Offener Brief an die Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela Merkel.

Prof. Dr. Spiridon Paraskewopoulos (Emeritus)
Bis 2007 Lehrstuhlinhaber (Professur) für Makroökonomik und
Direktor des Instituts für Theoretische Volkswirtschaftslehre ander Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig 

     

Köln, 22.09.2014

Offener Brief an die Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela Merkel.Die „nützlichen Idioten“ und „die dummen Franken“

Es folgt Etwas, was Sie sehr geehrte Bundeskanzlerin Frau Dr. Merkel wissen sollten, wenn Sie Morgen Dienstag (23.09.2014) den Ministerpräsidenten Griechenlands, Herrn Samaras, in Berlin empfangen werden. Er wird versuchen, Sie mit den angeblichen großen Errungenschaften, die seine Regierung in den letzten zwei Jahren erreichte, imponieren, um weitere Mrd. € Kredite zu erbetteln. Konkret sollten Sie Folgendes wissen:

Erstens, dass alle bisherigen griechischen Politiker das griechische Volk als ihre “nützlichen Idioten“ und die europäischen Politiker einschließlich ihrer Völker als „die dummen Franken“  (κουτόφραγκοus) betrachten.

Zweitens, das was die griechischen Politiker seit Jahrzehnten in Griechenland betreiben, ist nichts anderes, als dass sie ständig nicht nur das griechische Volk, sondern auch ihre europäischen Kollegen und damit die europäischen Völker permanent belügen und berauben und sich auf Kosten beider enorm bereichern.

Drittens, diesen korrupten griechischen Politikern ist es bisher sehr gekonnt gelungen, die griechischen Bürger in einem raffinierten Klientel bzw. vetternwirtschaftlichen System  (Erwartungssystem) einzubinden, so dass sie für die Realisierung der persönlichen und illegalen Bereicherungsinteressen ihrer Politiker, permanent die Rolle des nützlichen Idioten übernehmen und erfolgreich – zum Vergnügen ihrer Politiker – spielen.

Viertens, das Dumme und das Unverständliche dabei ist, dass auch die Europäer vermutlich unbewusst (?) bei diesem verdorbenen Spiel sehr aktiv mitmachen. Sonst ist nicht zu verstehen, dass sie Hunderte von Milliarden € europäischen Subventionen und billige Kredite den griechischen Politikern anvertrauen, welche sie zum großen Teil veruntreuen.

Fünftens, merken die von den Griechen „dummen Franken oder auch Barbaren“ genannt, dass sie permanent über den Tisch gezogen werden und damit außer sich selbst und ihren Bürgern auch das griechische Volk schädigen?

 Herr Samaras wird am 23.09. nach Berlin kommen,  um Ihnen sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin zu sagen, dass angeblich seine Regierung in den letzten zwei Jahren die vereinbarten Verpflichtungen gegenüber ihren Geldgebern erfüllt hat. Er erwartet, dass auch sie jetzt der griechischen Regierung entgegen kommen müssten. Das Entgegenkommen im Sinne Samaras bedeutet, dass die europäischen Kreditgeber, d.h. die europäischen Steuerzahler, möglichst eine große Portion der inzwischen über 320 Mrd. € (ca. 176% des BIP) angestiegenen öffentlichen griechischen Schulden erlassen sollten. Angenommen Samaras erreicht sein Ziel, wem kommen wirklich die erlassenen Mrd. € zugute? Würden die europäischen Steuerzahler, die auf ihre mehreren Mrd. € verzichten sollen, sicher sein, dass davon das arme griechische Volk profitieren wird?

Sechstens, sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, Sie  müssten eigentlich Samaras kennen. Als vor ca. drei Jahre Griechenland de facto Zahlungsunfähig war, und die Europäer mit großzügigen Krediten und etwas später die privaten Anleger mit dem Verzicht von ca. 107 Mrd. €, Griechenland von der anstehenden Pleite retteten, war Samaras als Oppositionsführer derjenige, der die zwischen der damaligen griechischen Regierung und der Troika (IWF, Euroländer, EZB) vereinbarten Kreditbedingungen ablehnte und den Kreditgeber die Entscheidung für die Rettung Griechenlands schwer machte. Mit seinen extrem egoistischen politischen Aggressionen und Agitationen stürzte schließlich in einer für Griechenland sehr kritischen Zeit die Regierung und beschleunigte damit den katastrophalen Weg Griechenlands in den Abgrund. Nach zwei – innerhalb von zwei Monaten- kostspieligen Nationalwahlen hat er endlich sein Ziel erreicht und wurde Ministerpräsident. Danach bildete er eine Koalition mit der gestürzten Regierungspartei und versprach plötzlich den Kreditgebern alle Kreditbedingungen zu erfüllen. Er drehte sich um 180 Grad. Können Sie, sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin und die übrigen Europäern einen solchen Menschen- und Politikertyp wie Herrn Samaras vertrauen?

Siebtens, Samaras übt schon über 37 Jahre politische Macht in Griechenland aus. Fast die ganze Zeit war er Abgeordnete im griechischen Parlament, sehr oft war er in dieser Zeit Minister und jetzt ist er Ministerpräsident und Parteivorsitzender. Insofern ist er für die gegenwärtige griechische Krise und katastrophale Entwicklung nicht nur mitverantwortlich, sondern  auch Verursacher.

Achtens, er ist nach wie vor, wie alle bisherigen und jetzigen griechischen Politiker waren und sind, Klientel Politiker. Dies bedeutet, dass sie die Beziehung zwischen Regierungsmacht und Bürgern als handelbares Marktprodukt betrachten und entsprechend handeln. Sie als Regierungsmacht ausübende Politiker verkaufen an die Bürger Einstellungen im öffentlichen Dienst, Befreiung von Strafen bei begonnenen Straftaten, verteilen illegal Studienplätze an ihren Kindern, erlauben das Bebauen von Grundstücken ohne Baugenehmigungen, etc. und die Bürger kaufen mit ihren Stimmen und mit ihrer Mitgliedschaft in der Partei die angebotenen Güter. Die Klientel Politiker verkaufen darüber hinaus an staatlich geförderten privaten Unternehmungen den Bau von Infrastrukturprojekten, Bestellungen von Ausrüstungsgütern jeglicher Art und sie zahlen an die Politiker als Gegenleistung nicht nur Millionen € Schmiergeldern, sondern bauen kostenlos ihre Villen, finanzieren ihre Luxusreisen, finanzieren ihre Wahlkampfausgaben und verpflichten sich, viele ihrer Parteigenossen einzustellen. So bereichern sich beide Seiten auf Kosten des Steuerzahlers.

Die gleichzeitig geltende Immunität für die Politiker gekoppelt mit der von ihnen betriebenen Abwertung und Korrumpierung der Gerichtsbarkeit, beängstigen damit die Bürger und schalten mit ihrer politischen Macht alle diejenigen, die Widerstand zu leisten versuchen, aus. Schamlos decken und beschützen sie zugleich alle, die bei ihrem willkürlichen und korrupten Handeln mitmachen. Dieses Klientel System führte zu der gegenwärtigen exorbitanten Überschuldung Griechenlands und damit zu erheblichen Verlust seiner nationalen Souveränität. Diese Entwicklung scheint Samaras wenig zu interessieren, die Hauptsache für ihn ist, er bleibt Ministerpräsident und damit Nutznießer seines Klientel Systems.

Neuntens, mit Ausnahme von zwei (Papageorgopoulos und Tsochazopoulos) bereits ausrangierten hochrangigen Klientel Politiker und Parteigenossen von den heutigen Regierenden, ist bisher  kein anderer von den Hunderten von dieser Sorte Politiker, die das griechische Volk regelrecht ausplünderten, bestraft worden. Die zwei haben als Oberbürgermeister, Präfekten, Parlamentsabgeordnete und Minister in den letzten 35 Jahren in Griechenland regiert. Sie haben Millionen € von öffentlichen Geldern mit den oben beschriebenen Methoden veruntreut. Sie wurden deshalb vor ca. zwei Jahren, der einer lebenslänglich und der andere zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt.

Man hatte gedacht, endlich sind die nützlichen Idioten wach geworden. Leider ist daraus nichts geworden. Das korrupte Klientel System der Politiker läuft weiter wie bisher mit der gleichen Intensität.

Den Beweis dafür brachte vergangene Woche in der griechischen Öffentlichkeit der Generalinspektor für die öffentliche Verwaltung, Herr Rakinzis, der sagte, dass er bei der Ausführung seiner Aufgaben von der exekutiven und insbesondere auch von der gesetzgebenden Gewalt (das Parlament) behindert wird, bekannte Personen des öffentlichen Lebens (also Politiker), die in Korruptionsfällen verwickelt sind, anzuklagen.

Wie kann man sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin mit so einer Person reden, geschweige ihm zusätzliche Geldern der europäischen Steuerzahler anvertrauen?

Zehntes und Letztes: Griechenland trotzt Krise mit ca. 17.000 € BIP pro Kopf (2013) liegt auf dem 15. Rang der 28 EU-Länder und auf dem 37. Rang der 186 Länder der Welt. Damit steht Griechenland ökonomisch besser da als fast die Hälfte der 28 EU-Länder und besser als 149 von 186 Ländern der Welt. Insofern ist Griechenland nicht arm. Leider total korrupt, unfähig und falsch waren und sind seine Politiker. Dies sollten Sie im Hinterkopf haben, wenn Sie morgen mit Herrn Samaras reden.

Eine engliche Fassung des Briefes finden Sie hier:
http://www.internationaltradenews.com/news/articles/10_reasons_to_pull_the_plug_on_greece/

Dieser Beitrag wurde unter EU-Politik, Griechenland abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.