Griechenland gedenkt der im Holocaust ermordeten Juden von Thessaloniki

Von Tasos Kokkinidis, 20. März 2023 – Greek Reporter

Am Sonntag gedachte Griechenland der ersten Deportation griechischer Juden aus Thessaloniki in die Nazilager, in denen während des Holocausts Tausende ums Leben kamen.

Mit weißen Luftballons mit der Aufschrift „Nie wieder“ marschierten rund tausend Menschen aller Altersgruppen zum alten Bahnhof von Thessaloniki, wo die Deportationen im März 1943 begannen. Viele Menschen legten Blumen auf den Bahngleisen ab.

Die Deportationen wurden in Viehwaggons durchgeführt, in die jeweils etwa 80 Menschen gepfercht wurden, so die Verantwortlichen der Zeremonie.

Etwa 46.000 Juden aus Thessaloniki wurden zwischen März und August 1943 nach Auschwitz-Birkenau deportiert, sagte der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Thessaloniki, David Saltiel. Nur 1.950 kehrten zurück.

„Die Gemeinde verlor 97 Prozent ihrer Mitglieder, etwa 50.000 Menschen“, so Saltiel, der darauf hinwies, dass die Juden zu dieser Zeit ein Fünftel der Bevölkerung Thessalonikis ausmachten.

Praktisch alle Juden von Thessaloniki wurden im Holocaust ermordet

Registration of the Jews of Thessaloniki by the Nazis. Credit: Bundesarchiv, Bild 101I-168-0894-21A /CC BY-SA 3.0 de/ Wikipedia Commons

Vor den Deportationen war die jüdische Gemeinde in der Stadt, die hauptsächlich aus sephardischen Juden bestand, deren Vorfahren 1492 aus Spanien vertrieben worden waren, so aufgeblüht, dass sie den Spitznamen „Jerusalem des Balkans“ erhielt.

Doch dann kamen die Schrecken des Jahres 1943, als praktisch alle Juden der Stadt deportiert wurden. Zur Durchführung dieser Aktion entsandten die Nazibehörden zwei Spezialisten, Alois Brunner und Dieter Wisliceny, die am 6. Februar 1943 eintrafen. Sie wendeten sofort die Nürnberger Gesetze in ihrer ganzen Strenge an, indem sie das Tragen des gelben Abzeichens vorschrieben und die Bewegungsfreiheit der Juden drastisch einschränkten.

Der erste Konvoi brach am 15. März 1943 auf. Jeder Zug transportierte zwischen 1.000 und 4.000 Juden durch ganz Mitteleuropa, hauptsächlich zum Lager Auschwitz. Ein Konvoi fuhr auch nach Treblinka, und es ist möglich, dass eine Deportation nach Sobibor stattfand, da einige Juden aus Saloniki aus diesem Lager befreit wurden.

Die jüdische Bevölkerung von Thessaloniki war so groß, dass die Deportation erst nach mehreren Monaten, am 7. August, abgeschlossen werden konnte.

Zum Gedenken an die Opfer des Holocaust

Thessaloniki Jews were publicly humiliated by the Nazis. Credit: Bundesarchiv, Bild 101I-168-0895-03A, CC BY-SA 3.0 de, Wikipedia Commons

Die griechische Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou, der Vizepräsident der Europäischen Kommission Margaritis Schinas und der Bürgermeister von Thessaloniki, Konstantinos Zervas, nahmen an der Zeremonie teil.

„Mit diesem Gedenkmarsch ehren wir die Opfer von Nationalsozialismus, Faschismus und Antisemitismus und nehmen Anteil an der Trauer ihrer Nachkommen. Wir hören die aufschlussreichen Worte der wenigen Überlebenden und vereinen unsere Stimme mit den Tausenden von Bürgern, die den gleichen Weg vom Ghetto zum Bahnhof gehen und damit die universelle menschliche Botschaft ‚Nie wieder‘ in die Tat umsetzen“, sagte Sakellaropoulou.

Nach der Tragödie von Tempi (Anmerkung: Ort des Eisenbahnunglücks), die die gesamte griechische Gesellschaft erschütterte, „sind wir hier, um die Erinnerung an eines der schrecklichsten und schmerzlichsten Ereignisse des 20. Jahrhunderts wachzuhalten“, fügte sie hinzu und betonte die Notwendigkeit von Gedenkveranstaltungen, um die wahren Fakten über die Verhaftung, Vertreibung und Vernichtung Tausender griechischer Juden aufzuzeigen.

„Es ist bezeichnend, dass sich Thessaloniki insbesondere in den letzten Jahren zu seiner eigenen Verantwortung bekannt und die Fehler der Vergangenheit ausdrücklich verurteilt hat, um die historische Wunde zu heilen“, fügte sie hinzu.

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