Warten auf ein freies Leben

Wer vor der griechischen Küste Menschenleben rettet, muss mit Anklagen und Gefängnis rechnen. So wie Rettungstaucher Sean Binder.

Von Christian Jakob, 30.1.2023 – TAZ

TOPSHOT – Members of the non-profit organisation Emergency Response Centre International (ERCI) gesture from the shore to a boat carrying refugees and migrants as it arrives in Mytilene on the northern Greek island of Lesbos, after crossing the Aegean sea from Turkey, on February 22, 2016. / AFP / ARIS MESSINIS (Photo credit should read ARIS MESSINIS/AFP via Getty Images)

BERLIN taz | Sean Binder sitzt in seiner Londoner Wohnung am Küchentisch, das Licht scheint durchs Fenster auf sein Gesicht, eine schwarze Katze läuft immer wieder vor die Zoomkamera. „Was ich jetzt mache?“, fragt er. „Warten. Ich werde jetzt warten.“

Genau wie in den fünf Jahren zuvor: Warten auf Entlassung aus der Haft, warten auf die Anklage, warten auf einen Prozesstermin, auf die Verhandlung, das Urteil. Aus der Untersuchungshaft wurde Sean Binder 2018 entlassen, trotzdem kann er bis heute nicht frei über sein Leben bestimmen.

Es geht um ein Verfahren, das „Handlungen kriminalisiert, die Menschenleben retten“, so beschrieb es am 10. Januar Liz Throssell, die UN-Menschenrechtsbeauftragte. Da verhandelte ein Gericht auf der griechischen Ägäisinsel Lesbos zum ersten Mal gegen Binder und 23 weitere Angeklagte. Sie alle waren aktiv beim Emergency Response Centre (ERC), einer kleinen griechischen NGO, die es mittlerweile nicht mehr gibt.

Sie halfen Flüchtlingen, die mit Booten nach Lesbos kamen. Die Vorwürfe der griechischen Staatsanwaltschaft könnten die Ak­ti­vis­t:in­nen für Jahrzehnte ins Gefängnis bringen. (…)

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