Misswirtschaft à la Mitsotakis

Griechenlands Ministerpräsident plant Straßenbaugroßprojekte. Korruption wird Tür und Tor geöffnet. Beschäftigte prekär bezahlt

Von Hansgeorg Hermann, 10.7.2021 – junge Welt

Für die Griechen ist »Misa« ein Begriff, der einen großen Teil der gesellschaftlichen Probleme ihres Landes in einem einzigen Wort zusammenfasst. »Misa« steht für »Schmiergeld«, seine politische Dimension ist enorm. Die gigantischen Straßenbauprojekte, die Premierminister Kyriakos Mitsotakis im Frühjahr in Athen der Öffentlichkeit vorstellte und um die seither in den Niederungen der Kommunalpolitik leidenschaftlich gestritten wird, dürften – in alter Tradition – die Tore für Korruption und Vetternwirtschaft weit öffnen. Begleitet wird der enorme Schub für den Autobahnbau von der Aufweichung verschiedener Gesetze zum Schutz der griechischen Wälder, die Mitsotakis’ Parlamentsmehrheit bereits beschlossen hat. Die Privatisierung öffentlichen Landes, beispielsweise für das kanadische Bergbaukartell »Eldorado« auf der Halbinsel Chalchidiki, sind für Ökologen und die betroffenen Dörfer zusätzliche Katastrophenszenarien.

Griechenlands größter Insel Kreta – dem »Kontinent«, wie ihre Bewohner die 300 Kilometer lange Landmasse im tiefen Süden der Ägäis nennen – droht im kommenden Jahr der Bau einer Trasse, die mitten durch eine Jahrhunderte alte Kulturlandschaft an der Nordküste geschlagen werden soll. Das Projekt nennt sich BOAK (»Nördliche Autobahnachse Kreta«) und soll den Westen mit der Provinzhauptstadt Chanià und den Osten mit der Inselhauptstadt Heraklion sowie den kleineren Städten Agios Nikolaos und Sitia verbinden. Der Startschuss soll bereits im kommenden Jahr fallen, die Kosten in Höhe von derzeit geschätzten zwei Milliarden Euro sind nach Angaben der Regierung bereits gedeckt. Ähnliche Projekte sollen auf der Peleponnes die Wildnis aus Wald und Felsmassiven durchschneiden. (…) –> weiterlesen

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Impfen gegen die Pleite

Wassilis Aswestopoulos, 11.7.2021 – telepolis

Der Tourismus und andere Wirtschaftsbereiche sollen nicht völlig zum Erliegen kommen. Daraus ergibt sich in Griechenland ein verworrenes, schwer umsetzbares Regelwerk. Foto: Wassilis Aswestopoulos

Prämien, Predigten und Influencer sollen die Impfbereitschaft in Hellas steigern, da ein weiterer Lockdown als unfinanzierbar gilt. Für Ungeimpfte wird es eng

Der erneute Anstieg der Infektionszahlen in Griechenland hat die Pläne der Regierung für eine Impfpflicht beschleunigt. Sie soll für einige Berufe bereits ab kommender Woche gelten. Darüber hinaus wird der Alltag von Ungeimpften immer weiter eingeschränkt. Mitten in der Tourismussaison steigt die Covid-19-Infektionsrate vor allem wegen der Delta-Mutation stark an. Einen erneuten Lockdown für die vierte Welle schließt die Regierung aus. Es fehlt schlicht an Geld in den Staatskassen, um einen weiteren Lockdown zu finanzieren.

Junge Erwachsene bis zum Alter von 25 Jahren ködert der Staat mit Gutscheinen über 150 Euro, wenn sie sich impfen lassen. Ein Aluminium verarbeitendes Unternehmen bietet Angestellten, die sich impfen lassen, 500 Euro Prämie. Die Regierung bittet zudem die Kirche und lokale sowie landesweit bekannte Influencer um Hilfe. (…) –> weiterlesen

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Griechische Steuerzahler „retten“ Fraport

Fraport machte mit dem Betrieb der 14 Regionalflughäfen in Griechenland im Coronajahr 2020 nicht einmal Verluste, sondern „verzeichnete gemäß den Buchprüfern von Pricewaterhouse-Coopers für das Jahr 2020 mit dem Betrieb der Regionalflughäfen einen Bruttogewinn von gut 6,64 Millionen Euro vor Steuern. Gemäß einer Studie, die im Auftrag der griechischen Treuhand durchgeführt wurde, hätte Fraport ohne die Pandemie einen Gewinn von gut 187 Millionen Euro erwirtschaftet.“ (Quelle) Flugs brachte die Mitsotakis-Regierung ein Entschädigungsgesetz auf den Weg.

Damit steht das deutsche Staatsunternehmen in Griechenland hinsichtlich der Entschädigungen erheblich besser da, als manche Unternehmen in Deutschland. Denn diese können gegenüber dem Staat gemeinhin lediglich auf Kompensation ihrer Verluste, nicht aber auf Erstattung der ihnen gemäß ihrer Planung entgangenen Gewinne hoffen.

Allein für das Jahr 2020 kann Fraport auf rund 170 Millionen Euro Entschädigung setzen, wobei die darüber hinaus erlassenen Lizenzgebühren für die Jahre 2019, 2020 und 2021 einen weiteren fast dreistelligen Millionenbetrag bescheren.“ (https://www.heise.de/tp/features/Privatisierte-Flughaefen-Griechenland-bezahlt-jetzt-die-Kaeufer-6111774.html)

Ergebnis: Griechischer Staat zahlt Fraport und Athener Flughafengesellschaft 308 Millionen Euro für Corona-Verluste (griechenlandsoli.com)

DIE LINKE (Hessen) hat sich nun in einer Pressemitteilung (12.7.21) dazu geäußert:

Anlässlich der Medienberichte über die Subventionierung der von Fraport betriebenen Flughäfen in Griechenland aus der griechischen Staatskasse erklärt Jan Schalauske, stellvertretender Vorsitzender und haushalts- und finanzpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag:

„Die Medienberichte, wonach der griechische Staat Fraport entgangene Gewinne in einer Größenordnung von bis zu einer viertel Milliarde Euro ersetzt, sind verstörend. Fraport hat mit seinen Flughäfen in Griechenland über Jahre gute Geschäfte gemacht. Wenn Fraport nun nach dem griechischen Staat ruft, sobald die Gewinne ausfallen, hat das nichts mit verantwortlichem unternehmerischen Handeln zu tun.“ (…) –> weiterlesen

Siehe auch: Privatisierung der Gewinne und Sozialisierung der Verluste (griechenlandsoli.com, Juli 2020)

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Ausbeutung zum Flex-Tarif

Proteste in Griechenland gegen ausgehöhltes Arbeitsrecht. Kommunisten: »Kriegserklärung an Arbeiter«

Von Elisabeth Heinze, Thessaloniki, 01.07.2021 – nd

Unnachgiebiger Kampf für das was uns gehört
Nein zum neuen arbeiterfeindlichen Gesetzentwurf
Selbstorganisation und Solidarität, damit wir nicht als Sklaven leben
Gewerkschaft der Arbeitnehmer von VIO.ME.

Große Proteste und landesweite Streiks in Griechenland haben eine Reform des Arbeitsrechts nicht abwenden können. Die Wut in der Bevölkerung über die Deregulierung des Arbeitsmarktes wird sich auch im Sommer nicht legen.

Das Mitte Juni verabschiedete Gesetzespaket zum Arbeitsrecht mit gravierenden Folgen für die Beschäftigten ist in Griechenland weiter ein zentrales Thema. 158 von 300 Parlamentariern hatten Mitte Juni in der Athener Vouli für eine Novelle des Arbeitsrechts gestimmt. Gegenüber Medien nannte Premierminister Kyriakos Mitsotakis von der rechtskonservativen Nea Dimokratia (ND) die Reform »philanthropisch« und »zutiefst entwicklungsfördernd«. Das Land passe sich damit an EU-Standards an, hieß es.

Um Schritte gegen die prekären Löhne im Land ging es den Reformern allerdings nicht. Bei einem gesetzlichen Mindestlohn von weniger als vier Euro pro Stunde kommen Beschäftigte in Griechenland mit einer Vollzeit-Festanstellung inklusive Weihnachts-, Oster- und Urlaubsgeld gerade mal auf ein Jahreseinkommen von etwa 9100 Euro. Der Mindestlohn liegt 2021 in Griechenland als einzigem EU-Staat niedriger als im Jahr 2010, wie Nasos Iliopoulos, Sprecher der linken Syriza als größter Oppositionspartei, betont. (…) –> weiterlesen

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Libertatia wiederaufbauen!

2018 wurde das libertäre Kulturzentrum Libertatia in Thessaloniki von Neonazis in Brand gesetzt. Dank internationaler Solidarität und erfolgreicher Spendenkampagnen schreitet der Wiederaufbau voran.

Zur Geschichte von Libertatia

Siehe auch

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Soli-Sampler zur Unterstützung der selbstverwalteten Seifenfabrik Vio.Me in Thessaloniki

„Occupy, Resist, Produce, … Repeat“

Solidarität und Unterstützung für Vio.Me kommt seit 2019 u.a. von der Seiferei in Augsburg, die die in Thessaloniki hergestellten ökologischen Seifen und Reinigungsmittel in Deutschland vertreibt.

„Die Seiferei – selbstverwaltet und solidarisch“ schreibt: „Um dieses Projekt zu unterstützen importiert „Die Seiferei“ Produkte aus dem Betrieb nach Augsburg. Der Zuspruch war immens und von Beginn haben auch Künstler*innen und Musiker*innen den Betrieb ideell, finanziell und kulturell unterstützt. Das hat das Seiferei-Kollektiv motiviert einen Soli-Sampler herauszubringen.

23 Bands und Künstler*innen unterstützen die Idee und stellen Ihre Werke zur Verfügung, nicht ganz selbstverständlich, in einer Krisenzeit, die auch Kulturschaffende hart trifft. Das Ergebnis ist der Wahnsinn: 23 Songs quer durch die Musikstile: Singer-Songwriter, griechischer HipHop, türkischer Folk, Weltmusik, akustischer Punk, harter Rock, Indie, Elektro und vertonte Gedichte. Sie handeln von Liebe und Solidarität, von Freiheit und Widerstand, vom Scheitern und Wiederaufstehen. (…)“ —> weiterlesen

Das Album ist erhältlich als
Doppel- LP (soli: 25€ / normal: 20€)
CD (soli: 15€ / normal: 13€)
und auf bandcamp.de

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EU-Kommission lässt Pushbacks laufen, auch „Einreiseverhinderung“ genannt

Das Schreiben der EU-Kommissarin für Migration und Inneres, Ylva Johansson, vom 23.6. stellt erneut unter Beweis, dass die EU-Kommission nicht interessiert ist, den Belegen für massenhafte Pushbacks unter Mithilfe von Frontex nachzugehen.

„Die Vorwürfe über Push-back-Aktionen sind der Kommission bekannt.

Vorwürfe bezüglich unangemessener Gewaltanwendung durch Strafverfolgungsbeamte an der Grenze müssen durch die nationalen Behörden untersucht werden, u. a. im Rahmen glaubwürdiger Ermittlungen.

Die Kommission ist nicht befugt, individuellen Vorwürfe über Zurückweisungen nachzugehen, da dies in den Zuständigkeitsbereich der griechischen Behörden fällt. (Hervorh. gskk.org)

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