Der politische Beitrag von Mikis Theodorakis zu den großen politischen Kämpfen des 20. Jahrhunderts in Griechenland

Am 2. September 2021 starb in Athen im Alter von 96 Jahren der griechische Komponist Mikis Theodorakis. Geboren am 29. Juli 1925 auf der Ägäisinsel Chios, hat er ein außerordentlich reichhaltiges künstlerisches Werk geschaffen und war einen großen Teil seines Lebens politisch und kämpferisch aktiv.

Jenseits seines gewaltigen volksnahen Werkes, das ihn im griechischen Volk populär machte, schrieb er Musik für Film und Theater, Oratorien, Kammermusik, Ballette und symphonische Werke. In Deutschland ist er vor allem durch seine Filmmusik für den Film „Alexis Sorbas“ und durch seine Volksmusik, die seit Jahrzehnten in griechischen Tavernen gespielt wird, bekannt geworden. Auf einzigartige Weise verband er die moderne griechische Volksmusik, hauptsächlich gespielt mit dem Musikinstrument Bouzouki, mit den griechischen Dichtern und das europäische Kunstelement mit der griechischen Musik.

Beitrag von Theodorakis zu den politischen Kämpfen des griechischen Volkes im 20. Jahrhundert

Mikis Theodorakis hat reichhaltige Aktivitäten in allen großen Bewegungen vorzuweisen, die Griechenland im 20. Jahrhundert erschütterten (Nationaler Widerstand gegen die deutsch-italienisch-bulgarische Besatzung 1941-1944 während des Zweiten Weltkriegs, die Dezemberereignisse 1944 in Athen im Kampf gegen die Engländer, griechischer Bürgerkrieg 1946-1949 und antidiktatorischer Kampf gegen die Obristendiktatur 1967-1974).

Mit 18 Jahren organisierte er sich in der Nationalen Befreiungsfront (EAM) und wenig später in der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE), der einzigen linken Massenkraft.

Nach den Dezemberkämpfen in Athen 1944 wird er von der Polizei verfolgt, 1947 verhaftet und auf die Verbannungsinsel Ikaria, später auf die KZ-Insel Makronnisos gebracht, wo er schwer gefoltert wird. Er geht 1954 mit einem staatlichen Stipendium zum Musikstudium nach Paris, von wo er 1960 zurückkehrt. 1963 wird er zum Vorsitzenden der linken Lambrakisjugend gewählt und 1964 als Parlamentsabgeordneter der Vereinigten Demokratischen Linken (EDA). (Die KKE war damals verboten.)

Sofort nach dem Militärputsch vom 21. April 1967 geht er in die Illegalität und gründet die erste Widerstandsorganisation, die Allgriechische Antidiktatorische Front (PAM). Sein Werk wird verboten. Es folgen Verhaftung, Isolationshaft und Hungerstreik. Nach Protesten im Ausland wird er zu Hausarrest in Arkadien verurteilt, bis er im April 1970 wieder nach Paris ausreisen kann. Nach dem Sturz der Diktatur 1974 kehrt er nach Griechenland zurück.

Theodorakis engagierte sich auch 2010-2015 in der großen Bewegung gegen das Spardiktat der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) und wurde auf Demonstrationen in Athen von Tränengas eingehüllt.

Theodorakis war ein politischer Kämpfer, doch ohne feste politische Grundlagen. Daher seine politischen Fehler. 1974 stützte er den Konservativen Konstantinos Karamanlis, 1990 wird er in der Regierung der konservativen Neuen Demokratie (ND) Minister, was große Enttäuschung in weiten Teilen der Gesellschaft hervorruft. Seine jüngste Haltung zur „Mazedonien-Frage“ bringt ihn auf Versammlungen neben Rechtsextreme und Faschisten. Diese Kritik an Theodorakis ist nicht nur legitim, sondern auch notwendig, wenn wir unsere Kämpfe voranbringen und die kollektive Vision, die er in seinen Liedern besingt, verwirklichen wollen. Dies schmälert nicht seinen gewaltigen Beitrag zu den Kämpfen des griechischen Volkes und zur Kultur.

Theodorakis künstlerisches Werk

Sein Werk war zweifellos das Rückgrat des griechischen politischen Liedes. Es ist verbunden mit dem Kampf der Unterdrückten für Freiheit und Gerechtigkeit, mit der Geschichte des Landes und der Linken. Die Leiden, die Verbannungen, die Opfer, die Niederlagen, doch auch der Mut, die Hoffnungen und Visionen des griechischen Volkes fanden darin Ausdruck. Als Beispiele seien genannt: „Wenn sie die Fäuste ballen“ nach Versen von Jannis Ritsos, „Der lächelnde Junge“ (Brendan Behan) oder „Eine Schwalbe“ nach dem Literaturnobelpreisträger Odysseas Elytis.

Theodorakis war der erste griechische Komponist, der das Werk großer Dichter vertonte. Dieses fand eine gewaltige Aufnahme bei den Volksschichten. Theodorakis verband den Klang des Musikinstruments Bouzouki mit den bekanntesten Sängern. Noch heute werden diese Lieder gesungen. Zum Beispiel „Die Schicksalhaften“ von Kostas Varnalis, „Diese Bäume“ von Jannis Ritsos oder „Canto General“ von Pablo Neruda.

Neben der ernsthaften Dichtung und den politischen Liedern komponierte er eine Reihe von Volksliedern, die über Schmerz, Armut, Fremde, Liebe, den Stolz und die Freuden des griechischen Volkes sprachen. Dabei spielten volksnahe Sänger und Sängerinnen wie Grigoris Bithikotsis, Mary Linda, Stelios Kazanzidis oder Maria Farandouri eine wichtige Rolle. Solche Lieder waren „Es regnet im Armenviertel“ nach Tasos Livaditis, “Der Junge hat Kummer“ nach Manos Eleftheriou oder „Über die Fremde“ von Errikos Thalassinos.

Das System versucht ganz bewusst seit Jahrzehnten, den Dichter nur als einen der „ganzen Nation“ gehörenden entpolitisierten Menschen darzustellen. Die herrschende Klasse versucht, den ernsthaften politischen Reichtum des Dichters zu verschweigen und die Bewegungen, die sich mit diesem identifizieren, zum Vergessen zu verurteilen. Doch das künstlerische Werk von Theodorakis ist ein Besitz der Gesellschaft und der Kämpfe des Volkes. Es lässt sich nicht in das Establishment integrieren. Es wird immer den Bewegungen und den Gesellschaften gehören, die seine Musik mit ihrer Leidenschaft für Freiheit und Gerechtigkeit identifizieren.

Dieser Beitrag wurde unter Griechenland abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.