50. Todestag von Giorgos Seferis

Vor 50 Jahren, am 20. September 1971, starb der Dichter und Literaturnobelpreisträger Giorgos Seferis. Vermeintlich unpolitisch, wurde sein Begräbnis zum Fanal gegen die Diktatur in Griechenland.

Von Philipp Haibach, 20.0.2021 – der Freitag

Übersetzung. Christian Enzensberger

<<Als die Verlegerin Katerina Karydi diesen Satz sagt, ist Mikis Theodorakis noch am Leben, es ist der letzte Tag im August: „Theodorakis schob die Lyrik unserer bedeutendsten Dichter mit seinen Liedern in die Münder aller Griechen.“ Auch die des ersten Literaturnobelpreisträgers Griechenlands, Giorgos Seferis, der ihn 1963 gewann, indem er sich – wie wir heute wissen – gegen Nabokov, Beckett und Neruda durchsetzen konnte. (…)

… die meisten Athener sind in diesen Tagen noch immer auf einer der nahen Inseln. Dort machen sie vielleicht gerade die bittere Erfahrung, die einem den schönsten Sommertag ruinieren kann und die Seferis in einem seiner Gedichte so beschrieben hat: „von links weht der Südwind und macht uns irr / dieser Wind, der uns das Fleisch von den Knochen löst“.

Trauerzug des Protests

Doch das sind nicht die Verszeilen, die Theodorakis vor vielen Jahren jedem Griechen in den Mund gelegt hat. Neben den Hits Arnissi oder Epiphania hat er auch für das Lied Ligo Akoma die Lyrik von Seferis vertont: „Nur ein Weniges noch / und wir werden die Mandeln blühen sehen / den Marmor in der Sonne leuchten / und das Meer sich wiegen / nur ein Weniges noch / um ein Weniges lasst uns höher hinauf.“ Hunderttausende Athener sangen diese Zeilen im September 1971 bei Seferis’ Beerdigung, damals, als die Junta das Land noch im Würgegriff hatte.

Es war ein Trauermarsch für einen vermeintlich Unpolitischen, der nur einmal in einer Erklärung im Jahr 1969 explizit gegen das Regime protestiert hatte: „Dieser unwürdige Zustand muss aufhören!“ Rasch wandelte sich die Beerdigung zu einer mutigen Kundgebung für Freiheit und Demokratie; und seine von Theodorakis vertonten Verse wurden zur Verheißung einer besseren Zukunft. Denn noch musste jeder, der seine Melodien nur pfiff oder summte, mit Verhaftung und Aburteilung rechnen. Drei weitere qualvolle Jahre würde das noch so gehen. (…) >> vollständigen Artikel lesen

Nach seinem Tod am 20. September 1971 in Athen folgten Tausende dem Sarg von Giorgos Seferis und sangen sein von Mikis Theodorakis vertonte berühmteste Gedicht, als Protest gegen die Militär-Junta.
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