Schuld nach unten abgewälzt

Nach Eisenbahnkatastrophe in Griechenland stehlen Regierung und OSE-Chefs sich aus der Verantwortung. Parlamentswahlen Ende Mai

Von Hansgeorg Hermann, Chania, 1.4.2023 – junge Welt

Seit einem Monat fragen sich die Griechen, wer eigentlich die Verantwortung für das verheerende Zugunglück nahe der kleinen Ortschaft Tempi im Bezirk Larissa zu übernehmen hat. Dort waren am 28. Februar ein Güterzug und ein Schnellzug aus Athen auf dem Weg nach Thessaloniki frontal zusammengestoßen. Bilanz: 57 Tote und mehr als 200 zum Teil schwer verletzte Passagiere. Dass die angeblich hochmoderne Weichentechnik der teilprivatisierten Eisenbahngesellschaft Organismos Sidirodromon Ellados (OSE) nicht funktionierte und der Stationsvorsteher in Larissa seine Aufgabe an den Schaltstellen der wichtigsten Strecke des Landes erst wenige Monate zuvor und vermutlich ohne die erforderliche Ausbildung übernommen hatte, steht längst fest. Der verzweifelte Mann hatte sich schon am Tag nach der Katastrophe öffentlich erklärt. Die Frage allerdings nach den Verantwortlichen in der Regierung und in den Chefetagen der OSE blieb bisher unbeantwortet – die Herren in den weißen Westen drücken sich und zeigen auf das Personal. Am Freitag wurde ein weiterer Bahnmitarbeiter festgenommen. Dem Bahnhofsaufseher Dimitris N. werde »Störung der Verkehrssicherheit« vorgeworfen, erklärte ein Gerichtsvertreter.

Einen »eventuellen Betrug« nannte die Athener Tageszeitung Efimerida ton Syntakton (Efsyn) am Mittwoch die angeblich schwierige Suche des zuständigen Verkehrsministeriums nach verwertbaren Zeugenaussagen. Denn das Forschen nach den Schuldigen habe sich bisher vor allem »auf die Beschäftigten beschränkt«. Deren Arbeit allerdings, auch das sei inzwischen klar, war durch schwere Versäumnisse und eine »Kette (unklarer) Kompetenzen« beeinträchtigt. (…)

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