Gerechtigkeit für Distomo

Nach langem vergeblichen Kampf um Entschädigungen für die Greueltaten der Wehrmacht hatten sich die Bewohner von Distomo entschlossen, auf eine Bestimmung des EU-Rates zurückzugreifen, der zufolge Entscheidungen eines Gerichts in einem europäischen Land auf dem Territorium eines anderen Mitgliedslandes der EU erfüllt werden können. Sie überließen ihre Forderungen Italien, damit die Entscheidung auf dessen Territorium in die Tat umgesetzt werde. (…) Am 1. Juli haben wir geschrieben: „Die Entscheidung des Kassationsgerichts Rom bleibt abzuwarten, aber es gibt neue Hoffnung, dass die Entschädigungs für die Opfer von Distomo nach 75 Jahren endlich geleistet wird.“ Nun ist diese Entscheidung gefallen – zugunsten der Gerechtigkeit.

Gericht in Italien spricht griechischen Wehrmachtsopfern Entschädigungen zu

Von Efthymis Angeloudis , Junge Welt vom 12.9.2019

„Der Oberste Gerichtshof Italiens, das Kassationsgericht in Rom, hat am 4. September das Recht griechischer Kläger anerkannt, deutsches Eigentum in einem EU-Land als Entschädigung für die Greueltaten Nazideutschlands zu beschlagnahmen. Auf der Grundlage des Urteils fordern die 296 Kläger, Überlebende und Verwandte der Opfer des Massakers von Distomo während der Besetzung Griechenlands durch das faschistische Deutschland mindestens 25 Millionen Euro Entschädigung – einen Betrag, der aus dem Erlös der italienischen Bahn, die sich mehrheitlich im Besitz der Deutschen Bahn befindet, bezahlt werden könnte. (…)

Die Rechtsprechung ließ nicht lange auf sich warten. Zwei Jahre später sprach das Gericht der Stadt Livadia den 258 Antragstellern – Überlebenden und Angehörigen der Opfer des Distomo-Massakers – eine Entschädigung von rund 23,5 Millionen Euro zu. Deutschland weigerte sich, die durch die gerichtliche Anordnung geschuldeten Beträge zu zahlen. Um die »guten« deutsch-griechischen Beziehungen nicht zu gefährden, weigerte sich der damalige griechische Justizminister Filippos Petsalnikos ebenfalls, das Urteil zu unterzeichnen. Berlin legte 2002 Einspruch ein, der vom Obersten Gerichtshof in Athen akzeptiert wurde.

Stamoulis (Präfekt von Boeotia und ehemaliger EU-Abgeordneter der PASOK) verwies allerdings auf die Verordnung 44/2001 des Europäischen Rates, wonach ein Urteil eines griechischen Gerichts auch in einem anderen EU-Mitgliedsstaat vollstreckt werden kann. Wenn den Opfern von Distomo keine Gerechtigkeit in Griechenland widerfahre, würden sie es in Italien versuchen. Mit der historischen Entscheidung des Kassationsgerichtes sollen Opfer und Hinterbliebene nun erhalten, was ihnen zusteht. Der italienische Anwalt Joachim Lau, der die Kläger vertritt, erklärte gegenüber Kathimerini, dass die Hauptfrage, »ob wir deutschen Besitz auf italienischem Gebiet als Entschädigungszahlung pfänden können, beantwortet wurde.«

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