Dritte Solidaritätsreise nach Griechenland Herbst 2014

„Gegen Spardiktate und Nationalismus“ Dritte Solidaritätsreise nach Griechenland Herbst 2014
Reisetagebuch Teil I

Athen, Samstag 27.9.2014
Erste Eindrücke vom griechischen „Aufschwung“, von dem die Medien in Deutschland erzählen:
– Auf dem Weg von unserem Hotel im Viertel Exarchia zum Ausweichhotel am Omonia-Platz, ungefähr 10 Minuten Weg, zählte ich 87 geschlossene und aufgegebene Geschäfte. Vassia dazu: Athen ist eine sterbende Stadt.
– Szenenwechsel: Nobelviertel im Norden von Athen. Auf der Hauptstraße teure Geschäfte, Badeaccessoires, Möbel, Autopaläste, hin und wieder ein leeres Geschäft, auf der Straße Stau, SUVs, BMW-Cabrios, Mercedesse. Eine völlig andere Welt. Regierungspräsident Samaras: Ich bin von den 18% Mittel-und Oberschicht gewählt worden, denen bin ich verantwortlich.
– Eine Frau aus dem Bürgertum, die Deutsch-Privatunterricht gibt, sagt, dass sie letztes Jahr im Winter halb geheizt habe, im kommenden Winter werde sie wahrscheinlich gar nicht mehr heizen können. Und dies, obwohl sie und ihre Töchter, die bei ihr leben, Geld verdienen.
– Jennifer, die für uns übersetzt, lebt in einem Mehrfamilienhaus. Dort wurde im letzten Winter abends von 19 bis 21 Uhr geheizt. Die Hoffnung ist, dass es dieses Jahr etwas besser wird, weil der Heizölpreis gesunken ist.
– Eine Musikerin, die beim Rundfunkchor des öffentlichen Senders ERT angestellt war und mit der Schließung des Senders entlassen wurde, schluckte jetzt die bittere Pille und verdingte sich beim neugegründeten Regierungssender. Monatliches Gehalt: 300 €.
Gisela, die letztes Jahr dabei war, war jetzt bei einem Bildungsurlaub mit dem hessischen DGB-Bildungswerk eine Woche hier. Der Unterschied zu vor einem Jahr? Auf der einen Seite sei die Lage der Menschen noch schlechter geworden. Auf der anderen Seite hätten sich die solidarischen Strukturen stabilisiert, hätten eine festere Grundlage.
Abends fahren wir zu einem Festival gegen Rassismus. Als wir aus der Metro aussteigen, sehen wir, wie sich gerade eine Demo der „Goldenen Morgenröte“ mit roten Hakenkreuz- und griechischen Fahnen sammelt. Auf dem Fest gibt es eine Podiumsdiskussion über Medien und die „Goldene Morgenröte“: Dort sind deren Führungsfiguren Popstars. Es wird über ihre Hochzeiten und ihr gesellschaftliches Leben berichtet. Sie wird als ein gleichberechtigter Teil des „pluralistischen Parteienspektrums“ angesehen, der einfach dazu gehört. Der „Schlag“ der Regierung vor einem Jahr, als ein Teil der Führungsriege der „“Goldenen Morgenröte“ verhaftet wurde, war nichts als ein Manöver, um Wählerstimmen zu gewinnen und sich international als demokratisch zu präsentieren. Sie werden warm gehalten, weil man sie brauchen kann.
Auf der anderen Seite wird im neuen Regierungssender verboten, dass über die Rede des Syriza-Vorsitzenden Tsipras in Saloniki am 1. September auf der größten Industriemesse berichtet wird.
(Manfred)

Athen, Sonntagmorgen, 28.9.2014
Wir treffen uns zum ersten Mal als gesamte Gruppe auf dem Dach des Hotels. Wir sind diesmal 21, dazu ist auch noch A. aus HH gestoßen, die für einige Tage in Athen ist. Einige griechische FreundInnen sind gekommen, die wir die letzten Male kennengelernt haben. Wir besprechen unser geplantes Wochenprogramm, was trotz der großen Teilnehmerzahl gelingt. Zahlenmäßig sind wir sicher am Rand angelangt, auf der anderen Seite zeigt sich, dass die praktische Griechenland-Soli-Arbeit es möglich macht, dass ein breites Spektrum von Menschen zusammen ein gemeinsames Projekt verfolgen kann. Es sind Aktive aus Gewerkschaften, Flüchtlingsinis, Naturfreunden, selbstorganisierten Projekten, der Hausbesetzerszene u.a. dabei und die politische Farbenpalette umfasst viele Schattierungen zwischen Tiefrot und Anarchoschwarz. Alle sind bereit ihre politischen „Alleinstellungsmerkmale“ hinter sich zu lassen und die gemeinsame Sache in den Vordergrund zu stellen. Anders geht es heute auch nicht (mehr).
(Manfred)

Sonntagnachmittag, 28.9.2014
Besuch der Gedenktafel für Pavlos Fysass in Keratsini
Am 18. September war der einjährige Todestag von Pavlos Fysass, dem antifaschistischen Rapper aus Athen, der hinterrücks und brutal von zwei Faschisten der Goldenen Morgenröte ermordet wurde. Leider konnte unsere Gruppe an der großen Kundgebung zum Jahrestag nicht teilnehmen, da die meisten von uns erst am Sonntag den 28. 10.14 in Athen eintrafen.
Doch kaum hatten wir eingecheckt, wollten wir auch sofort wieder los und sind nach Keratsini, dem Stadtbezirk nahe Piräus, wo die schändliche Tat begangen wurde.
Zur Erinnerung an Pavlos und im Gedenken an seinen Kampf gegen den Faschismus ist eine Gedenktafel errichtet worden. Unter einer Büste von Pavlos befindet sich eine von beiden Seiten beschriebene Marmortafel, auf der hinteren Seite ist eine Textstelle aus einem Song von Pavlos eingraviert, die Georgious wie folgt übersetzte:
„ Wenn du Druck hast, dann ist jeder Tag gut und schön zum Sterben, stehend zu sterben und den Blick auf die Öffentlichkeit. Bin Pavlos Fysass, Grieche aus Perama, wir alle wissen, was das bedeutet, und zwar ohne Faschismus.“
Pavlos kämpfte, aber sein Kampf folgte einem anderen Kredo als dem seiner Mörder, seine Waffen waren Worte, Reime und Bilder. In seinen Texten und Liedern verarbeitete er Erfahrungen, die er unter anderem als Teilzeitarbeiter in dem Hafen von Perama sammelte.
Und so erinnert auch die Tafel: „Pavlos hatte gekämpft, auch als er und seine Freunde bedroht wurden, doch seine einzige Waffe waren Ideen und Ideale.“
Zu unserer spontanen Kundgebung gesellten sich ein paar Passanten. Während einige von uns ein Transparent hielten:
„ Nein zu Spardiktaten und Nationalismus – internationale Solidarität.“,
hielt Rolf eine hingebungsvolle und bewegende Rede: eine Mahnung an das, was resultieren kann, wenn faschistische Gewalt banalisiert und nicht bekämpft wird, so wie Pavlos gekämpft hatte. Denn das Schweigen kann der Vorreiter für weitere faschistische Verbrechen sein.
So erinnerten dieses und letztes Jahr Graffitis daran, dass, wenn damals die Bevölkerung bei den Morden an den MigrantInnen sich empört hätte, dann Pavlos nicht gestorben wäre.
(Doro)

Athen, Sonntagnachmittag, 28.9.2014
Besuch im Arbeitslosenzentrum Perama
Im Arbeitslosenzentrum wurde unsere Reisegruppe sehr herzlich begrüßt. Nachdem mit alten FreundInnen ein kurzer Austausch möglich war, ging es um die Geschichte des Zentrums. Nach dem Ende der Besetzung des Syntagma-Platzes 2010 kamen viele Menschen wieder in ihre Viertel zurück und begannen sich vor Ort zu organisieren. Aus genau diesem Elan entstand das Arbeitslosenzentrum in Perama. Im Zentrum selber sind NachbarInnen verschiedenster politischer Ausrichtungen aktiv, einzig den Neonazis wird die Tür versperrt. Entscheidungen werden auf den regelmäßigen Vollversammlungen getroffen und die Aktivisten beschreiben sich voller Stolz als einen unabhängigen, basisdemokratischen, selbstorganisierten und solidarischen Zusammenhang. Es geht darum die Anforderungen des Alltags, gerade in Zeiten der Krise, gemeinsam zu meistern. Dabei halten sie sich nicht mit der offiziellen Rechtsprechung auf, denn wenn ihnen das Notwendigste zum Überleben vorenthalten wird, wie Strom und Wasser, dann muss mensch es sich nehmen. Sie sind kein ideologischer Zusammenschluss, sondern eine soziale und solidarische Nachbarschaftsstruktur.
Es wurde berichtet, dass sie erst gestern eine größere Aktion organisiert hatten, wo Schulmaterialien kostenlos an bedürftige Familien abgegeben wurden. Neben der Verteilung des Notwendigsten für den Schulbesuch erkämpften die AktivistInnen auch, dass sie kostenlos Räumlichkeiten in den Schulen der Umgebung zur Verfügung gestellt bekamen. Diese Räumlichkeiten werden nun zum kostenlosen Nachhilfeunterricht genutzt, wobei das Zentrum von LehrerInnen unterstützt wird, welche sich dort ehrenamtlich engagieren.
Wichtig für die Menschen des Zentrums war es immer wieder zu betonen, dass ihre Aktionen sich aus einer Notwendigkeit ableiten. Sie haben keinen „Fahrplan“ der Revolution, sondern schauen, welche Bedürfnisse es in der Nachbarschaft gibt. So kam es seit Anfang des Jahres zu einer Kampagne, welche den kostenlosen Nahverkehr fordert. Da Arbeitslose durch die fehlenden Mittel in ihrer Bewegungsfreiheit massiv eingeschränkt sind, aber auch SchülerInnen auf dem Schulweg aus den Bussen und Bahnen geworfen wurden, da sie keinen gültigen Fahrschein hatten, musste das Recht auf Mobilität anders durchgesetzt werden. Sie bildeten Gruppen, welche Kontrolleure aus den Bahnen und Bussen verwiesen haben, bildeten größere Fahrgemeinschaften, um nicht von ihnen belästigt zu werden, und nahmen sich damit das Recht kostenlos am Nahverkehr teilzunehmen.
Wir kamen auch auf die Situation der Frauen zu sprechen, welche in der Versammlung des Zentrums die Mehrheit bilden. Die Männer erklärten sich das so, dass die Frauen viel schneller begriffen, was diese Krise mit ihrem Alltag macht, und sie daher neue Formen suchten um das Überleben der Familien zu sichern. Die Frauen berichteten, dass es mit dem Anstieg der Arbeitslosigkeit auch eine Zunahme von häuslicher Gewalt gebe, außerdem sei es als Frau noch schwerer in einer Region wie Perama einen Job zu finden. Aber sie möchten gemeinsam mit allen aus der Nachbarschaft neue Perspektiven suchen und ausprobieren, deshalb organisieren sie sich nicht als reine Frauengruppen. Es sei ein Problem der gesamten Gesellschaft.
Aufgeschreckt hat uns die Nachricht, dass die „Goldene Morgenröte“ versucht in Perama ihre erste Gewerkschaftsinitiative aufzubauen. Diese wird von den Reedereien unterstützt, welche sich in der Vergangenheit harte Auseinandersetzungen mit der von dem kommunistischen PAME-Flügel dominierten Gewerkschaft lieferten. Die PAME war zu Zeiten des normalen Werftbetriebs die größte und einflussreichste Gewerkschaftsgruppierung in Perama.
Diese Entwicklung muss auf jeden Fall weiter genauer beobachtet werden.
Wir übergaben von unserem Spendenkonto 1000,- Euro.
(Carsten)

Sonntagabend 28.9.2014
Tribunal gegen die Troika?
Die Gruppe war heute nachmittag/abend in Keseriani und Perama. Ich ging mit A. von attac Hamburg, die auch gerade in Athen ist, zu einem von ihr organisierten Treffen bei solidarity4all. Außer uns waren acht GriechInnen da, fast alle MitarbeiterInnen in solidarischen Kliniken. A. stellte einen Vorschlag vor, den sie in einer kleinen attac-Gruppe entwickelt haben, nämlich ein Tribunal zur Troika-Politik nächstes Jahr in Berlin zu veranstalten. Schwerpunkt soll Griechenland sein. Mir kam es so vor, dass bisher außer der Idee und der Bereitschaft zum Engagement einiger weniger noch nicht viel dahinter steckt. Was mir bei der Diskussion auffiel: A. entwickelte, dass das Tribunal möglichst nach einer von ihr erwarteten Regierungsübernahme von Syriza im Februar/März 15 stattfinden sollte, um Syriza zu unterstützen. Da gab es sofort breiten Widerspruch. Viele Menschen in den Solikliniken begreifen sich nämlich nicht als Syriza-Unterstützer, sondern legen Wert auf ihre parteipolitische Unabhängigkeit. Deshalb bestanden sie darauf, dass ein mögliches Tribunal möglichst das ganze solidarische und linke Spektrum umfassen solle. A. war ganz überrascht, sie hatte nicht mit diesem heftigen Widerspruch gerechnet. Für sie ist klar, dass eine Syriza-Regierung auf jeden Fall unterstützenswert ist, wenn man den Menschen in Griechenland helfen will. Aber in vielen solidarischen Strukturen, die sich in den letzten Jahren entwickelt haben, ist es ganz klar, dass sie kein Parteiprojekt sein und nicht von einer Partei geführt oder organisiert werden wollen. Das haben sie die ganze Zeit gehabt und das hat sie in die Misere gebracht. Deshalb beharren sie strikt auf ihrer Unabhängigkeit und Überparteilichkeit als notwendiger Basis ihrer Zusammenarbeit.
Ich bin ja der Meinung, dass man für eine solche Sache erst mal ein breites Fundament schaffen muss, und zwar in Deutschland. D.h. man muss die aktiven Gruppen zu Griechenland mit einbeziehen und die Machbarkeit gemeinsam prüfen. Nur mit dem bloßen Willen, dass Öffentlichkeit für Griechenland geschaffen werden muss, erreicht man diese Öffentlichkeit noch nicht.
(Manfred)

Montagmittag 29.9.2014
Solidarity4all
Solidarity for all ist seit unserer ersten Griechenlandreise zu einem wichtigen Ansprechpartner geworden. Das liegt nicht nur an Christos, von dem wir zum ersten Mal von diesem Projekt gehört haben, als es noch gar nicht existierte. Es liegt auch am Selbstverständnis dieser Initiative: solidarische Netzwerke auch länderübergreifend zu unterstützen und aufzubauen.
Es war dann auch kein Problem, dass unsere Ansprechpartner Christos und Eleni an diesem Tag gar nicht in Griechenland waren. Christos war in Deutschland und Eleni, die den Themenbereich Gesundheit betreut, war mit einer Medikamenten-Spendensammlung auf dem Weg nach Gaza. Der Kollege, der uns für das Gespräch zur Verfügung stand, erklärte uns das Selbstverständnis und die Arbeitsweise von Solidarity4All. Es gibt keine formale Hierarchie. Entscheidungen werden grundsätzlich in Vollversammlungen gefällt. Solidarity4All arbeitet in den Themenfeldern: Bildung, Gesundheit, Solidarität. Die Aufgabe ist es, Selbsthilfestrukturen, die sich nach dem Zusammenbruch bzw. der Zerstörung der Sozialsysteme und des Lebensstandards gegründet haben, zu unterstützen und zu vernetzen. Es sorgt für den Informationsfluss in beide Richtungen.
Zur sozialen Situation in Griechenland wurde ausgeführt: Dass es neben den 1,6 Millionen offiziell als arbeitslos geführten Menschen noch mal 1,5 Millionen gibt, die unterhalb der Armutsgrenze, und noch einmal 1,5 Millionen, die an der Armutsgrenze leben. Das ist die Hälfte der gesamten Bevölkerung Griechenlands. Ein Drittel der Griech_innen hat keine Krankenversicherung mehr, weil sie sie sich nicht mehr leisten können. Es geht weiter bergab: Derzeit sollen weitere 1,5% der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst abgebaut werden.
Die Arbeit der Selbsthilfe-Strukturen und auch von Solidarity4All hat sich stabilisiert und ist bekannter geworden. Die insgesamt 17 solidarischen Arztpraxen in Athen haben sich vernetzt und eine Koordination gegründet, die sich regelmäßig trifft. Dort werden die politischen Forderungsgrundlagen an das Gesundheitswesen erarbeitet.
Zur Lebensmittelverteilung in den Stadtteilen hat im März eine Konferenz stattgefunden, um das Netz vom Erzeuger (den Bauern) an den Verbraucher ohne Zwischenhandel auszubauen. Die 340 Initiativen, die in einer Landkarte Griechenlands eingetragen sind, arbeiten stabil. Es gab zwar keine Ausweitung der Anzahl der Initiativen, aber eine qualitative Verbesserung. An der Konferenz nahmen 27 Projekte aus Attika teil und 12 aus dem Rest des Landes. Nach Umfragen auf der Konferenz sind 540 Menschen direkt an der Lebensmittelversorgung und Verteilung beteiligt. Dazu kommen noch mal 605 Unterstützer_innen und 545 Leute, die im weiteren Umfeld beteiligt sind. Wegen des politischen Charakters der Initiativen gibt es Angriffe von den Faschisten.
Stress gibt es auch von staatlicher Seite durch die Gewerbeaufsicht, die mit Hygienevorschriften argumentiert und mit fehlenden Handelslizenzen. In Saloniki wurde der Direkthandel mit Geldstrafen von 1500 – 2000€ unter Druck gesetzt. Weitere Anzeigen drohen, weil die Kommunen das Feld des Direkthandels selbst besetzen wollen. Es gab einen Streik der Wochenmärkte, der sich gegen ein neues Gesetz zur Neuregulierung der Lizenzgebühren für Wochenmärkte richtet. Mit diesem Gesetz soll der Direktverkauf eingeschränkt werden. Die Lizenzen sollen direkt vom Ministerium und nicht mehr von den Gemeinden vergeben werden.
Die Landwirtschaft in Griechenland ist durch Bauern geprägt, die maximal 200-300 Hektar besitzen. Eine Ausnahme bildet der Baumwollanbau durch Großbauern, deren Kosten durch EU-Subventionen abgedeckt sind . Die Kleinbauern haben natürlich ein ökonomisches Interesse an der Ausschaltung des Zwischenhandels, der die Erzeugerpreise drückt. Die Preisunterschiede betragen bis zu 100%.
2% des Erlöses werden beim Direktverkauf an die Selbstversorgungsinitiativen abgeführt. (Bei 1900 € sind das ca. 40€).
Die Organisationen in der Landwirtschaft sind konventionelle Genossenschaften, die von Korruption und Klientelismus der jeweiligen Regierung geprägt sind. Solidarische Genossenschaften gibt es nur in Ansätzen. Die Frage ist, wie sich diese verbreitern können.
Die Grundlage bei der Direktversorgung mit Lebensmitteln ist, die Bedürftigen bei der Organisation der Arbeit einzubeziehen.
Seit die Gesellschaft von der neoliberalen Politik und Ideologie durchdrungen ist, hat ein Verfall des Wertesystems stattgefunden.Durch die Praxis der persönlichen Vorteilnahme ist das Misstrauen allgegenwärtig. Das zu ändern geht nicht mit kurzatmigen Sprints, sondern das ist ein Marathonlauf!
Auf die Frage nach den Ressourcen der solidarischen Kliniken wurde darauf verwiesen, dass Ärzte und das übrige Personal ausschließlich ehrenamtlich dort arbeiten. Die Medikamente werden meist von Apotheken gespendet.
Bei der Medikamentensammlung für Gaza kamen innerhalb von 14 (?) Tagen Medikamente im Wert von 840 000 € zusammen.
Solidarity4All finanziert die Projekte nicht, sondern gibt nur logistische Unterstützung. Kriterien für die Projekte, mit denen zusammengearbeitet wird, sind, dass sie nicht rassistisch sind und selbstorganisiert. Entstanden ist die Idee von Solidarity4All in der Bewegung der Platzbesetzungen (occupy).
Der Staat kann langfristig das Projekt der Selbstorganisation nicht zulassen, weil es die Grundlagen des bürgerlichen Eigentums untergräbt. Deshalb muss sich Solidarity4All auf Repressionen einstellen.
Die klassischen Bilder von Autoritäten (in den Dörfern) Arzt – Pope – Lehrer verändern sich. Es gibt in einigen Gemeinden linke Bürgermeister, dort wird versucht zusammen zu arbeiten.
Im Verhältnis zu Syriza gibt es Übereinstimmung darin, eine gesellschaftliche Kultur des Zusammenhaltes zu entwickeln. Die Überparteilichkeit von Solidarity4All gegenüber Syriza wird betont.
Was die Formen demokratischer Organisierung betrifft, sind bei den Platzbesetzungen von Syntagma, plaza del sol in Spanien und anderen neue Formen der Demokratie entwickelt worden.
Die Entwicklung innerparteilicher Demokratie wird aufgrund der Erfahrungen bei der Kandidat_innenaufstellung sehr kritisch gesehen. Das Konzept von parteiähnlichen Organisationen sei abgenutzt und verbraucht. Man erreicht viele Menschen nicht mehr damit.
Die Organisierung lockerer Strukturen auf praktischer sozialer Ebene biete viel mehr Möglichkeiten der Beteiligung. Die sozialen Bewegungen können politische Organisationen und Institutionen unter Druck setzen. (Das kollektive Subjekt)
Im Experiment der Selbstorganisation entstehen Grundzüge einer neuen solidarischen Gesellschaft Wenn die solidarische Klinik von Elleniko Gesundheitsversorgung für 20 Tausend Menschen organisieren kann, zeigt dies, dass es funktionieren kann.
Die Perspektiven der Entwicklung der griechischen Wirtschaft sind sehr ungünstig. Eine Ursache ist die Agrarpolitik der EU. 75% der Lebensmittel werden importiert, dagegen wird die Produktion griechischer Baumwolle von der EU subventioniert.
In Griechenland hat eine Entindustrialisierung stattgefunden. Tomaten- konservenfabriken wurden geschlossen. Was das Land an Bodenschätzen besitzt, wird privat ausgebeutet. Nur sehr vereinzelt entwickeln sich kollektive Strukturen in der Landwirtschaft.
It’s a long way to go!
(Hans)

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