Katastrophenkapitalismus

von Tomasz Konicz , Telepolis 31.10.2019

„Marode, labil, krisenanfällig – der Spätkapitalismus ist nicht in der Lage, die kommenden klimatischen Erschütterungen zu bewältigen, die er selbst verursacht. (…)

Griechenland: Sommer 2018

Mindestens 100 Menschen sind im Juli 2018 bei der verheerendsten Feuerkatastrophe ums Leben gekommen, die Griechenland seit einer Dekade heimsuchte. Ganze Ortsviertel wurden ausgebrannt durch einen Feuersturm, der durch starke Winde, eine langanhaltende Dürre und sehr hohe Temperaturen von 40 Grad begünstigt wurde.

Im Jahr zuvor, im Juni 2017, fielen mindestens 60 Menschen einer Brandkatastrophe zum Opfer, die an mehreren Fronten in der dünn besiedelten, zentralportugiesischen Region Pedrogao Grande tobte. Das krisengebeutelte Land durchlitt die mörderischste Feuerkatastrophe seiner Geschichte. Den verheerendsten Brandsturm verzeichnete Portugal zuvor 1966, als 25 Menschen – durchweg Soldaten – bei einem Großfeuer umkamen.

Sowohl Griechenland als auf Portugal sind Opfer der sadistischen deutschen Krisenpolitik in der Eurozone, die vom ehemaligen Finanzminister Wolfgang Schäuble nach Ausbruch der Eurokrise verbrochen wurde (siehe hierzu: Tomasz Konicz, „Aufstieg und Zerfall des Deutschen Europa“, Unrast, 2015). Die rabiate Austeritätspolitik, die Schäuble durchsetzte, hat die Fähigkeit dieser Krisenländer unterminiert, auf solche Extremereignisse zu reagieren.

Der durch die kapitalistische Ressourcenverbrennung – die gerade nicht der Bedürfnisbefriedigung, sondern der uferlosen Akkumulation von Kapital dient – ausgelöste Klimawandel tritt in Krisenzeiten in Wechselwirkung mit der maroden gesellschaftlichen Infrastruktur der spätkapitalistischen Gesellschaften, die im Rahmen von Sparmaßnahmen und Austeritätspolitik buchstäblich kaputtgespart wird. Das ist bekanntlich gerade im „Deutschen“ Europa der Fall, das vom ehemaligen Finanzminister Schäuble auf eine rabiate neoliberale Spardiät gesetzt wurde.

Dies wurde gerade an den mörderischen Waldbränden in Griechenland sichtbar. Griechische Einsatzkräfte beschwerten sich beispielsweise über die unzureichenden Mittel, die ihnen – nach Jahren der Schäublerischen Sparprogramme in Hellas – zur Verfügung gestanden haben. Feuerwehrleute klagten gegenüber dem The Sydney Morning Herald, dass sie aufgrund der „Austeritätsmaßnahmen“ sehr schlecht auf größere Feuer vorbereitet seien: „Wir haben jahrelang um mehr Ressourcen gebeten. Wir fragen nach neuen Flugzeugen.“

Den desaströsen Zustand der kaputtgesparten griechischen Feuerwehr bestätigte in einem Kommentar auch Matt Wrack, Generalsekretär der britischen Feuerwehrgewerkschaft (Fire Brigades Union), der bei einer Visite in Hellas die Folgen der „Austerität“ auf die Fähigkeit zur Feuerbekämpfung studierte.

Seit 2010 musste Griechenland über mehrere Jahre hinweg die Ausgaben für die Feuerbekämpfung senken, um den Sparsadismus des deutschen Finanzministers zu befriedigen – durch Lohnkürzungen wie auch durch blanken Verzicht auf notwendige Ausrüstung und Material. Von seinem Höchstwert von 663 Millionen Euro im Jahr 2009 schrumpfte der Haushaltsposten auf nur noch 455 Millionen im Krisenjahr 2014. Unter der sozialdemokratischen Syriza-Regierung stiegen die Aufwendungen für den Brandschutz leicht auf 510 Millionen im Haushaltsjahr 2016. Doch dann musste Athen weitere Sparvorgaben umsetzen: Im März 2017 wurden die Aufwendungen für Feuerbekämpfung erneut um 34 Millionen Euro gekürzt. (…) „

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