele sind eher Landkommunen oder Genossenschaftsprojekte ohne politische Ausstrahlung. Anders die Betriebe z.B. in Frankreich, Italien, Spanien oder Griechenland. Sie sind Bestandteil der linken Bewegung und erhalten breite Unterstützung.

Dies ist umso mehr ein Grund für uns, weiter über die Kollegen von VIO.ME zu berichten und sie zu unterstützen.

Wegen des Streiks der Flug*innen trafen wir verspätet in Thessaloniki ein und konnten erst ab Freitagabend an der Tagung teilnehmen. Einen Bericht über diesen Tag, veröffentlicht vom Lower Class Magazine, geben wir im Anschluss wieder.

Manfred, Monika, Mostafa

Eindrücke

Veröffentlicht unter Griechenland, VIO.ME | Verschlagwortet mit , , | Kommentare deaktiviert für Selbstverwaltung international: Euromed „Workers Economy“ Meeting (28. – 30.10.16 in Thessaloniki)

Weitere Berichte über den Workers Economy Kongress

Selbstverwaltung und Würde

Bericht lowerclassmag vom 29. 10. 16

Vom 28. bis 30. Oktober findet in den Fabrikhallen von Vio.Me in Thessaloniki der 2. Euromediterranean „Workers Economy“ Kongress statt. Vio.Me war im Jahr 2013 besetzt worden, nachdem der Besitzer monatelang die Arbeiter_innen nicht bezahlt hatte. Nun produziert der ehemalige Baustoffbetrieb in Selbstverwaltung ökologische Reinigungsmittel und beteiligt sich an den vielfältigen sozialen Protesten in der Stadt. Ein passender Ort also, um selbstverwaltete Betriebe und politische Kollektive aus über 16 Ländern willkommen zu heißen. Dutzende Initiativen stellen hier ihre Organisierungskonzepte und Erfahrungen vor und nutzen den Raum der Konferenz zum Austausch und zur internationalen Vernetzung. Neben einer Vielzahl europäischer Kollektive geben auch mehrere Betriebe aus Südamerika einen Überblick über ihre Aktivitäten.

Vollständiger Bericht/ Fotos

Mehr als eine Nische

Bericht lowerclassmag vom 2. 11. 16

Kongressbericht: Arbeiter*innen selbstverwalteter Betriebe diskutieren in Thessaloniki.

Am zweiten Tag der Euromediterranean „Workers Economy“ Konferenz fanden sich mit über 250 Besucher_innen deutlich mehr Leute als am Vortag in der Haupthalle des selbstverwalteten Betriebs Vio.Me ein. Im Unterschied zum ersten Tag wurden verschiedene Fragen der Selbstverwaltung konkreter diskutiert. So erläuterten Vertreter_innen des Sozialen Zentrums „Micropolis“ aus Thessaloniki, welche Schwierigkeiten sich beim Aufbau einer sozialen, auf Solidarität beruhenden, Ökonomie auftun. Hier wurde deutlich, welche Zusammenhänge und Ähnlichkeiten zwischen einer selbstverwalteten Kooperative und der Organisierung sozialer Bewegungen bestehen. Dazu werden wir in den nächsten Tagen noch einmal ausführlicher berichten.

Vollständiger Bericht/ Fotos

Veröffentlicht unter Griechenland, VIO.ME | Verschlagwortet mit , , | Kommentare deaktiviert für Weitere Berichte über den Workers Economy Kongress

Thatcher war harmlos dagegen

Von Carolin Philipp

Die Journalistin und Filmemacherin Eurydike Bersi über die Privatisierungspolitik in Griechenland

Wie beurteilen Sie die Privatisierungspolitik in Griechenland im Vergleich mit neoliberalen Maßnahmen in anderen Ländern?
Angesichts der großen Anzahl von Zwangsprivatisierungen zu niedrigsten Preisen im Eiltempo würde ich sagen, Thatcher war harmlos dagegen. EU-Kommissionspräsident Junker hat offen gesagt, dass die deutsche Treuhand das Modell für die Veräußerung und Liquidierung griechischer Vermögenswerte ist.

Glauben Sie, dass es Bereiche gibt, in denen die griechische Regierung unabhängig agieren kann?
Ich glaube nicht, dass bei Privatisierungen viel Handlungsspielraum besteht. Insgesamt werden die öffentlichen Vermögenswerte Griechenlands der demokratischen Kontrolle entzogen und von den Gläubigern und Investoren kontrolliert.

Vollständiger Artikel

(c) Neues Deutschland (19. 11. 2016)
Veröffentlicht unter EU-Politik, Griechenland | Verschlagwortet mit , , , , , , | Kommentare deaktiviert für Thatcher war harmlos dagegen

Arbeiterbetrieb vio.me wehrt sich gegen Versteigerung

Von Ulrike Kumpe

Mitabeiter Dimitris Koutamatiolis im Gespräch über die Zukunftsaussichten und anstehenden Kämpfe der selbstverwalteten Fabrik

Die Fabrik vio.me wird seit 2011 von den Mitarbeitern in Thessaloniki selbstverwaltet betrieben. Was hat sich an der Produktion verändert?
Die Produktion ist jetzt viel größer geworden. Zu dieser Entwicklung hat der Online-Shop beigetragen. Alle 22 Arbeiter können jetzt hier arbeiten und es gibt einige externe Mitarbeiter. Diese sind aber nicht Mitglieder des Kollektivs. Sie liefern mit dem Fahrrad vio.me Produkte aus. Zu dieser Vergrößerung der Produktion hat außerdem die Ausweitung unseres Netzwerkes beigetragen. Dazu gehört auch die Unterstützung aus dem Ausland, wie Deutschland sowie das Solidaritätsnetzwerk in Griechenland. Außerdem produzieren wir jetzt wieder Kleber und einen organischen Putz.

Vollständiger Artikel

(c) Neues Deutschland (16. 11. 2016)
Veröffentlicht unter Griechenland, Selbstverwaltung, VIO.ME | Verschlagwortet mit , , , | Kommentare deaktiviert für Arbeiterbetrieb vio.me wehrt sich gegen Versteigerung

Erfolgreiche Spendenaktion: Die VIO.ME-Kollegen danken!

DSC05934_ausDankschreiben

Von: SE VIOME <info@viomecoop.com>
Datum: 22.09.2016 08:58:09

Wir möchten dem Griechenland-Solidaritäts-Komitee in Köln für seine aufrichtigen
Bemühungen bei der Spendensammlung für einen Transporter herzlich danken. Damit ist sowohl die Verteilung unserer Produkte als auch die Beförderung unserer Kollegen gesichert.
Mit wertschätzenden, kollegialen und solidarischen Grüßen
Die Arbeiter von VIO.ME

DSC05932

Ευχαριστήριο μήνυμα

Προς: viomesynergatiki@yahoo.gr <viomesynergatiki@yahoo.gr>
Θα θέλαμε να ευχαριστήσουμε πολύ την επιτροπή αλληλεγγύης της Κολωνίας για την φιλότιμη προσπάθεια που έδειξαν, στην προσπάθεια μας να μαζέψουμε χρήματα, για να αποκτήσουμε ένα φορτηγάκι . Με σκοπό την εξασφάλιση των μεταφορών των προϊόντων αλλά και των εργαζομένων .
Με πολύ εκτίμηση και αλληλεγγύη οι εργαζόμενοι στην ΒΙΟ.ΜΕ.

Thessaloniki 20016 015-1

Ende Oktober, anlässlich eines internationalen Meetings selbstverwalteter Betriebe und Projekte auf dem Gelände von VIO.ME, haben wir die Kollegen getroffen und den Transporter im Einsatz erlebt.
(Ein Bericht über das Meeting folgt in Kürze.)

Das GSKK dankt allen Spenderinnen und Spendern, die diesen Erfolg möglich gemacht haben.

Veröffentlicht unter Griechenland, Griechenlandsolidarität, VIO.ME | Verschlagwortet mit , , | Kommentare deaktiviert für Erfolgreiche Spendenaktion: Die VIO.ME-Kollegen danken!

„Expertengewalt“ : Bericht aus dem Soziallabor Griechenland

Der folgende Beitrag wurde uns freundlicherweise von Mitstreitern aus Oldenburg zur Verfügung gestellt.   http://www.also-zentrum.de/was-ist-die-quer.html

Griechische Sozialklinik: Konkrete Solidarität und Selbsthilfe

70 Prozent der Griech_innen glaubten im Juni nicht, dass sie ihre Steuern bezahlen können – kurz nachdem das griechische Parlament auf Verlangen der Troika weitere Steuererhöhungen beschlossen hatte (1) . Die Mehrheit der Deutschen nimmt die Notlage der griechischen Bevölkerung nicht als eine von Bundesregierung, EU und IWF verursachte Katastrophe wahr. Sie ist gegen Transferzahlungen und billigt die deutsche Regierungspolitik gegenüber Griechenland. (2) Diese Ausgangslage und die sich kontinuierlich verschärfende Not vieler Griech_innen war Motivation für einige Oldenburger_innen, einen Verein zur Unterstützung der Sozialklinik Kalamata(3) zu gründen. Und um Sach- sowie Geldspenden für dieses Ambulatorium (siehe Anhang) zu sammeln. (4)

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Armut, EU-Politik, Flüchtlinge, Griechenland, Griechenlandsolidarität, Kooperativen, Selbstverwaltung | Verschlagwortet mit , , | Kommentare deaktiviert für „Expertengewalt“ : Bericht aus dem Soziallabor Griechenland

Klatsche für »Institutionen«

Internationale Expertengruppe fordert Wiederherstellung der Tarifautonomie und Ende der Mindestlohnkürzung für Jugendliche in Griechenland

Von Daniel Behruzi
 

Mit Expertengruppen ist es so eine Sache. Allzuoft dienen sie dazu, reaktionäre Politik zu legitimieren oder progressive Maßnahmen auf die lange Bank zu schieben. Ganz anders verhält es sich mit einer Gruppe von Fachleuten, die im Auftrag der griechischen Regierung und der Europäischen Kommission die Arbeitsmarktinstitutionen in Hellas unter die Lupe genommen hat. Ihr kürzlich veröffentlichter Abschlussbericht ist eine herbe Klatsche für die frühere »Troika«, also die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank (EZB) und den Internationalen Währungsfonds (IWF), die seit Anfang 2015 als »die Institutionen« bezeichnet werden.

Die Empfehlungen der acht Experten – vier benannt von der »Troika«, vier von der griechischen Regierung, darunter der Jurist Wolfgang Däubler und der Soziologe Gerhard Bosch aus Deutschland – werden zwar eher in einem »sozialpartnerschaftlichen« Duktus vorgetragen. Dennoch haben sie es in sich. So fordern die Autoren mehrheitlich, dass ab 2012 beschlossene Einschränkungen der Tarifautonomie rückgängig gemacht werden.

Vollständiger Artikel

(c) Junge Welt 2016  (17. 10. 2016)
Veröffentlicht unter EU-Politik, Griechenland | Verschlagwortet mit , , , | Kommentare deaktiviert für Klatsche für »Institutionen«