Türkei verlängert Suche nach Erdgas im östlichen Mittelmeer und droht Griechenland. Athen reagiert mit Seegrenzabkommen und Manövern
Von Jörg Kronauer – 2.9.2020 Junge Welt
Die Türkei zelebrierte am Sonntag in Ankara den 98. Jahrestag der entscheidenden Schlacht gegen Griechenland
Nach der Verlängerung ist vor der Verlängerung: Schon zum dritten Mal hat die Türkei am Montag abend mitgeteilt, die Explorationstätigkeit ihres Forschungsschiffes »Oruc Reis« im östlichen Mittelmeer noch weiter auszudehnen. Zuletzt hatte es geheißen, das Schiff werde seine Suche nach Erdgasvorkommen am Dienstag beenden. Nun soll es seine Tätigkeit bis zum 12. September fortsetzen – mindestens: Außenminister Mevlüt Cavusoglu hatte am Wochenende bereits angedeutet, die »Oruc Reis« werde womöglich sogar noch drei Monate in Gewässern kreuzen, die Ankara trotz heftigen internationalen Protests für sich in Anspruch nimmt. Entsprechend verärgert meldete sich gestern Griechenlands Außenministerium zu Wort: »Die Türkei«, ließ es sich zitieren, »erfüllt treu die Rolle des Unruhestifters und des Faktors der Destabilisierung der Region«.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf griechenlandsoli.com
„Ich bin das Ziel Nummer eins geworden. Als nächstes werden sie mich umbringen“ waren die ersten Worte der Korruptionsstaatsanwältin Eleni Touloupakis, als sie von dem Internetblog „Diskografies“ interviewt wurde. Ralf Kliche berichtete am 20.7. auf griechenlandsoli.com über die neuerliche Wende im Novartis-Korruptionsskandal. Staatsanwälte und der stellvertretende Justizminister der Tsiprasregierung werden jetzt wegen ihrer Korruptionsbekämpfung vor Gericht gestellt. „Hintergrund waren die 2017 bekannt gewordenen Vorwürfe, Bestechungsgelder von Novartis seien auch in Parteikassen von Nea Dimokratia geflossen“ (Ralf Kliche). Die Tür des Hauses der Korruptionsermittlerin in Athen war aufgebrochen und unzählige Einrichtungsgegenstände waren durchsucht worden, sogar das Klavier. Frau Touloupakis vermutet, dass die Einbrecher auf der Suche nach Dokumenten waren. Wertgegenstände wurden nicht gestohlen. Auch der ehemalige stellvertretende Justizminister Dimitris Papagelopoulos wiederholte jetzt, dass er um sein Leben fürchte (Quelle). (Bericht auf englisch)
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Im türkisch-griechischen Streit geht es um mehr als Öl unterm Meer: Seit dem Ersten Weltkrieg sind die Verhältnisse im östlichen Mittelmeer ungeklärt.
Von Jürgen Gottschlich – 21.8.2020, TAZ
Das geteilte Zypern mit Pufferzone und britischen Militärbasen CC BY-SA 2.5
Nein, das Vorgehen der Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan im Streit um Schürfrechte an Öl und Gas im Mittelmeer
ist nicht akzeptabel. Militärische Drohgebärden zur Regelung
territorialer Streitfragen sollten seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs
mindestens in Europa passé sein. Im Ernst glaubt wohl auch Erdoğan
nicht daran, durch einen Krieg die Position der Türkei verbessern zu
können. Zumal seine aggressive Politik dazu geführt hat, dass Ankara
unter den Anrainerstaaten im östlichen Mittelmeer keine Verbündeten mehr
hat – bis auf die schwache libysche Regierung in Tripolis.
Doch sosehr die Figur Erdoğan dazu einlädt, dessen Ansprüche als illegitim abzuschmettern – so eindeutig, wie der griechische Premier Mitsotakis tut, ist die Geschichte auch wieder nicht. Denn es geht bei Weitem nicht nur um Gas. Sondern darum, die seit dem Ersten Weltkrieg offenen Fragen und Konflikte im östlichen Mittelmeer endlich zu klären.
Am 17. August 2020, morgens gegen 5 Uhr, stürmte uniformierte Polizei Terra Incognita in Thessaloniki, ein Gebäude, das seit 2004 besetzt ist und ein Wahrzeichen des Kampfes und der anarchistischen Bewegung in der Stadt darstellt. (Quelle)
Ankündigung von Terra Incognita bezüglich der heutigen Räumung (übersetzt aus dem Engl.)
Heute Morgen (17.8.), gegen 5 Uhr morgens, drang der uniformierte Abschaum der griechischen Polizei in Terra Incognita in Thessaloniki ein, ein Gebäude, das seit 2004 besetzt ist und ein Wahrzeichen des Kampfes und der anarchistischen Bewegung in der Stadt darstellt.
Die Polizei evakuierte das Gebäude, während technische und materielle Ausrüstung beschlagnahmt und ein großer Teil der Ressourcen im Gebäude zurückgehalten wurde.
VON
CARSTEN FIEDLER UND GERD HÖHLER / KStA 17.08.20
„Der Traum vom Gold endet abrupt. Ein drei Meter hohes Gitter versperrt die Einfahrt zum „Open Pit“, dem Erztagebau von Skouries auf der Halbinsel Chalkidiki im Norden Griechenlands. Im Boden der hügeligen Landschaft, gut eine halbe Stunde Autofahrt von der westlich gelegenen Küstenstadt Thessaloniki entfernt, werden gewaltige Goldvorkommen vermutet. Wenige Kilometer vor dem Gelände der Goldmine Skouries wird die Schotterpiste, über die der schwarze Pick-up von Dimitris Pitsolis und seinem deutschen Beifahrer dahinrumpelt, zu einer makellos asphaltierten Straße. Doch am Gittertor ist Schluss.(…)
Dimitris
Pitsolis hat Biologie an der Universität in Sofia studiert. Vor
einigen Jahren übernahm er den elterlichen Hotelbetrieb auf
Sithonia, dem mittleren der drei „Finger“ von Chalkidiki. Sowohl
aus ökologischer als auch aus touristischer Sicht sieht der
38-Jährige die Pläne der Kanadier kritisch: „Eldorado Gold ist so
etwas wie das Ryan Air der Goldbranche“, sagt er. „Sie werden
niemals unbedenkliche, aber dafür kostenintensive Verfahren
anwenden, auch wenn sie es versprechen“, fürchtet Pitsolis, der
sich jahrelang aktiv am Protest gegen das Vorhaben beteiligt hat.
„Nichts an dem, was Eldorado Gold hier machen will, ist nachhaltig.
Sie werden uns nur die Verschmutzung der Umwelt hinterlassen.“
Unsere Zeitung – Die Demokratische, 11.8.2020 (Österreich)
Über transformative Kräfte der Selbstverwaltung und der
Integrationskraft des Kapitalismus. Dritter Teil der siebenteiligen
Serie über selbstverwaltete Betriebe in Europa von Christian Kaserer
Dario Azzelini ist Journalist, Buchautor, Politikwissenschaftler,
Soziologe und vieles mehr. Er beschäftigt sich seit etlichen Jahren mit
dem Thema Selbstverwaltung und hat dabei einen besonderen Schwerpunkt
auf Arbeiterkontrolle. Im Interview, das Christian Kaserer für sein
neues Buch „coop – Selbstverwaltete Betriebe und ihre Auswirkungen auf
Arbeit und Gesellschaft“ mit ihm geführt hat, spricht Azzelini über den
gesellschaftlichen Kampf zur Übernahme von Betrieben.
Es gibt so viele Dinge, mit denen man sich auseinandersetzen
kann. Auch die Selbstverwaltung hat unglaublich viele verschiedene
Aspekte. Wieso gerade Arbeiterselbstverwaltung?
Ich bin seit etwa 40 Jahren politisch aktiv und habe alle möglichen Phasen durchgemacht. Ich war auch über lange Zeit Journalist und hab immer viel zu Lateinamerika und politischen Bewegungen gearbeitet. Auch zur Privatisierung des Militärs, Söldner, Paramilitärs und so weiter. Und damit man nicht paranoid wird, sollte man dringend ein Gegengewicht schaffen und so stellte ich mir die Frage, wie soll eine andere Welt eigentlich aussehen? Was sind Alternativmodelle für eine Selbstbestimmung sowohl auf lokaler und kommunaler Ebene, als auch bezüglich der Arbeit? Dabei bin ich eben auch auf diese verschiedenen Formen der Selbstverwaltung gestoßen, wobei mich besonders die Arbeiterkontrolle, die Übernahme der Betriebe durch Arbeiter in den verschiedenen Phasen der Geschichte interessiert hat, weil ich denke, dass darin das größte transformative Potenzial steckt. Genossenschaften sind ja entstanden aus der
Arbeiter- und Arbeiterinnenbewegung heraus als Alternative und heute
werden sie an vielen Unis, vor allem englischsprachigen Unis, nicht als
gesellschaftliche, sondern als Businessalternative gelehrt. Sozusagen
ein anderes, alternatives Businessmodell. Das finde ich nicht nur
verstörend, sondern grundlegend falsch und ich versuche in meinem
Schwerpunktbereich das historisch und aktuell aufzuarbeiten und zu
sehen, was gibt es alles und wie kann man das wieder zugängig machen.
Wie unterscheidest Du diese beiden Modelle?
Wenn ich von Arbeiterkontrolle spreche, dann meine ich nicht das
herkömmliche Genossenschaftsmodell, sondern aus einem Kampf – einem
gesellschaftlichen Kampf – heraus die Übernahme von Betrieben.
Buchtipp: Dario Azzellini: Vom Protest zum sozialen Prozess
Betriebsbesetzungen und Arbeiten in Selbstverwaltung VSA Verlag
152 Seiten | 2018 | EUR 12.80
ISBN 978-3-89965-826-2
Gleichgültig was sie tun, wir Arbeiter*innen der Sozialkooperative VIOME haben beschlossen, dass wir sie nicht brauchen, um zu überleben, und sie können auch ohne unser Zutun kaputtgehen! Seit 2012 kämpfen wir darum, unsere Arbeitsplätze zu behalten, unsere Familien zu ernähren und unsere Würde zu bewahren. Aber die politische Macht und ihre Vollstrecker, die einen ruinösen Kurs im Wiederaufbau der dringend benötigten Produktionskapazitäten fahren, tun alles Mögliche, um uns loszuwerden. Doch „sie machen die Rechnung ohne den Wirt“! Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen, denn wir haben noch einen langen Weg vor uns … Am 30. März, inmitten der Pandemie und der Ausgangssperren: „Kollegen“ des staatlichen Stromversorgers (DEI) in Begleitung von Spezialeinsatzkräften der Polizei haben die Stromversorgung der Fabrik abgeschaltet, während wir intensive Verhandlungen mit dem Arbeitsministerium führten, um eine Lösung für den Weiterbetrieb der Fabrik zu finden. Seit vier Monaten ist unsere Stromversorgung abgeschaltet und wir produzieren weiter mit Hilfe von Stromgeneratoren.
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