Kirche, König, Kapital

Griechenland: Wie sich die Revolution von 1821 in bürgerlicher Belanglosigkeit verlor

Von Hansgeorg Hermann, Chania, 25.3.2021 – junge Welt

Vorbereitungen für den Nationalfeiertag in der Gemeinde Nafplio: Eine Statue von Theodoros Kolokotronis wird mit historischen Gemälden beleuchtet

Der 25. März ist in Griechenland, zumindest laut offizieller Geschichtsschreibung, ein »heiliger Tag«. 1838 während der monarchistischen Herrschaft des Bayern Otto Friedrich Ludwig von Wittelsbach zum »Nationalfeiertag« erklärt, rückt er eine Szene ins nationale Bewusstsein, die den Kirchenführer Germanos III. von Patras an den Beginn des griechischen Unabhängigkeitskrieges gegen die damaligen »Besatzer und Unterdrücker« des osmanischen Imperiums stellt. Der Bischof mit dem mächtigen schwarzen Bart, der »die Fahne der Revolution« weiht, ist auch 200 Jahre später Symbol des Freiheitskampfes in den Bergen der Peloponnes geblieben. Alles Quatsch, behaupteten dagegen schon vor sieben Jahren in der linken Gewerkschaft PAME (»Militante Arbeiterfront«) organisierte Lehrer und Historiker. In einem landesweit verbreiteten Schreiben forderten sie ihre Schüler auf, lieber »die wahre Geschichte ihres Landes« zu lernen.

Der Text der PAME versetzte 2013 das Land in Aufruhr und machte seine Verfasser im rechten politischen Lager quasi zu »Volksfeinden«. Sein wichtigster Kritikpunkt: Die Festlegung des Datums auf den 25. März, also ausgerechnet auf den Tag des Kirchenfestes Mariä Verkündung, habe den durchaus berechtigten Kampf der Menschen im Südteil des Balkans und auf den Inseln der Ägäis um Unabhängigkeit und Selbstbestimmung im nachhinein zu einem Religionskrieg umgewidmet. (…)

Vollständigen Artikel lesen

Dieser Beitrag wurde unter Griechenland abgelegt und mit , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.