Zinsgewinn dank Euro-Krise

In Griechenland müssen Menschen im Müll suchen, um überleben zu können. Wer die Erpressung des Landes kritisiert, gilt als »Populist« (Athen, 24. Juni 2012) Foto: Pascal Rossignol/REUTERS

Deutschland profitiert von Erpressung Griechenlands und expansiver Geldpolitik der Europäischen Zentralbank

Von Vladimiro Giacché (aus: JUNGE WELT vom 3.5.2018)

Kritiker der neoliberalen Ordnung der Europäischen Union werden gerne als »Populisten« bezeichnet. Nehmen wir die Nullzinspolitik und das Staatsanleihenkaufprogramm »Quantitative Lockerung« (Quantitative Easing – QE) der EZB. Wie oft haben wir diesbezüglich gehört, dass es sich um ein Geschenk für die Südländer und einen Diebstahl auf Kosten des deutschen Steuerzahlers handle? Wie oft wurde diese Anklage gegen EZB-Präsident Mario Draghi erhoben, um die Notwendigkeit einer Zinserhöhung und eines raschen Endes der QE zu bekräftigen?

Der deutsche Sparer

Nun, die Realität sieht anders aus. Am Centro Europa Ricerche (CER) in Rom haben wir im Januar eine einfache Untersuchung gemacht. Es ging um die Berechnung des Unterschiedes zwischen den Zinsen, die die europäischen Staaten für ihre Staatsschulden von 2007 bis 2017 wirklich bezahlt haben, und der Summe, die sie bezahlt hätten, falls die Zinsen für Staatsanleihen auf dem Niveau von 2006 (Frankreich 3,9 Prozent, Deutschland 4,1 Prozent, Italien 4,4 Prozent) auch in den folgenden Jahren konstant geblieben wären. Das Ergebnis: Deutschland hat am meisten Zinsen gespart (280 Milliarden Euro). Es folgen Frankreich (230 Milliarden Euro) und Italien (140 Milliarden Euro). Die gesamte Ersparnis für die Euro-Zone ist beträchtlich: 950 Milliarden Euro. Aber von mehr als 70 Prozent dieser Summe (etwa 690 Milliarden Euro) hat das sogenannte Kerneuropa profitiert, während den peripheren Staaten, die sogenannten PIIGS (Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien), weniger als 30 Prozent der Ersparnisse (etwa 260 Milliarden Euro) zugute gekommen sind. (…)               weiterlesen

Vladimiro Giacché ist Ökonom und Mitglied des Wirtschaftsforschungsinstituts Centro Europa Ricerche (CER) in Rom

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