AKL -Erklärung

 
NEIN auf der Straße, im griechischen Parlament und im deutschen Bundestag! Erklärung des AKL-Bundessprecher*innen-Rates
 
Alle bisherigen Finanzverhandlungen haben gezeigt, dass Schäuble und andere Vertreter der EU-Austeritätspolitik die Syriza-geführte Regierung in Griechenland erpressen wollen. Die beispiellose Machtdemonstration der Bundesregierung am letzten Wochenende in Brüssel hat die griechische Regierung und die EU schließlich an den Rand des Zusammenbruchs getrieben. Athen soll nun in zentralen Bereichen seiner demokratischen Institutionen beraubt und nahezu alle staatlichen Entscheidungen dem Diktat der Troika unterworfen werden. Griechenland wird in ein Protektorat verwandelt.
 
DIE LINKE kann und darf dieser Form der Erpressung und Machtdemonstration nicht zustimmen – weder im Bundestag – noch anderswo!
 
Die griechische Bevölkerung hat vor zwei Wochen mit großer Mehrheit „OXI“ gestimmt zur Spar-, Kürzungs- und Verarmungspolitik der EU, die die weitere Verschlechterung der Lebensbedingungen in Griechenland fortsetzt. Sie haben NEIN gesagt zu Sozialkürzungen, Privatisierungen, einer Anhebung der Massensteuern wie der Mehrwertsteuer sowie zu einer neoliberalen Reform des Arbeitsmarkts oder des Rentensystems bzw. zu weiteren Rentenkürzungen. Diesem NEIN folgten von Seiten der EU und der Institutionen eine Woche der Ultimaten und Erpressungen mit der offenen Drohung: Kapitulation oder Grexit unsererseits!
Die griechische Regierung stellte angesichts dieser massiven Propaganda einen Antrag auf ein drittes Kreditprogramm und beschloss eine Maßnahmenliste ähnlich jener, die gerade mit großer Mehrheit von der Bevölkerung abgelehnt worden war.
Wenn die Syriza-Regierung gehofft hatte, dieser Schritt würde von der Troika und der deutschen Regierung belohnt werden mit einem Schuldenschnitt, dann war das ein großer Irrtum. Denn mit diesem Antrag hatte sie die dringend benötigte wirtschaftspolitische Wende abgesagt und folgte der Troika-Logik. Das alte Spiel der Erpressungen und Diktate ging weiter, wenn auch mit einigen Zwischentönen aus Frankreich und Italien. Die EU und insbesondere Schäuble und Merkel weigern sich beharrlich, auch nur einen Millimeter von der bisherigen Linie abzuweichen und sind fest entschlossen, jeglichen Widerstand gerade einer linken Regierung wie in Griechenland und anderswo zu unterdrücken. Alle die bisher die aggressive Wirtschafts- und Finanzpolitik der deutschen Bundesregierung geleugnet haben, wurden nun eines besseren belehrt. Nicht zu vergessen, dass deutsche Banken und Konzerne von Anfang an den Euro nach ihren Interessen geprägt und für ihre Expansion genutzt haben. Nun wird wirtschaftliche Macht und Stärke auch machtpolitisch mit Hilfe von Vasallen durchgesetzt.
Statt des dringend benötigten Schuldenschnitts  wurde Griechenland ein neuer Kredit zur Rückzahlung alter Schulden bei deutschen und französischen Banken in Aussicht gestellt. Voraussetzung dafür ist der vorauseilende Gehorsam des griechischen Parlaments, weitere Kürzungen bei den Renten, die Absenkung des Arbeitsschutzes und die Erhöhung der Mehrwertsteuer zu beschließen. Ganz explizit fordert die Vereinbarung sogar „Massenentlassungen nach dem mit den Institutionen vereinbarten Zeitplan und Ansatz“.
Außerdem sollen griechische Vermögenswerte in Höhe von 50 Milliarden Euro in einen Fond übertragen werden, um durch Privatisierungen die Schulden zu tilgen. Der vorgeschlagene Fond soll zwar in Griechenland eingerichtet, aber unter der „Aufsicht der maßgeblichen europäischen Organe und Einrichtungen verwaltet werden“. Das ist beispielsweise die KfW-Bank, deren Chef Schäuble selbst ist und sein Stellvertreter ist Sigmar Gabriel. So wird es schon gelingen, dass deutsche Konzerne den Zuschlag beim Versilbern des griechischen Tafelsilbers wie z.B. den Flughäfen und der Telefongesellschaft bekommen – Fraport, Siemens und Telekom stehen schon in den Startlöchern.
 
Kapitalismus und EU stehen im direkten Widerspruch zu linker Politik, das sehen wir sehr eindrücklich in Griechenland.  Ja zu Europa, Nein zur EU!
 
Die Entwicklungen der letzten Monate, die bedingungslose Durchsetzung der Austeritätspolitik durch Merkel, Schäuble und „die Institutionen“, die Missachtung demokratischer Entscheidungen durch die Troika und die  konsequente Propaganda der öffentlichen Medien gegen die griechische Regierung haben gezeigt, wie begrenzt der Spielraum einer linken Regierung im Rahmen der EU, Eurozone und des neoliberalen Kapitalismus ist. Es kann heute kein Zweifel mehr bestehen darüber, dass die EU undemokratisch und neoliberal ist. Die EU ist in erster Linie ein Instrument des deutschen Kapitals, gestützt durch wirtschaftliche Eliten anderer Euro-Länder – mit Frieden, Demokratie und Völkerverständigung  hat sie in der Realität nichts zu tun. Eine linke Partei darf nicht Anhängsel einer deutschen Großmachtpolitik werden! Wie die deutsche und die europäische Linke sich zur EU positionieren, ist eine entscheidende Frage unserer Zeit. Ein Ja zu einem sozialen Europa und ein Ja zum Internationalismus erfordern ein klares Nein zur EU in ihrer gesamten neoliberalen Konzeption.
Der Fall Griechenland zeigt, dass selbst kleine Reformen in diesem Stadium des Kapitalismus nur auf Grundlage großer außerparlamentarischer Mobilisierungen durchsetzbar und immer wieder von den Statthaltern kapitalistischer Institutionen und Regierungen bedroht sind. Das unüberhörbare OXI der Mehrheit der griechischen Bevölkerung muss genutzt werden für Forderungen nach einem Ende der neoliberalen Austeritätspolitik, nach einem Schuldenschnitt – ohne Wenn und Aber. Zur konsequenten Durchsetzung dessen muss eine linke Regierung einen Plan B aufweisen können. Wirkliche Veränderungen sind nur durch einen grundlegenden Bruch mit den kapitalistischen Macht- und Eigentumsverhältnissen möglich. Alle Maßnahmen von Syriza oder anderen linken Regierungen zur Bekämpfung der humanitären Krise und die Umsetzung ihrer Wahlversprechen werden deshalb in Zukunft nur dann erfolgreich sein, wenn sie von einer breiten Massenmobilisierung getragen werden und mit einem Bruch mit den prokapitalistischen, neoliberalen und undemokratischen Institutionen der EU verbunden sind.
 
DIE LINKE muss die Partei gegen Austerität sein und bleiben!
 
Auch wenn seit der Übernahme der griechischen Regierung durch Syriza die Bundestags-Abstimmungen über „Hilfsprogramme“ unter anderen Bedingungen stattfinden, ist der neoliberale Charakter dieser Kredite bestehen geblieben. Die Bedingungen, unter denen die Finanzkredite aus dem ESM gewährt werden, sind seit jeher mit harten Sparmaßnahmen verbunden, die einen neoliberalen Umbau und eine Entdemokratisierung der Gesellschaft vorantreiben. Die Auswirkungen werden vor allem in Südeuropa erschreckend deutlich. Die Krisenpolitik hat dort der breiten Bevölkerung die soziale Sicherheit und gesundheitliche Versorgung genommen, sie Obdachlosigkeit und sogar Hunger gefördert, sie hat neue Armenhäuser hervorgebracht.
Wir stehen an einem Wendepunkt in Europa; Rosa Luxemburgs Prophezeiung droht Wirklichkeit zu werden: „Sozialismus oder Untergang in der Barbarei!“
Es war konsequent, dass DIE LINKE. seit Beginn der neoliberalen Krisenpolitik bis zur Abstimmung über die Griechenlandkredite am 20. Februar milliardenschweren Bankenrettungen und sozial zerstörerischen Spardiktaten die Zustimmung verweigerte. Wir bildeten die einzige Kraft bundesweit, die sich gegen die propagierte neoliberale Alternativlosigkeit und gegen die einseitigen Profitinteressen des deutschen Wirtschafts- und Finanzkapitals stellte. Aus der Programmatik der LINKEN ergibt sich eine klare Ablehnung der Spar- und Kürzungspolitik sowie der Institutionen, die ein JA zu einem „Hilfspaket“ unter keinen Umständen zulässt. Die mehrheitliche Zustimmung der Fraktion im Februar war ein schwerer Fehler, der nun korrigiert werden muss. Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch haben erklärt:
„Wer beim Referendum für eine „Nein“ war, um weiteren Kürzungsdiktaten eine Absage zu erteilen, kann jetzt nicht ,Ja‘ sagen.“ Wir hoffen, dass gilt bei der bevorstehenden Abstimmung für die gesamte Fraktion. Solidarität mit Griechenland kann nur heißen: Unterstützung der Kräfte in Griechenland wie der Linken in- und außerhalb von Syriza, die nun NEIN zu dieser Erpressung sagen. Es kann nur heißen: NEIN zum Antrag der Bundesregierung und dem damit verbundenen Sparpaket! OXI heißt NEIN!
 
AKL-Bundessprecher*innen-Rat, 15. Juli 2015
 
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