Wasserwerker von Thessaloniki zum Erfolg vor dem obersten Gericht

Mitteilung der Betriebsgewerkschaft der EYATH (1) zur Entscheidung des Staatsrates (2)

„Die Entscheidung der Vierten Kammer des Staatsrates 1224/2020 bedeutet einen großen Erfolg im Kampf gegen die Privatisierung des Wassers und gegen die Eingliederung der EYATH in das Portfolio des Superfonds (3). Zum zweiten Mal im Jahrzehnt der Memoranda und der Schuldenkrise bremst der Kampf um das Wasser als öffentliches und soziales Gut nicht nur die Memorandumspolitik ab, sondern bringt sie womöglich zum Kippen.

Bitte bedenkt Folgendes: War die Entscheidung 1906/2014, mit der die  Eigentumsübertragung der Athener Wasserwerke EYDAP (4) auf den HRADF-Fonds (5) untersagt wurde, seinerzeit eine Überraschung, desto mehr entfaltet die heutige Entscheidung 1224/2020 eine eigene Dynamik, da sie sich gegen die Eingliederung der EYATH in den Superfonds richtet, der genau zur Korrektur der „Unzulänglichkeiten“ des früheren HRADF-Fonds geschaffen wurde. Wir erinnern daran, das im 3. Memorandum ein besonderer Hinweis auf die Gerichtsentscheidungen über EYDAP-EYATH gemacht wurde. Das hier ist die einzige Niederlage des Superfonds.

Der Staatsrat vertritt die Ansicht, dass die Kontrolle über die Wasserwerke dem griechischen Staat entzogen und im Wesentlichen der Kommission und dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) übertragen wird. Diese Entscheidung ist ein Faustschlag ins Gesicht der Troika und der Institutionen, die uns brutal unterdrücken.

  • Die endgültige Entscheidung wird an das Plenum des Staatsrates verwiesen.
  • Nichts von den oben genannten Entwicklungen wäre eingetreten, wenn wir uns dem Schicksal ergeben hätten, das manche für uns vorherbestimmt haben wollten.
  • Keines der oben genannten Ziele wäre erreicht, wenn wir im Sumpf von Pessimismus, Defätismus, Furcht und Verbitterung versunken wären.
  • Dieser Sieg gehört uns!

Im Laufe der Jahre betreiben wir eine Politik der leisen Töne, versuchen Hoffnung und Realitätssinn im Gleichgewicht zu halten, haben eigentlich viele Erfolge erlebt, ohne Lobeshymnen und übertriebene Freudebekundungen anzustimmen. Doch die Einzigartigkeit dieser Entscheidung, ihre richtungweisende Zeichensetzung und ihre Tragweite für die Privatisierungspolitik erlauben uns diesmal eine kleine Ausnahme zu machen: 

—> Unsere Gewerkschaft spielte bei diesem Erfolg die Hauptrolle.
—> Wir haben seit dem ersten Tag der Gründung des Superfonds (September 2016) nicht aufgehört zu kämpfen: 48-Stunden-Streiks, Wassersperre für die SYRIZA-Büros, Arbeitsniederlegungen, Bombardement des Parlaments mit 3.300.000 Mails, erste nationale Klageerhebung gegen den Superfonds, kohärente Vorgehensweise mit der Regionalvereinigung der Gemeinden von Zentralmakedonien (PEDKM) und mit der Bewegung „Soste to Nero“ (6). Es waren die Mitglieder unserer Gewerkschaft, die den Aufruf für die Klageerhebung zuerst unterschrieben haben.
—> Dieser Sieg bestätigt, dass wir vereint alles erreichen können.
—> Dieser Sieg soll unseren offenen Brief aus dem Jahr 2013 an die Investoren in Erinnerung rufen: „Investiert nicht in die Wasserversorgung von Thessaloniki, wir werden immer hier sein, um gegen die Privatisierung zu kämpfen; ihr werdet euer Geld verlieren!“

Wir müssen dem damaligen Präsidenten der Regionalvereinigung der Gemeinden von Zentralmakedonien (PEDKM), Herrn Lazaros Kyrizoglou, danken, denn dank seiner Unterstützung hat die PEDKM an der Klageerhebung teilgenommen und einen Großteil der Kosten gedeckt; ebenfalls bedanken wir uns bei unseren Anwälten beim Staatsrat, Aikaterini Georgiadou – Alexander Sarivalasis, und natürlich auch bei den Mitgliedern der Bewegung „Soste to Nero“ für die gemeinsamen Kämpfe über Jahre hinweg, und schließlich bei allen Mitgliedern unserer Betriebsgewerkschaft EYATH, denn ohne eure Unterstützung wäre nichts erreicht worden.

Es folgt eine kleine Rückblende unseres Kampfes bis zur Entscheidung des Staatsrates:

(1) Betriebsgewerkschaft der EYATH = Betriebsgewerkschaft des Wasserversorgungs- und Abwasserunternehmens Thessaloniki (seeyath.blogspot.com)
(2) Der griechische Staatsrat ist das oberste Verwaltungs- und Verfassungsgericht der Republik Griechenland. Es geht um die Entscheidung 1224/2020 vom 16.06.2020 der 4. Kammer des Staatsrates.
(3) Der Superfonds = Griechische Gesellschaft für Beteiligung und Vermögen (HCAP); Dachkörperschaft (Rechtsform AG) zum Zweck der Privatisierung und der Veräußerung aller ihr übertragenen Vermögenswerte des griechischen Staates an private Investoren – siehe auch Fußnote Nr. 5. Insgesamt sollen staatliche Beteiligungen im Wert von 50 Milliarden Euro privatisiert werden.
(4) EYDAP – Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsgesellschaft Athen AG
(5) HRADF – Verwertungsfonds für das öffentliche Privatvermögen AG; die griechische Abkürzung: TAIPED. HRADF ist die Vorläuferorganisation des Superfonds HCAP (siehe Fußnote Nr. 3) und inzwischen auch ihre Tochtergesellschaft. 
(6) Soste to Nero-Bewegung siehe www.savegreekwater.org.

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