Schmerzen, Scham und Hunger: Die Kartonsammler von Athen

14.7.22 – PRO ASYL

Anerkannte Flüchtlinge kämpfen in Griechenland ums nackte Überleben, denn sie bekommen keine Unterstützung vom Staat. In ihrer Not sammeln viele Müll, verdienen kaum etwas mit der harten Arbeit und werden von der Polizei drangsaliert. Einige haben ihre Geschichten Refugee Support Aegean, der griechischen Partnerorganisation von PRO ASYL, erzählt.

Hunderte Kilo Kartons sammeln die »Cartoneros«, die Kartonsammler Athens, täglich, um den Lebensunterhalt ihrer Familien zu sichern. Foto: Salinia Stroux

Auf den belebten Straßen von Athen kann man sie jeden Tag sehen, die Kartonsammler, wie sie Karren, Einkaufs- oder Kinderwagen vor sich her schieben, die mit Pappkarton-Stapeln beladen sind. Die Arbeit ist schmutzig und nicht legal. Die Stadtpolizei von Athen geht gegen sie vor, regelmäßig beschlagnahmen Stadtpolizist*innen die Karren, auch Geldstrafen werden verhängt.

Doch um ihr Überleben zu sichern, haben viele anerkannte Flüchtlinge in Griechenland gar keine andere Wahl, als im Müll nach verwertbaren Materialien zu suchen. In Mülltonnen, vor Supermärkten und Geschäften genauso wie auf Wochenmärkten sammeln sie vor allem Pappkartons, um sie an Recyclingunternehmen zu verkaufen. So verdienen sie sich ein paar Euro am Tag.

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Schuld der Küstenwache

Griechenland muss Geflüchtete für Bootsunglück entschädigen. Überlebende fordern weitere Konsequenzen

Von Ulrike Wagner, 12.7.2022 – nd

Die afghanische Communitiy in Griechenland protestierte 2014 wegen des Todes der elf Geflüchteten vor der griechischen Insel Farmakonisi.

Acht Jahre mussten die Überlebenden des Bootsunglücks von Farmakonisi warten. In der vergangenen Woche hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nun geurteilt: Griechenland muss den Hinterbliebenen eine Entschädigung über 300 000 Euro zahlen. Die Richter*innen sehen das Recht auf Leben der Betroffenen verletzt und kritisierten eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung durch die Behörden. Ehsanullah S. ist aus Afghanistan geflohen und hat bei dem Unfall seine Frau und Kinder verloren: »Was ich verloren habe, werde ich nicht zurückbekommen. Sie zogen uns die Kleider aus. Wir waren nackt und nass. Sind das unsere Menschenrechte? Dann brachten sie uns auf die Polizeiwache, nahmen unsere Aussagen auf und forderten uns auf, zu unterschreiben, obwohl wir nichts verstanden hatten«, sagt er. Diese Menschen hatten gerade ihre Familie sterben sehen. Gemeinsam mit weiteren Überlebenden und verschiedenen NGOs, darunter Refugee Support Aegean und die deutsche Menschenrechtsorganisation Pro Asyl, hatte er 2015 vor dem Menschenrechtshof geklagt, nachdem das Verfahren in Griechenland eingestellt worden war. Am Montag fand eine Pressekonferenz über die Bedeutung des Urteils statt.  (…)

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Pressekonferenz zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen Griechenland vom 7. Juli 2022

Pressekonferenz Athen, 11. Juli 2022 – Pro Asyl und Refugee Support Aegean (RSA)

Giorgos Tsarbopoulos, ehemaliger Vertreter Griechenlands, Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge

Ich möchte zwei wichtige Punkte hervorheben und sie mit dem aktuellen Kontext in Verbindung bringen. Ich möchte die kritischen Elemente erwähnen, die das Bewusstsein und die Aufmerksamkeit für den Fall aufrechterhalten haben. Zunächst und vor allem die Bedeutung unserer Präsenz. Das Schiffsunglück ereignete sich in den frühen Morgenstunden. Eine UNHCR-Einheit und ein UNHCR-Vertreter trafen am Mittag desselben Tages auf Leros ein, um Hilfe zu leisten, begleitet von zwei Dolmetschern, einem für Arabisch und einem für Farsi. Das bedeutete, dass wir vom ersten Tag an Interviews von Menschen hatten, die den Vorfall in ihrer Sprache ganz genau beschrieben. Dies ist eine solide Grundlage, auf der alles weitere aufbaut (…) Die zu Beginn ergriffenen Maßnahmen hielten den Fall lebendig und auf der Tagesordnung. Ein zweites wichtiges Element ist die Unterstützung durch Organisationen, Institutionen, Gruppen und Freiwillige auf Leros, Piräus und Athen.

Wie haben die Behörden reagiert? (…) Der UNHCR wurde von der Staatsanwaltschaft nie als Zeuge vorgeladen, obwohl er die ersten Zeugenaussagen von Menschen gesammelt und sie einige Tage später wortwörtlich an den Minister weitergeleitet hatte, mit der Bitte um eine eingehende Untersuchung. Das Urteil ist gefallen. Sind sie eine Entschuldigung schuldig? (…)

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Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) verurteilt Griechenland in allen zentralen Anklagepunkten zum tödlichen Bootsunglück vor Farmakonisi im Jahr 2014

PRO ASYL: Ein bahnbrechendes Urteil und späte Gerechtigkeit für die Überlebenden und Angehörigen der elf Toten.  (Pressemitteilung vom 7. Juli 2022)

„Drei Frauen und acht Kinder aus Afghanistan starben bei einer Pushback-Operation der griechischen Küstenwache im Januar 2014. Bis heute mussten die 16 Überlebenden und die Angehörigen warten, dass jemand für den Tod ihrer Lieben zur Verantwortung gezogen wurde. Heute entschied in einem soeben veröffentlichten einstimmigen Urteil der Ersten Kammer des Gerichtshofs: Griechenland wird wegen einer Verletzung des Rechts auf Leben (Artikel 2 EMRK) und wegen unmenschlicher und erniedrigender Behandlung (Artikel 3 EMRK) verurteilt und dazu verpflichtet, insgesamt 330.000€ Entschädigung an die Hinterbliebenen zu zahlen.

Karl Kopp, Leiter der Europaabteilung von PRO ASYL, stellt fest: „Das ist ein bahnbrechendes Urteil und eine späte Gerechtigkeit für die Überlebenden und Angehörigen. Über acht Jahre hat es gedauert, dass Griechenland zur Verantwortung gezogen wird. Wir danken unserer Anwältin Marianna Tzeferakou und dem ganzen griechischen Anwält*innen-Team, dass sie die Überlebenden von Farmakonisi mit einem immensen Einsatz und Sachverstand vertreten haben, um diese späte Verurteilung zu erwirken.“ (…)“

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Mikis Theodorakis – unsterblich!

Veranstaltung: 9. September 2022, BüZe Altenberger Hof (Köln-Nippes)

Vor einem Jahr, am 2. September, starb der große griechische Komponist Mikis Theodorakis. Sein reichhaltiges und vielfältiges künstlerisches Werk ist weltweit bekannt und wird für immer unvergessen bleiben. Auf einzigartige Weise verband er die moderne griechische Volksmusik mit den griechischen Dichtern und die klassisch-moderne europäische mit der griechischen Musik. Darüberhinaus war er als Linker in allen großen Bewegungen aktiv, die Griechenland im 20. Jh. erschütterten. Mit unserer Veranstaltung wollen wir an ihn erinnern, als Künstler, schöpferischer Mensch und politischer Aktivist.

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Folgenlose Brutalität

Erpressung, Entrechtung, Pushbacks: Wie griechische Behörden mit Flüchtenden umgehen, verstößt gegen das Völkerrecht und EU-Werte. Aber Konsequenzen hat das nicht.

Von Franziska Grillmeier, Mytilini, 4. Juli 2022 – ZEITonline

Es ist die schönste Zeit im Jahr auf der Insel. In der Nachmittagshitze ziehen sich die Bewohnerinnen und Bewohner hinter ihren Fensterläden zurück, bis sie spät abends wieder an der Promenade spazieren gehen und die Tavernen füllen, zusammen mit den Touristinnen und Touristen. Dass sich aber gleichzeitig hier auf Lesbos und den anderen griechischen Inseln vor der türkischen Küste eine Parallelwelt etabliert hat, in der Geflüchtete erpresst, entrechtet und mit Gewalt zurückgedrängt werden – das könnte man in dieser sommerlichen Idylle leicht vergessen.

Vor wenigen Tagen fanden Urlauber die Leichen zweier Männer am Strand von Lesbos. Die Wellen hatten sie angespült, nachdem sie vermeintlich versucht hatten, von der Türkei nach Griechenland zu fliehen. Ihre Nationalität ist nicht geklärt, ihr Fund nur eine Randnotiz in den lokalen Medien. Die griechische Küstenwache, die den Tod der beiden Männer bestätigte, verkündete erst am Wochenende zuvor, bis zu 1.000 Menschen an der Überfahrt von der Türkei nach Griechenland „gestoppt“ zu haben.

Was heißt „gestoppt“? Oft stecken hinter dieser Art des Grenzschutzes sogenannte Pushbacks. (…)

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„Rettet das Wasser“

Seit 2016 kämpft „Soste to nero“ (Rettet das Wasser) gegen die Privatisierung und für den Erhalt der öffentliche Wasserversorgung in Thessaloniki. Nur durch zivilen Widerstand bleibt Wasser ein öffentliches Gut; die Abfüllindustrie überschwemmt das Land mit Plastikflaschen., wenn man ihr freie Bahn lässt.

Überall öffentliche Zapfstellen – NEIN zu Plastik!

„Vor einem Jahr hat die Europäische Union die Einrichtung öffentlicher Wasserhähne durch die Kommunen angeordnet, um die Verwendung von Plastikflaschen zu reduzieren. Was haben die Kommunen getan? Wie viele öffentliche Wasserhähne wurden geschaffen?“

„Wie viele Wasserhähne sehen Sie in Ihrer Nachbarschaft? Werden Sie wieder abgefülltes Wasser kaufen, wenn Sie wissen, dass es 2.000 Mal mehr kostet als Wasser aus der Leitung? Die „Dosenwasserkultur“ baut sich nun schon seit Jahrzehnten auf.“ Wiederverwendbare Trinkflaschen und öffentliche Wasserhähne sind das Gegenmittel.

„Die Abfüllindustrie lässt im Namen der „lokalen Wirtschaft“ und des Fortschritts buchstäblich die Wasser-Reserven zukünftiger Generationen versiegen, während tausende Tonnen Plastik die Umwelt belasten. Es reicht!“

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